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5.4.5 Wirkmechanismen auf verschiedenen Ebenen am Beispiel der körperlichen Aktivität

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Ein zentrales Forschungsziel ist es, den kausalen Effekt von Trainingsmaßnahmen auf bestimmte kognitive Leistungsbereiche (bspw. Lernen und Gedächtnis) zu untersuchen. Dabei kann es mehrere Wirkmechanismen geben, die (auch simultan) auf verschiedenen Ebenen stattfinden bzw. analysiert werden können. Stillman et al. (2016) haben in einem Übersichtsartikel dargestellt, wie körperliche Aktivität über verschiedene Mechanismen und/oder Wirkebenen einen positiven Einfluss auf neurokognitive Funktionen hat. Auf der molekularen und zellulären Ebene kann körperliche Aktivität die Wirkung und Anzahl von Wachstumsfaktoren (bspw. des »brain-derived neurotropic factor«) erhöhen (molekulare Mechanismen) sowie die Neubildung von Blutgefäßen, Nervenzellen und Synapsen anregen (zelluläre Mechanismen). Diese basalen Mechanismen nehmen bei der Langzeitpotenzierung im Hippocampus eine wichtige Rolle ein und bilden damit eine zentrale Grundlage für basale Lern- und Gedächtnisprozesse (Duzel et al. 2016). Auf der Gehirnebene werden zum einen strukturelle Veränderungen (bspw. Volumenveränderungen in der sogenannten weißen oder grauen Substanz) als auch funktionale Veränderungen (wie z. B. erhöhte Aktivierung) untersucht. Ein zentraler Befund ist, dass körperliche Aktivität mit einer Volumenzunahme der grauen Substanz (Erickson et al. 2009; Weinstein et al. 2012) und der weißen Substanz (Oberlin et al. 2016) im Hippocampus und präfrontalen Kortex einhergeht. Zudem finden sich Hinweise, dass körperliche Aktivität mit einer Erhöhung der funktionalen Konnektivität (d. h. Kommunikationsfähigkeit) zwischen spezifischen präfrontalen Gehirnregionen (Voss et al. 2010) assoziiert ist. Diese Veränderungen in der Funktion und Struktur von spezifischen Gehirnregionen sind wiederum mit einer erhöhten Leistung in Gedächtnis- und exekutiven Funktionen assoziiert. Allerdings zeigen neuere Befunde, dass Plastizität nicht zwangsläufig mit einer Phase erhöhter Synapsenbildung und erhöhter Volumenzunahme verbunden ist, sondern sich sublimer zeigen kann (Lindenberger et al. 2017). Auf eine initiale Phase der »Expansion«, kann eine Phase der erfahrungsbasierten, selektiven Stabilisierung von relevanten Synapsen folgen, in der funktionale und strukturelle Veränderungen über die Zeit »re-normalisiert« werden und die erworbene Leistungssteigerung bestehen bleibt (Wenger et al. 2017). Auf der Verhaltens- und sozioemotionalen Ebene können zahlreiche Verhaltensweisen (bspw. Schlafqualität und -dauer), emotionale Stimmungslagen (bspw. Depressivität) sowie Motivationslagen als potenzielle Mechanismen betrachtet werden, die den Zusammenhang zwischen physischer Aktivität und kognitivem Leistungsstand vermitteln können. Obwohl es auf dieser Wirkebene erst wenig Forschung gibt, zeigen sich jedoch bereits vereinzelte Hinweise darauf, dass physische Aktivität sowohl mit besserer Schlafqualität als auch besseren exekutiven Funktionen und einer höheren mentalen Verarbeitungsgeschwindigkeit in Zusammenhang steht. Zudem zeigte sich, dass Schlafqualität den Zusammenhang zwischen physischer Aktivität und kognitiven Leistungsmaßen statistisch vermittelt (Wilckens et al. 2016).

Die spezifischen Mechanismen auf diesen verschiedenen Ebenen sind nicht notwendiger Weise voneinander unabhängig, sondern können in wechselseitigem Bezug zueinanderstehen. So können Veränderungen auf der molekularen Ebene direkte Auswirkungen auf die Verhaltens- oder sozioemotionalen Ebene (Stimmung, Motivation, Schlaf) haben, die wiederum direkt die kognitive Leistung beeinflussen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Großteil der bisherigen Studien vor allem korrelative Befundmuster aufgezeigt hat. Zukünftige Studien sollen vermehrt versuchen, kausale Mechanismen in Form von experimentell kontrollierten Trainingsstudien nachzuweisen.

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