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5.5.4 Fazit und Empfehlungen für die Praxis
ОглавлениеAngesichts des demografischen Wandels stehen epidemiologische Studien immer mehr vor der Herausforderung, Risiko- und protektive Faktoren im Vorfeld der Entstehung demenzieller Erkrankungen zu identifizieren. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang zunehmend auf das Konzept der kognitiven Reserve verwiesen. Die kognitive Reserve bezeichnet eine vermutete Kapazität des Gehirns, Schädigungen – wie sie etwa bei Demenzen auftreten – bis zu einem gewissen Grad kompensieren zu können. Während protektive Effekte von Bildung und kognitiver Aktivität bereits in zahlreichen Studien bestätigt wurden, ist die Befundlage hinsichtlich anderer Faktoren – wie etwa dem sozioökonomischen Status – noch relativ uneindeutig.
Insgesamt besteht in der Forschungsliteratur bislang kein Konsens darüber, welche Variablen und individuellen Verhaltensweisen die kognitive Reserve im Alter determinieren und wie Letztere am besten definiert und operationalisiert werden sollte. So sind neben den hier diskutierten Faktoren sicherlich zusätzliche Variablen denkbar, die zur kognitiven Reserve beitragen könnten. Forschungsergebnisse sprechen bspw. dafür, dass auch sprachliche Fähigkeiten, Zweisprachigkeit oder der Erwerb von Fremdsprachen die kognitive Reserve nachhaltig beeinflussen könnten (Kowoll et al. 2016).
Die zusammenfassende Darstellung bisheriger Studienergebnisse zum Einfluss von Risiko- und protektiven Faktoren legt die Vermutung nahe, dass sowohl im frühen als auch im späteren Lebenslauf gestaltbare Ressourcen die kognitive Reserve und damit das Demenzrisiko im Alter nachhaltig prägen. Die Ergebnisse stellen einen wichtigen Ansatz für die Empfehlung von primärpräventiven Maßnahmen ( Kap. 56) auf der individuellen Verhaltensebene dar. Hierbei steht die Stärkung individueller Ressourcen – wie etwa der kognitiven und körperlichen Fitness – im Mittelpunkt. Für die Praxis der Altersmedizin, der Gerontopsychiatrie und interventionellen Gerontologie ist jedoch die Tatsache entscheidend, dass die kognitive Reserve auch im Alter durch individuell beeinflussbare Verhaltensweisen und Aktivitäten aufgebaut, gefördert und erhalten werden kann (siehe auch Hultsch et al. 1999). Als besonders wirkungsvoll können hier u. a. diejenigen Aktivitäten gelten, die sowohl kognitive Stimulation als auch körperlich-motorische Betätigung und soziale Interaktion miteinander verbinden.