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Struktur und Gestalt

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»Struktur«, ein in den letzten Jahrzehnten vielleicht allzu gängig gewordener Begriff, bedarf in unserem Zusammenhang einer genaueren Definition. Allgemein bezeichnet Struktur das Gefüge der Beziehungen, die zwischen den Elementen eines Ganzen bestehen. Sehen wir die Stadt als dieses Ganze an, so ergeben sich aus der Wahl der zu betrachtenden Teile verschiedene Arten von Struktur. Aus Personen, Familien, Haushalten formt sich die Sozialstruktur, aus Betrieben mit ihren unterschiedlichen Größen und Arbeitsbereichen die Wirtschaftsstruktur. Auch eine physische Struktur lässt sich erkennen, aus Landschaftselementen und Baubereichen bestimmter Prägung zusammengefügt. Betrachtet man diese Baubereiche genauer, so weisen auch sie – noch jenseits der architektonischen Ausformung – häufig spezifische Strukturen auf, so die geschlossene Blockrandbebauung älterer Wohngebiete, die lockere Gruppierung freistehender Einfamilienhäuser oder die Häufung einander bedrängender Bürohochhäuser wie in Manhattan. Hier allerdings haben wir es auch schon mit Gestaltkategorien zu tun; visuell erfassbare Struktur geht ohne feste Grenze in Gestalt über.

In der Regel enthält so eine sichtbare Struktur auch schon Aussagen oder zumindest Anhaltspunkte für die Gebäudenutzung und damit für eine Art von Struktur, die für die Stadtplanung von zentraler Bedeutung ist: die räumliche Verteilung der verschiedenen Bodennutzungsarten in der Stadt, also die Nutzungsstruktur. Sie hängt eng zusammen mit dem System der die einzelnen Nutzungsbereiche verbindenden Verkehrs- und Versorgungsnetze und deren Leistungsfähigkeit. Dabei spielen nicht nur die Standortverteilung der Nutzungen, sondern auch ihr Mischungsgrad, ihre »Körnung«, und die Intensität der Nutzung, also ihre Dichte je Flächeneinheit, eine erhebliche Rolle (vgl. Kap. 5, Stadtstrukturplanung).

Eine planerische Einflussnahme auf die Entwicklung der Nutzungsstruktur wird seit dem letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts erstrebt; um die Jahrhundertwende wurden die ersten diagrammatischen Modellvorstellungen entwickelt, die dann im zwanzigsten Jahrhundert zahlreiche Nachfolger fanden. Das Kernproblem lag und liegt darin, zwei Forderungen gleichzeitig gerecht zu werden, die kaum zu vereinen sind: Einerseits soll das Konzept aufnahmefähig für das Wachstum der Städte, also für die Inanspruchnahme neuer Bauflächen und für die Ausweitung von Verkehrs- und Versorgungssystemen sein, andererseits soll aber in jeder Phase das Gesamtgefüge ausgewogen und funktionsfähig sein.

Auch die Gestalt der Stadt wird von solchen Überlegungen beeinflusst, denn in den strukturellen Entscheidungen über Nutzung und Dichte sind in aller Regel gewisse Vorgaben für die Gestaltung insofern enthalten, als zumindest deren Spielraum eingeschränkt wird. Gewerbliche Nutzung oder eine hohe Wohndichte führten beispielsweise fast zwangsläufig zu relativ großen Baukörpern. Über die Gebäudestruktur werden also wichtige Daten für die Gestaltung der Stadt gesetzt. Diese hat der Stadtplaner nur zu einem Teil in der Hand: Mit der Verteilung und wechselseitigen Zuordnung der Baumassen kann er Raumeindrücke und Raumfolgen vorgeben, deren Ausprägung allerdings im Ergebnis maßgebend bestimmt wird durch die Hand des Architekten; er gibt den Gebäuden ihre endgültige Gestalt. Auch diese kann durch die Planung auf dem Wege über Rechtsvorschriften – Gestaltungssatzungen – beeinflusst werden, doch bringen solche Überlagerungen der Architektenaufgabe durch die Planung häufig erhebliche Probleme mit sich. Aber auch wenn die Stadtplanung auf solche ins Einzelne gehende Gestaltungsregeln verzichtet, bleibt ihr noch eine umfassende Verantwortung für die Stadtgestaltung erhalten, denn diese muss schon bei den strukturellen Entscheidungen berücksichtigt werden. Das gilt in besonderem Maße für Bereiche, in denen es um die Erhaltung und Sicherung von historisch geprägten Gestaltwerten geht (vgl. Kap. 5, Bewahrung und Bestandspflege). Hier begegnen sich Aufgaben der Bewahrung und der Veränderung auf besonders engem Raum, manchmal sogar in unvereinbarer Gegensätzlichkeit. Dies aber ist nur die spezifische Ausprägung eines allgemeinen Sachverhalts: Stadtstruktur und Stadtgestalt werden maßgeblich geprägt durch die relative Bedeutung, die den Kräften der Veränderung und den Werten der Bewahrung jeweils zuerkannt wird.

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