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Die ersten Verträge

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In der anfänglichen Phase »vorsichtiger Kooperation« wurden die Beziehungen teilweise durch Verträge geregelt, in denen die indigenen Völker als Partner und Nationen anerkannt wurden. Es war eine Phase, für die eine heute so wichtige Formel gilt: »Nation-to-Nation Relations«, Beziehungen von Nation zu Nation. Verträge wie der berühmte zweireihige Wampum, ein Gürtel, der einen Vertrag von 1613 zwischen den Haudenosaunee, den »Völkern des Langhauses«, und den Holländern darstellt, waren Erklärungen »des Friedens, der Freundschaft, des Teilens und der Allianz, nicht der Unterwerfung oder Kapitulation«.7 Die beiden violettfarbenen, parallel laufenden Perlenreihen des Wampums symbolisieren das respektvolle Nebeneinander. »In einer Reihe ist ein Schiff mit dem Weg unserer Weißen Brüder, in der anderen ein Kanu mit unserem Weg«, wie die Onondaga-Nation erklärt, eine der Nationen der Haudenosaunee-Föderation: Die Schiffe fahren Seite an Seite den Fluss des Lebens hinab, und keiner versucht, das Schiff des anderen zu steuern. Die Holländer legten diesen Vertrag auch schriftlich fest und versahen ihn mit einer Silberkette, weshalb das Abkommen auch als »Silver Covenant Chain of Friendship« bezeichnet wird.

Die britischen Kolonien schlossen ab 1701 Verträge mit den indigenen Bewohnern als Basis für ökonomische und militärische Beziehungen. Diese Verträge zwischen der »Krone«, also der britischen und später kanadischen Regierungen der verschiedensten Ebenen, schrieben die Rechte der Ureinwohner und der europäischen Neuankömmlinge fest. Für die Briten ging es zunächst darum, sich in der Auseinandersetzung mit den Franzosen die Unterstützung indianischer Völker zu sichern. Aber auch die Franzosen schlossen Vereinbarungen mit den ihnen zugeneigten Völkern. Als »historic treaties« (historische Verträge) werden die Verträge bezeichnet, die zwischen 1701 und 1923 zwischen indianischen Völkern und der Krone geschlossen wurden. Die kanadische Regierung erkennt 70 historische Verträge an, von denen lediglich 13 nach Gründung des Staates Kanada 1867 geschlossen wurden, darunter die elf »numbered treaties« (nummerierte Verträge), die den Großteil der kanadischen Prärieprovinzen abdecken. Die meisten historischen Verträge stammen aus der britischen Kolonialzeit. Waren die Verträge zunächst vorrangig »Treaties of Peace and Neutrality« (Verträge für Frieden und Neutralität) und »Peace and Friendship Treaties« (Verträge für Frieden und Freundschaft), so ging es in Folge zunehmend um das Abtreten von Land.

Verträge zu schließen, hatte eine lange Tradition bei den indigenen Völkern. Sie reicht zurück in die Zeit, bevor die Europäer Nordamerika erreichten, und diente dazu, den Handel zwischen ihnen zu regulieren, die Nutzung von Land und Resourcen zu teilen und Verteidigungsbündisse zu schließen. Durch das gemeinsame Rauchen von Pfeifen wurden diese Verträge besiegelt. Daher werden sie im deutschen Sprachraum gerne als »Friedenspfeifen« bezeichnet. Das Rauchen der Pfeife und andere Zeremonien verliehen diesen Verträgen die Qualität eines Schwurs. »Unsere Verträge sind Pakte mit Gott, dem Schöpfer und der ganzen Schöpfung. Daher können diese Pakte von Menschen nicht gebrochen werden. Was wir durch eine Zeremonie geschlossen haben, kann nicht gebrochen werden«, sagt heute National Chief Perry Bellegarde.8 Dies unterstreicht, warum Verträge, wann immer sie geschlossen wurden, so wichtig für die First Nations sind.

Für die Europäer in den jungen Kolonien waren die Verträge ein Instrument, das ihr Überleben sicherte. Nordamerika, vor allem das heutige Kanada, war ein gewaltig großes Land mit wenigen Siedlern, deren Niederlassungen von indianischen Dörfern umgeben waren. Die Verträge sicherten die Existenz der Siedlergemeinden und Kolonien. Zudem war Kanada vor allem wegen seines Reichtums an Pelztieren für die europäischen Mächte interessant. Sie kämpften um Einflusszonen und benötigten die Hilfe der indianischen Völker. Verträge dienten somit dem Frieden und dem Teilen der Reichtümer, die das Land bot.

Aber die Einstellung zu Verträgen offenbart bereits die kulturellen Unterschiede und divergierenden Erwartungen. Zwar waren die Verträge Vereinbarungen von »Nation zu Nation«, zugleich aber erwarteten die Europäer, vor allem die Briten, dass damit die Autorität des britischen Monarchen anerkannt wird. Ferner gingen sie davon aus, dass damit indianisches Land der Kontrolle der Kolonialmacht unterworfen wird. Dass Land übereignet wird und irgendjemandem ausschließlich gehört, war der indianischen Kultur aber fremd. Die First Nations mussten auch feststellen, dass die schriftlichen Aufzeichnungen der Verträge nicht immer dem entsprachen, was in den mündlichen Verhandlungen ihrer Ansicht nach vereinbart worden war. Der Keim für Misstrauen, Enttäuschung und Täuschung war gelegt.

Indigene Völker in Kanada

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