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5.5.3.1 Bildung

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Als indirekt wirksamer und dem eigenen Verhalten zugänglicher Einflussfaktor wird in der Literatur vor allem der Bildungsgrad diskutiert (Schröder und Pantel 2011). In zahlreichen epidemiologischen Studien konnte bislang eine Korrelation zwischen höherem Bildungsniveau und geringerem Demenzrisiko festgestellt werden (u. a. Anttila et al. 2002; Lindsay et al. 2002; Ngandu et al. 2007; Sattler et al. 2012). In den entsprechenden Studien fallen sowohl das Inzidenz- als auch das Prävalenzrisiko der Alzheimer-Demenz für Personen mit höherer Bildung signifikant geringer aus (Review: Fratiglioni und Wang 2007).

Im Rahmen der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE) wurden Probanden einer repräsentativen Geburtskohorte (*1930–1932) über einen zwölfjährigen Studienzeitraum zu drei Messzeitpunkten hinsichtlich ihrer Altersentwicklung miteinander verglichen (t1: 1993–1996, t2: 1997–2000, t3: 2005–2008; für eine ausführliche Darstellung der Studie s. Sattler et al. 2015). Probanden mit hohem Bildungsgrad (< 15 Bildungsjahre) wiesen hierbei gegenüber Personen mit niedrigem Bildungsgrad (> 10 Bildungsjahre) ein um 88 % reduziertes Risiko auf, im Studienverlauf an einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (LKB, Kap. 14) bzw. Alzheimer-Demenz (AD) zu erkranken. Darüber hinaus konnte auch gegenüber Personen mit einem mittleren Bildungsgrad (10–15 Bildungsjahre) ein um 79 % geringeres LKB-/AD-Risiko festgestellt werden (Sattler 2012).

Diese und weitere Studienergebnisse sprechen dafür, dass selbst so früh im Lebenslauf erworbene Ressourcen wie das Bildungsniveau das Demenzrisiko im Alter beeinflussen können. Le Carret et al. (2003) schlugen vor, dass der Bildungsgrad das Ausmaß an früher kognitiver Stimulation des Gehirns widerspiegelt, die wiederum die kognitive Leistungsfähigkeit und deren zerebrale Korrelate nachhaltig beeinflusst. Entsprechend gehen zahlreiche Studien davon aus, dass Bildung den Hauptaspekt der funktionellen kognitiven Reservekapazität darstellt, und nutzen das Bildungsniveau daher als Surrogat für die kognitive Reserve (Stern 2002).

Bilingualität ist ein wichtiger Aspekt höherer Bildung und kann nach klinischen Studien den Verlauf demenzieller Erkrankungen günstig beeinflussen (Kowoll et al. 2015). In einer PET-Studie war Bilingualität zudem mit einem geringeren Glukoseumsatz in frontotemporalen und parietalen Kortizes sowie im linken Kleinhirn unter Berücksichtigung des Schweregrades der demenziellen Symptomatik und des Bildungsgrades assoziiert (Kowoll et al. 2016). Dieser Befund lässt erwarten, dass Bilingualität die kognitive Reserve erhöht, indem die Betroffenen Hirnveränderungen länger kompensieren können. Umgekehrt beschrieben Stern et al. (1999), ungünstigere Verläufe mit schnellerer Progression bei Alzheimer-Patienten mit einer hohen kognitiven Reserve ab Manifestation der Symptomatik gegenüber Patienten mit niedrigerer Reserve. In diesem Zusammenhang wird angenommen, dass bei hoher kognitiver Reserve zum Zeitpunkt der Manifestation erster klinischer Symptome bereits stärkere atrophische Hirnveränderungen vorlägen, woraus ein ungünstiger Krankheitsverlauf entstünde (Bruandet et al. 2008).

Zusammenfassend sprechen bisherige Forschungsbefunde konsistent für einen wesentlichen Beitrag des früh erworbenen Bildungsniveaus zur kognitiven Reservekapazität im Alter. Doch auch später im Lebenslauf gestaltbare Faktoren können das Demenzrisiko im höheren Erwachsenenalter beeinflussen, wie die folgenden Abschnitte zum sozioökonomischen Status und Freizeitverhalten zeigen.

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