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2.1.10 Ein gutes Gedächtnis

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Was will man wissen, wenn man sich um Bildung kümmert? Will man die Geschichte, wie sich rationales Denken seit der Antike entwickelt hat – so lautet ein angebotenes Universitätsprogramm –, detailliert kennen oder bringt es mehr, zu erfahren, wie rationales und irrationales Denken funktionieren oder nicht so gut sind, wenn sie funktionieren. Dem Lernen kommt es entgegen, wenn problematisiert wird, nicht, wenn der Stoff – auch auf der systematisierenden Zeitachse – paradieren darf. Wenn etwas im Gedächtnis hängen bleibt, dann sowieso die Problemdiskussion, nicht hingegen schwach oder gar nicht erkennbar miteinander verknüpfte Fakten. Die Lernforschung sagt, dass unser Gedächtnis nicht gern mit additiven Verfahren arbeitet. Da dieses aber in jeder Ausbildungssituation verstärkt gebraucht wird, lohnt es sich zu wissen, dass es nicht statisch und isolierend funktioniert, es sei denn eidetisch, abbildend. So hängt Lernen von unseren Stimmungen ab, bei Stress vermindert sich seine Leistung. Wahrnehmung und Konzentrationsfähigkeit, schließlich die Intelligenz selbst üben ihren Einfluss aus. Wahrnehmung passiert da, wo die Welt, die außen ist, auf unseren Verstand, der Teil unserer inneren Welt ist, trifft. Innere Wahrnehmung ist dann der Blick nach innen, nicht etwa der eines Homunculus (kleiner Mensch), der dem inneren Theater zuschaut, sondern die Wahrnehmung ereignet sich. Auch wenn es erst spät entdeckt wurde, das Gehirn ist in hohem Masse auch substantiell noch nach der Geburt plastisch manipulierbar. Allein die Wahrnehmung, die realistisch die Welt zu vermitteln scheint, unterliegt unter Umständen gravierenden Einflüssen. Der Jurist berücksichtigt das besonders, der Mediziner bei der Selbstwahrnehmung von Patienten, der Lehrer bei der Begründung seiner Urteile.

Es gibt Möglichkeiten, das Gehirn gegen Störfaktoren zu trainieren, sogar bis in das hohe Alter. Was wir unbewusst und fast immer tun, Gedankliches mit Bildern abzuspeichern, kann man zu einem systematischen Verfahren ausbauen. Man kann sich auch die Funktionsweise der Assoziationen näher anschauen und ihre Vorteile benutzen. Wann wirken sie am "natürlichsten": Bei Ähnlichkeit (Kreis und Ellipse, Dole und Krähe), bei einem Kontrast (Linkspartei und Rechtspartei), bei Kontiguität (wenn sich zwei Inhalte in Raum oder Zeit "berühren", Ende des 15. Jahrhundert wird Amerika entdeckt, ebenso der Buchdruck erfunden, eine spanische Grammatik veröffentlicht (1492), beim vorher-nachher-Verhältnis, sei es Kausalität, sei es Korrelation (Gentlemen um 1900 in London leben länger, nicht weil sondern wenn sie eine goldene Uhr tragen, so Bernhard Shaw sarkastisch, gest. 1950). Schwieriger scheint es zu sein, Gedächtnisinhalte, die nicht mehr erwünscht sind, wieder loszuwerden. Aktiv vergessen, wie soll das gehen, wenn man nicht auf den Wein und seine Derivate zurückgreifen will. Anscheinend können Kinder leicht vergessen, wenn man ihnen dazu eine Anweisung gibt, "du kannst das vergessen". Vielleicht kann man von ihnen lernen. Medizin gegen Traumata, auch Prüfungstraumata, der Prüfer als Krokodil, auch wenn es ein liebes Männelein ist, sind schwer wieder loszuwerden.

Allgemeinbildung in der Akademischen Welt

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