Читать книгу Allgemeinbildung in der Akademischen Welt - Gerd Breitenbürger - Страница 37
3.1.7 Ernst des Studiums – wo bleibt die Heiterkeit
ОглавлениеDie Ernsthaftigkeit der gesamten Veranstaltung, genannt akademisches Studium, ist die Antwort auf die Zweckrationalität, die an der Universität den höchsten Stellenwert haben soll. Aber jede Ernsthaftigkeit muss es sich gefallen lassen, dass man versucht, sie mit Witz und Ironie auf die Schippe zu nehmen. Was sie mit der Attitüde des Besserwissens und der Bedeutsamkeit behauptet, wird phantasievoll zurückgenommen in eine ursprüngliche Freiheit des Denkens, wenn die nicht zu kurz kommen will. Davon profitiert auch ein akademischer Stil, der sich vom verstaubten Image fernhält und den es ja mal durchaus gegeben hat.
"Rational" ist eine Kategorie, die eingeht in eine Vielzahl von Bezügen, die kein Kuddelmuddel vertragen. Sie ist das genaue Gegenteil von saftig, nämlich bar jeder Emotion. Da liegt ein Aspekt, der unangenehm ist, die Gnadenlosigkeit einer Exekution macht sich da bemerkbar. Und trotzdem wird sie stets eingefordert. Wenn es um Effizienz geht, sagt man ihr nach, unübertroffen zu sein. Was nicht stimmt. Rational ist es, in Null Komma Nichts das Studium zu absolvieren. Effizient muss das nicht sein, frei, ohne jede Berechnung erlebte Zeit kann Impulse geben, die das Leben tatsächlich nachhaltiger beeinflussen als eine 1,3 in Statistik und die verinnerlichten Geheimnisse der Normalverteilung.
Ein Muskel schmerzt und verliert an Kraft, der ständig angespannt ist. Daher gab es tatsächlich das, was in uralter Zeit ein akademischer "Iocus" genannt wurde, nämlich Formen, um sich von der eigenen Wichtigtuerei zu entlasten. Offensichtlich heute ein Desiderat, noch greifbar auf dem netten Niveau der "Feuerzangenbowle" mit Heinz Rühmann. Als Rarität sei der Humorist Vico von Bülow genannt, der die harmlose Steinlaus erfand. Es ist ihm gelungen, sie in den Pschyrembel einzuschleusen, in das medizinische Fachlexikon, mit sympathischer Zeichnung. Er fand Gönner, die von seiner Steinlaus angetan waren. Niemand schien aufzufallen, dass Läuse keine Steine anknabbern können. Über sie freuten sich die wenigen eingeweihten Spitzbuben im grauen Haar, und darüber, dass der Scherz gelang. Der akademische Scherz kann, wenn er eingefädelt ist, schon mit einer gewissen Raffinesse überzeugen. Aber die Harmlosigkeit und mangelnde Zielgenauigkeit lassen ihn als Abkömmling einer längst vergangenen Zeit erscheinen, in dem mit Karzer-Aufenthalt der Übermut bezahlt wurde.