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Frühe Migration mit Booten

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Die Entdeckung von Calvert Island warf erneut die Frage auf, auf welchen Routen die Völker wanderten, die nach der Eiszeit von Sibirien aus nach Nordamerika kamen. Jahrtausendelang hatten Menschen der paläoarktischen Kultur Sibiriens in einem Gebiet gelebt, das als Beringia bezeichnet wird, das Gebiet der heutigen Beringstraße zwischen Alaska und Sibirien. Vermutlich hatte vor 40 000 bis 35 000 Jahren der Prozess begonnen, der zur Bildung von Beringia führte. Der Meeresspiegel sank, Land trat hervor, und zwischen 28 000 und 10 000 vor unserer Zeitrechnung existierte wahrscheinlich eine komplette Landverbindung zwischen Asien und Nordamerika. Es gibt, wie mir ein Wissenschaftler am Naturkundemuseum in Ottawa erklärte, »solide archäologische Beweise, die auf den Zeitraum vor 14 000 Jahren«, also etwa 12 000 v. Chr., für die Besiedlung der Küste Alaskas hindeuten.

Wie die Wanderungen nach Süden erfolgten, ist Gegenstand spannender Forschungen. Vermutlich versperrten bis 13 000 vor unserer Zeitrechnung Gletscher den Weg nach Süden. Erst als diese sich zurückzogen, konnten Menschen zu Fuß über eine Route östlich der Rocky Mountains durch einen eisfreien Korridor entlang der Flüsse Mackenzie und Yukon nach Süden ziehen. Vielleicht aber fuhren Menschen sehr früh mit Booten entlang der Küste nach Süden. Nicht nur die Entdeckungen auf Calvert Island deuten auf diese alternative Route hin. Archäologische Funde in Cooper’s Ferry im US-Bundesstaat Idaho wurden auf ein Alter von rund 16 000 Jahren datiert.13 Da es damals vermutlich keinen gangbaren Weg durch Kanada gab, sondern erst vor 14 800 Jahren ein eisfreier Korridor entstand, weisen die Funde von Cooper’s Ferry darauf hin, dass die ersten Menschen tatsächlich die Küste entlangkamen, wahrscheinlich mit Booten. Dies gebe der Hypothese, dass die ursprüngliche menschliche Migration in die Amerikas der pazifischen Küstenroute folgte und nicht einer Route durch einen sich öffnenden Korridor im Inland, zusätzliches Gewicht, meint Loren Davis, Professor für Anthropologie an der Oregon State University und leitender Autor der Studie. Die ersten Einwanderer folgten dem sogenannten »kelp highway«, einem Weg an der Küste, an dem sie viel Seetang (»kelp«) fanden, der wegen seines Reichtums an Nährstoffen ein idealer Lebensraum für viele Fischarten ist.14

Lange Zeit galten die Clovis- und Folsom-Kulturen als die ersten archaischen, paläoindianischen Kulturen in Nordamerika. Benannt sind sie nach zwei Orten im US-Bundesstaat New Mexico, wo Anfang des 20. Jahrhunderts Knochen einer ausgestorbenen Bisonart und eines Mammuts sowie von Menschen gemachte Artefakte gefunden wurden. Diese Kulturen existierten zwischen 9500 und 8000 vor unserer Zeitrechnung, wobei die wissenschaftliche Forschung nicht einheitlich ist. Clovis ist vermutlich einige Jahrhunderte älter als Folsom. Seit den späten 1990er Jahren wird gemutmaßt, dass es auch Prä-Clovis-Kulturen gibt und Menschen bereits vor 13 000 Jahren in Nord- und Südamerika ankamen. Monte Verde in Chile gilt als der älteste nachgewiesene menschliche Siedlungsort in den Amerikas. Er geht zurück auf die Zeit um 10 500 v. Chr. Aber die Zeitspannen für die früheste Besiedlung sind weiterhin groß. Die »Royal Commission on Aboriginal Peoples«, die 1996 ihren Bericht über die Lage der indigenen Völker in Kanada veröffentlichte, spricht selbst von Schätzungen, die bis zu 40 000 Jahre zurückgehen. Dann geht sie in ihrer Darstellung der Besiedlungshistorie aber von einem Zeitpunkt vor etwa 11 000 Jahren aus, zu dem Menschen die Amerikas bewohnten. Auch in dem populären Standardwerk Die Welt der Indianer von 1994 wird unter Vorbehalt von einer frühesten Besiedlung vor 40 000 Jahren und vagen Hinweisen auf eine Prä-Clovis-Besiedlung gesprochen. Die Autoren räumen aber ein, dass »nirgendwo unumstrittene Beweise für die Existenz von Prä-Clovis-Kulturen zutage gefördert werden« konnten.15

Indigene Völker in Kanada

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