Читать книгу Moorhammers Fest - Günter Neuwirth - Страница 15
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ОглавлениеGottfried hatte abends nur eine kleine Kostprobe genommen. Der Birnenbrand war von erlesener Qualität. Er wusste, wenn er denn eines Tages seines Leben überdrüssig sein sollte und ebenjenes in die Versenkung tauchen lassen wollte, so würde Schnaps dieser Güte einen sinnvollen Weg ergeben, aber gestern hatte er wirklich nur gekostet, sich an der Wärme des Getränks erfreut und dann den Korken zum richtigen Zeitpunkt wieder in den Flaschenhals gestöpselt. So war er nach erholsamem Schlaf erwacht und nach dem Frühstück voller Tatkraft in den Tag gestartet. Gottfried bestückte eben die Bar mit den von Kathi gekauften Flaschen, als er ein auf den Hof fahrendes Auto hörte. Er lugte durch das Fenster.
Barbara packte einen Einkaufskorb, warf hinter sich die Autotür zu und stapfte in das Haus.
„Ah, Gottfried, du bist schon wach!“
„Natürlich. Es ist acht Uhr. Die vereinbarte Zeit.“ Barbara Satzberger warf ihre Augenbrauen in Wellen. Sich mit Gottfried etwas auszumachen war immer auch ein Glücksspiel. Vergaß er die Abmachung oder vergaß er die Abmachung nicht, das war die permanente Frage. Er hatte ihr schon vor ein paar Jahren sämtliche Schlüssel zu seinem Haus gegeben, in all der Zeit hatte sie ihre Arbeit als Haushälterin vorbildlich erledigt. Hier würden blankes Chaos und heillose Destruktion herrschen, wenn Barbara nicht mit tüchtiger Hand Ordnung hielte. Sie erhielt dafür auch ein respektables Gehalt, und zwar so respektabel, dass sie keiner anderen Tätigkeit nachzugehen brauchte. Und manchmal kommunizierten Gottfried und Barbara so, als ob sie ein altes Ehepaar wären, ein bisschen zänkisch, ein bisschen misstrauisch, aber von einer untrüglichen Gemeinsamkeit und Vertrautheit im Alltag erfüllt. Das waren Barbaras schönste Momente, die ihr auch über die manchmal monatelangen Reisen von Gottfried hinweghalfen. Immer dann, wenn sie an langen Winterabenden allein in seinem Haus saß und Tee trank, weil Gottfried von Stadt zu Stadt, von Ausstellung zu Ausstellung zog und hier kaum Hausarbeit anfiel, pendelte sie zwischen Trübsinn über ihre Einsamkeit und Vorfreude auf den Moment, wenn er wieder heimkehrte und sein Haus und ihr Leben mit Lachen, Schimpfen und manchmal auch Küssen erfüllte.
„Hast du das Brot gekauft?“
Gottfried schaute in den Einkaufskorb.
„Ja.“
Zu zweit traten sie in die Küche. Gottfried entnahm dem Korb große, dunkle, nach der Backstube duftende Brotlaibe. Er lächelte breit.
„Wunderbar! Das beste Brot der Welt. Ich kriege gleich Hunger.“
„Hast du beim Fleischer alles gekriegt?“
Barbara und Gottfried hatten gemeinsam das Fest geplant, er hatte seine Ideen und Vorstellungen skizziert und sie hatte die Einkaufszettel geschrieben. Es sollte ein Fest ganz nach dem Geschmack des Hausherrn sein, kein artifizielles Stelldichein der Reichen und Schönen mit Kaviar, Sushi und Prosecco, sondern ein uriges Fest mit Schmalzbrot, Blutwurst und Obstbrand. Gottfried öffnete den Kühlschrank, der bis an den Rand gefüllt war.
„Schaust du, ob alles da ist?“
Barbara inspizierte methodisch die Fleisch- und Wurstvorräte im Kühlschrank. Gottfried trat ein paar Schritte zurück und musterte sie von hinten. Nach den Maßstäben der internationalen Katalogschönheit, wie sie von gut bezahlten Mannequins in den Modezeitschriften propagiert wurden, war Barbara Satzberger eine unauffällige Frau. Man sah ihr die siebenunddreißig Lebensjahre an, sie war ein bisschen mollig, hausbacken frisiert, aber Gottfried hatte an ihr immer eine höchst anziehende Aura der Weiblichkeit wahrgenommen. Er umfasste sie von hinten, drückte sie an sich und wühlte seine Nasenspitze in ihr Haar.
„Gottfried! Was machst du jetzt schon wieder?“
„Nun, ich meine, es ist klar, was ich mache.“
„Was wird denn deine Flamme dazu sagen?“, erhob Barbara sehr verhalten Protest gegen die Zudringlichkeit.
„Adna ist nicht da.“
Barbara genoss seufzend seine Liebkosungen.
„Ach, Gottfried, du bist einfach unmöglich. Wir haben noch so viel zu erledigen.“
Er drehte sie um und schaute ihr tief in die Augen.
„Das haben wir, meine Liebe, genau das haben wir.“