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2. Entwicklungen im historischen Rückblick

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Der Begriff der MehrkulturalitätsdidaktikMehrkulturalitätsdidaktikBegriff wird hier analog zur Mehrsprachigkeitsdidaktik (↗ Art. 7) verwandt, die vor allem seit den 1990er Jahren in der Fremdsprachendidaktik intensiv diskutiert wird. Davon abzugrenzen sind Begriffe, die in früheren Jahrzehnten Verwendung fanden:

Die Debatte zu Multikulturalität / MultikulturalismusMultikulturalismus der 1990er Jahre war u.a. zentriert auf ThemenThemenaus Kunst u. Musikfelder der Kunst und Musik (Leggewie 1990). Sie manifestierte sich z.B. in Projekten wie dem in Berlin gegründeten Radio Multikulti oder dem Karneval der Kulturen.

Charakteristisch für diese Debatte ist ein positiver Fokus auf Gastronomie, Folklore, Tanz und Musik, damit auf exotische und schöne Besonderheiten der jeweiligen Kulturen, z.B. Sambatänzerinnen aus Brasilien oder Trommlergruppen aus dem Senegal. Der fröhliche Blick beinhaltet stereotypisierende und kulturalistische Elemente (↗ Art. 33) ebenso wie ein Ausblenden politischer und ökonomischer Rahmenbedingungen und Hierarchien zwischen den Angehörigen verschiedener Kulturen. In schulischen Kontexten realisiert sich dieser Ansatz in der Berücksichtigung der Esskulturen ethnischer Minderheiten oder der Folklore verschiedener Herkunftskulturen. Insgesamt wird diesem Zugang Verharmlosung sozialer und politischer Dimensionen oder auch eine (innen-)politische Instrumentalisierung vorgeworfen.

Der Begriff der MultikulturalitätMultikulturalität wird in den folgenden Jahren durch Begriffe wie InterkulturalitätInterkulturalität (↗ Art. 17, 32) und TranskulturalitätTranskulturalität (↗ Art. 41) abgelöst, wobei der ältere Terminus Interkulturalität vielfach als Oberbegriff gilt. Das Präfix Inter- verweist auf ein heterokulturelles Gegenüber, gegebenenfalls auf ein Miteinander, auf ein Verschränken und auf Beziehungen zwischen den Kulturen. Als Klammerbegriff umfasst InterkulturalitätInterkulturalitätKlammerbegriff verschiedene Ansätze, die Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen den Kulturen und Individuen in den Vordergrund schieben (↗ Art. 33, 34, 35, 36, 37). Dabei wird in der Fremdsprachendidaktik oft ein bikulturelles Paradigma des Austauschs zwischen dem Eigenen und dem Fremden bzw. dem Anderen mitgedacht (Bausch, Christ & Krumm 1994). Transkulturalität umfasst Positionen in der Tradition der PostmodernePostmoderne, die Abgrenzungen zwischen einzelnen Kulturen grundlegend in Frage stellen (Welsch 1992) (↗ Art. 40). Wesentlich bei diesen Ansätzen ist die Betonung der Aufbrechung des Kontrasts zwischen zwei oder mehreren Kulturen (Eckert & Wendt 2003).

Der aus der Soziologie und Pädagogik stammende Begriff der DiversitätDiversität (diversity) wird derzeit als Paradigma zur Beschreibung und Wertschätzung von Vielfalt in der Gesellschaft genutzt. Dabei geht es um eine Erweiterung der Fokussierung ethnischer und kultureller Herkunft auf die zusätzliche Berücksichtigung weiterer gesellschaftlicher Kategorien entlang von Hierarchisierungen und Diskriminierungen (↗ Art. 38): Geschlecht, sexuelle Orientierungsexuelle Orientierung, Alter, ReligionReligion oder Behinderung. Im Mittelpunkt stehen die Interdependenzen zwischen diesen Kategorien, die je nach Kontext unterschiedliche Gewichtungen erfahren (Allemann-Ghionda 2013). Ein Mensch wird damit nicht nur als „Spanier“ oder „Amerikaner“ eingestuft, sondern z.B. als älterer homosexueller katholischer Spanier oder als jugendliche Schwarze im Rollstuhl aus Alabama, wobei je nach Kontext verschiedene Dimensionen der Identität aktiviert werden. Diskurse der Diversität umfassen auch feministische Diskurse, Auseinandersetzungen zu Altersdiskriminierung oder Positionen zu Behinderung und InklusionInklusion. In der Fremdsprachendidaktik werden Fragen nach der Relevanz von GenderGender für das SprachenlernenSprachenlernenGender u. Alter ebenso diskutiert wie der Altersfaktor beim Spracherwerb oder die seit Kurzem in Schulen umgesetzte Forderung nach Inklusion.

Handbuch Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik

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