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Plan und Markt

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Die zentrale Aufgabe der Stadtplanung lässt sich dahin definieren, dass sie eine zweckmäßige räumliche Verteilung und wechselseitige Zuordnung für die unterschiedlichen Nutzungsbereiche in der Stadt finden und verwirklichen soll. Der Planung kommt also eine Verteilungsaufgabe zu, deren Ausführung sich auf politische Entscheidungen stützt. Solche Entscheidungen müssen offenbar an bestimmten Wertvorstellungen und Zielen für das Gemeinwesen orientiert sein. Sucht man derartige Ziele ganz allgemein zu umreißen, so liegen sie einerseits in der Sorge um Sicherheit, Gesundheit und angemessene Lebensbedingungen der Bewohner, andererseits in der Schaffung günstiger Verhältnisse für das Funktionieren der Stadt als Wirtschaftsgefüge – um nur die beiden augenfälligsten und wohl auch wichtigsten Aspekte zu nennen. Solchen Planungsentscheidungen nun steht ein anderer Verteilungsmechanismus gegenüber, der seit dem neunzehnten Jahrhundert eine beherrschende Rolle spielt: der Markt, das freie Spiel der wirtschaftlichen Kräfte, von dem man – in der volkswirtschaftlichen Fachsprache – eine »optimale Allokation der Ressourcen« erwartet, also die wirtschaftlich günstigste Verteilung von Gütern aller Art. Auch auf dem Gebiet der Bodennutzung scheint diesem Selbstregelungsmechanismus des Marktes ein hohes Maß an Rationalität innezuwohnen: Wer in der Lage ist, aus einem bestimmten Grundstück den höchsten Ertrag zu erwirtschaften, wird bereit sein, dafür den höchsten Preis zu bieten, um das Eigentums- oder zumindest das Nutzungsrecht zu erwerben.

»Der Boden geht zum besten Wirt«, heißt der entsprechende volkswirtschaftliche Lehrsatz. Solange man mit Adam Smith meinte, damit werde auch der allgemeine Wohlstand am besten gefördert, konnte dieses Prinzip uneingeschränkt gelten. So empfiehlt noch 1874 der Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine in seinen »Grundsätzen für Stadterweiterungen« (Stübben 1890, S. 553 f.), Nutzungsvorschriften auf die Aussonderung gefährdender Betriebe zu beschränken. Offenbar glaubte man, dass im Übrigen der Markt für eine sinnvolle Verteilung der Nutzungen sorgen werde.

Allerdings war schon damals klar, dass ein wichtiges Bedürfnis vom Markt nicht erfüllt werden kann: die Sicherung von Freiflächen innerhalb der sich ausdehnenden städtischen Bebauung, und so wurde hier zuerst das Eingreifen der öffentlichen Hand gefordert und verwirklicht. Hygienische Gründe führten dann zunächst zur Begrenzung der Grundstücksausnutzung, später zu Bestimmungen über die Nutzungsdifferenzierung.

Indessen wird der Bodenmarkt durch solche Bindungen nur überlagert, und nach wie vor gibt es zahlreiche Markteinflüsse – häufig spekulativer Art –, welche die planerische Ordnung erschweren oder gar vereiteln können. Von besonderer Bedeutung sind hier die Spekulationen auf Bodenwertsteigerungen, die sich auf erwartete, vielleicht auch durch bestimmte Kanäle beeinflusste Planungsmaßnahmen der Gemeinde richten. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass man immer wieder erwogen hat, solche Einflüsse dadurch auszuschalten, dass man entweder das Privateigentum am Grund und Boden ganz beseitigen oder zumindest dessen planungsbedingte Wertveränderungen neutralisieren wollte. Die Einzelheiten solcher Vorschläge werden an anderer Stelle erörtert (vgl. Kap. 4, Aufgaben des Planungsrechts); hier mag zunächst der Hinweis darauf genügen, dass Initiativen, die auf das Bodenthema bezogene, einschränkende Veränderungen an der verfassungsrechtlich gesicherten Eigentumsgarantie (Art. 14 GG), die über die ja ebenfalls im Grundgesetz verankerte allgemeine Sozialbindung des Eigentums (Art. 15 GG) hinausgehen wollten, schnell überaus grundsätzliche gesellschaftspolitische Kontroversen ausgelöst haben. Sie konnten zumindest bisher nicht zu den für entsprechend neue gesetzliche Regelungen erforderlichen parlamentarischen Mehrheitsmeinungen geführt werden; dennoch rechtfertigt diese Erkenntnis nicht, auf alle Bemühungen um eine bessere Abstimmung von Markt und Plan zu verzichten. Dies gilt in besonderer Weise für Bemühungen zur Realisierung sozialgerechten, preisgünstigen Wohnungsbaus an planerisch sinnvollen Standorten und allgemein für eine Vielzahl von Planungen und Projekten nachhaltiger Stadtentwicklung, die von der Verfügbarkeit lagegerechter Grundstücke abhängig sind. Auch angesichts der immer dringenderen Notwendigkeit, die Inanspruchnahme neuen Baulandes zu begrenzen, ist die Bevorzugung der zufällig davon begünstigten Grundeigentümer nicht nur unter dem Blickwinkel der sozialen Gerechtigkeit unvertretbar, sondern sie führt auch infolge der hier in die Politik durchschlagenden Interessen häufig zu Verzerrungen der sachlich richtigen Entscheidung.

Eine weitergehende Erörterung dieses sehr komplexen Problems würde den Rahmen einer Einführung sprengen. Indessen ist festzuhalten, dass der Markt bei allen seinen Vorzügen einerseits »sozial blind« und andererseits für langfristige Dispositionen unempfindlich ist – zwei Eigenschaften, die im Hinblick auf die Sicherung einer bewohnbaren Umwelt dringend der Kompensation bedürfen. Für die künftige Entwicklung wird es von großer Bedeutung sein, ob es gelingt, diese Schwächen im System der Marktwirtschaft durch sinnvolle Planung auszugleichen, deren Realisierung allerdings wiederum von angemesseneren Möglichkeiten der öffentlichen Hand abhängig sein dürfte, über die jeweils notwendigen Grundstücke verfügen zu können.


Abb. 1.7: Die Struktur einer Stadt ergibt sich aus dem Gefüge unterschiedlicher Bebauungen, der Art und dem Maß ihrer Nutzung. Sie wird dominiert von zentralen Gebäuden, gegliedert vorrangig durch die Flächen und Linien des Verkehrs und begrenzt durch die Einbettung in die umgebende Landschaft. Quelle: Stadt Ulm (ca. 1995)

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