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Sie gehörte zur DNA dieses Raumes. Zu der der östlichen und südöstlichen Länder Europas, die von Byzanz her geprägt waren und, zu einem Großteil jahrhundertelang unter andersreligiöser Herrschaft lebend, im unbedingten, »stillestehenden«4 Festhalten an der byzantinischen Tradition die Garantie für das Überleben ihrer Identität sahen, gehörte sie nicht. Ebenso wenig dazu gehörten andere lateineuropäische Errungenschaften wie das mittelalterliche Universitätswesen mit seiner Wissenschaftskultur und dann die neuen Herausforderungen durch die Reformation. Für die balkanorthodoxen Kirchen mit der bedingten Ausnahme der rumänischen ist die Abgrenzung vom europäischen Westen Teil ihrer Selbstdefinition. In dem größten und von Fremdherrschaft freien orthodoxen Land, dem russischen Zarenreich, gab es seit Peter dem Großen Ansätze, als fortschrittlich betrachtete westmitteleuropäische Errungenschaften, nicht zuletzt im Erziehungswesen, zu übernehmen. Russische Theologie und Philosophie des 19. Jahrhunderts standen in lebendiger Diskussion »auf Augenhöhe« mit denen des römisch-katholischen und protestantischen Westens. Ob sich daraus langfristig eine wechselseitige Befruchtung und Annäherung von Westmittel- und Osteuropa ergeben hätte, ist eine spekulative Frage. Revolution und sowjetische Herrschaft merzten all jene Ansätze aus und ließen auch die russisch-orthodoxe Kirche ihr Heil ganz im Rückzug auf die explizit im Gegensatz zum »Westen« definierte traditionelle Identität finden, im Grunde bis zum heutigen Tag. Ähnlich stand es mit den balkanorthodoxen Ländern, die nach 1945 Teil des Ostblocks wurden, mit der schon genannten Ausnahme Rumäniens, das aufgrund jahrhundertelanger, den osmanischen Herren gleichgültiger Koexistenz orthodoxer, protestantischer und römisch-katholischer Kirchen eine lange Tradition multikonfessionellen Nebeneinanders besitzt – freilich ohne Auswirkungen auf die gesamteuropäische Kultur; dazu ist das Land wohl zu klein und ist es heute zu sehr mit den Folgen der kommunistischen Herrschaft beschäftigt. Zu klein ist wohl auch Griechenland, das als einziges orthodoxes Land keine längerfristige kommunistische Diktatur und kirchenfeindliche Unterdrückung erlebte und seine kirchlichen und akademischen Institutionen seit der Unabhängigkeit unversehrt erhielt – eine fühlbare Rolle als europäischer Partner im Austausch von religionskulturellen Erbschaften und Disput über sie spielt das Wurzelland Europas, in dem die orthodoxe Kirche Staatskirche ist, nicht.

Christentum und Europa

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