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„Schon eine geile Aussicht.“

„Ist okay.“

Jasmina schloss die Augen und hob ihr Gesicht gegen den lebhaften Wind der Sonne zu. Sie konnte nicht von sich behaupten, eine Sportskanone zu sein, Schifahren hatte ihr im Gegensatz zu so vielen ihrer Klassenkolleginnen kaum Spaß gemacht und einen urtümlichen Drang, Gipfelsiege zu erringen, hatte sie nie in sich gespürt, aber hier und jetzt auf der Aussichtsplattform genoss sie die Höhenluft. Sie waren mit dem Lift auf die Hutterer Böden zur Zwischenstation, dann noch weiter auf den Hutterer Höss hochgefahren und hatten den kleinen Aufstieg zur Aussichtswarte genommen. Auf der einen Seite thronte das Warscheneck-Massiv, auf der anderen blickten sie auf die Gipfel des Toten Gebirges und in der Ferne war der Dachstein zu erkennen. Jasmina griff in ihren Rucksack und zog die Wasserflasche heraus.

„Willst du auch trinken?“

Ihr Freund Clemens machte ein saures Gesicht und nahm einen schnellen Schluck.

„Können wir jetzt wieder runter?“

„Höhenangst?“

„Ich bin ein Großstadtpoet. Berge gehen mir konsequent auf den Geist.“

„Wir hätten nicht hier heraufkommen müssen.“

„Scheiß drauf, jetzt sind wir schon da, haben diesen Turm bestiegen, aber das reicht mir dann auch schon wieder.“

Seine Bewegungen waren fahrig, seine Miene wirkte gehetzt, ganz klar, Clemens war kein Mann der Berge. Außerdem hatte er heute noch keine Tablette eingeworfen.

„Hast du das Zeug dabei?“, fragte Jasmina flüsternd.

Er nickte mit verkniffenen Augen.

„Dann gib mir eine.“

Clemens stieg von einem Bein auf das andere und wartete, bis die anderen Bergtouristen die Plattform verlassen hatten. Er langte in die Innentasche seiner Jacke und zog ein kleines Kunststoffsäckchen heraus. Verstohlen reichte er Jasmina eine Tablette. Die beiden jungen Leute warfen je eine Tablette ein und spülten sie mit Wasser runter.

„Glaubst du, dass deine Mutter etwas spitzkriegen wird?“

Jasmina wiegte den Kopf.

„Sie beobachtet uns genau.“

„Sie ist verdammt clever. Wir müssen vorsichtig sein.“

Für eine Weile lag Schweigen zwischen ihnen. Jasmina fühlte die sich ausbreitende Wirkung der Tablette. Amphetamine sind der Motor der urbanen Gegenwartspoesie, das war Clemens’ kreatives Credo, und er war richtig gut, Jasmina stand auf ihn und seine wilden Gedichte. Sie hatte ihn überredet, sie hierher zu begleiten, denn ihr Vater liebte wilde, kreative, chaotische Kunst und er würde bestimmt von Clemens’ Gedichten begeistert sein. Und er kannte alle und jeden in der Kulturszene. Mit einer Empfehlung von Gottfried Moorhammer würde es ein Leichtes sein, einen Verlag zu finden. Und vielleicht würde ihr Vater ihr ja auch Geld zur bestandenen Matura geben. Geld konnte sie gut gebrauchen. Das waren Jasminas Überlegungen gewesen, deshalb hatte sie die Einladung zum Geburtstagsfest angenommen. Sie hoffte nur, dass Clemens nicht wieder einen Fehler machen würde. Aber sie war guter Dinge, in letzter Zeit hatte er richtiggehend professionell gehandelt.

Clemens schüttelte seine Nervosität ab, wie ein Hund das Wasser nach einem Bad im Teich.

„Hast recht, Jasmina, geile Aussicht.“

Er zeigte zur schroff abfallenden Felswand der Spitzmauer. „Wenn ich den Freitod suche, möchte ich von diesem Berg springen. Tausend Meter freier Fall in die Felswand. Klatsch! Montane Unsterblichkeit im kosmischen Hirngespinst. Total geil!“ Jasmina lachte schrill.

Moorhammers Fest

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