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Die vier »Bereiche«, auf die Leppin sich konzentriert, »Individualisierung des Glaubens«, »universaler Geltungsanspruch«, »Zwang zum Reflexivwerden« und »Prozeduralität«, sind in der Tat wichtige Erbschaften des Christentums an die antike und über sie an die spätere Welt, mögen hier und da auch Anknüpfungspunkte im hellenistischen Judentum oder in der paganen Kaiserzeit festzustellen sein. Doch bildeten sie sich quer durch das gesamte Euromediterranneum heraus, nicht allein, ja nicht einmal primär im lateinischsprachigen Raum. Dass mit dem Christentum eine Religion in die antike Welt trat, für die jedenfalls in ihrer missionarischen Phase vorrangig die persönliche Entscheidung ausschlaggebend war und die exklusive Zugehörigkeit forderte und alle anderen Lebenskontexte relativierte, wenn nicht abschnitt, galt für die Christen in Ägypten und Griechenland nicht weniger als für die Roms und des lateinischen Nordafrikas. Ja, in der nächsten Phase, in der der quantitative Erfolg des Christentums die Zugehörigkeit zu ihm immer weniger als Sache entschlossener Einzelner erscheinen ließ, war es der Osten, der mit dem Mönchtum die Möglichkeit solcher »Individualisierung« nun innerhalb einer christlich werdenden Gesamtgesellschaft entwarf.

Ebenso steht es mit den anderen drei von Leppin genannten Punkten. Die Überzeugung, dass die christliche Verkündigung universal gelte, die Wahrheit für alle Menschen biete, vertrat man im Osten des Euromediterraneums nicht weniger als im lateinischen Westen. Und niemand brachte sie in vorkonstantinischer Zeit so eindrücklich zur Geltung wie der Alexandriner Origenes. Origenes wäre in jener Teilepoche auch das glänzendste Beispiel für die »Reflexivität« des Christentums, die im Übrigen in dem aus dem Judentum des östlichen Euromediterraneums kommenden Apostel Paulus ihre maßstabsetzende Urgestalt hatte. Hebt man auf das Credo als die Form ab, in der die Glaubensreflexivität auf Gemeindeebene begegnete, so ist sie ebenfalls im gesamten Euromediterraneum zu finden, auch wenn es sprachlich-liturgische Unterschiede gab. Schließlich die »Verfahrensförmigkeit« der Verleihung von Ämtern, insbesondere des Amtes des episcopus. Solche Verfahrensförmigkeit entwickelte sich, bei Variationen im Einzelnen, fast überall, wo sich der monarchische Episkopat herausbildete, in Ost und West. Zu Abweichungen kam es nur punktuell im Raum der orientalischen Nationalkirchen, nämlich zugunsten klerikaldynastischer Abfolge.

Christentum und Europa

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