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3. Entwicklungen im internationalen Vergleich

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Während im deutschsprachigen Raum Konzepte wie MehrkulturalitätMehrkulturalität, MultikulturalismusMultikulturalismus, PlurikulturalitätPlurikulturalität, Pluralität, Vielfalt und Diversität zum Tragen kommen, bestehen in anderen Sprachräumen z.T. vergleichbare Debatten.

Im englischsprachigen Raum werden Konzepte wie multiculturalism, cultural pluralism und cultural diversity diskutiert (z.B. Taylor 1994). In den USAUSA gehören Metaphern wie melting pot und salad bowl zur Identität einer nationalen Einwanderergesellschaft. Beide Bilder evozieren Vorstellungen eines durchmischten Miteinanders in einem Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“ und des American Dream. Damit sind grundlegend Fragen von gesellschaftlicher IntegrationIntegration, kultureller Assimilation und der Rassentrennung berührt, die in der amerikanischen Geschichte sehr kontrovers diskutiert wurden. Dabei spielt die Verquickung von race, class und gender eine wichtige Rolle. In Großbritannien ist multiculturalism vor dem Hintergrund der Kolonialgeschichte relevant, die in den 1950er und 1960er Jahren zu einer Aufnahme von Menschen aus den Ländern des Commonwealth mit allen Rechten in Großbritannien führte. Diskurse zur Auseinandersetzung um ethnisch-kulturelle Vielfalt, Identität einer mehrkulturellen Gesellschaft und Umgang mit Minderheiten erfolgen auch hier sehr heterogen und situieren sich zwischen Ablehnung der Vielfalt und der Anderen bzw. „Fremden“, Öffnung im Sinne einer Akzeptanz des multiculturalism und verschiedenen Realisierungen von Integration und Diskriminierung, Assimilation und Ausgrenzung.

Englischsprachige Diskurse einer MehrkulturalitätsdidaktikMehrkulturalitätsdidaktik avant la lettre thematisieren und analysieren diese Konfliktfelder in pädagogischen und didaktischen Kontexten. Dazu gehören u.a. die British Cultural Studies mit ihrer Erweiterung des Kulturbegriffs auf materielle Artefakte, beobachtbare Verhaltensstrukturen und dahinterstehende vermutete Mentalitäten (Williams 1989) sowie auf marginalisierte Gruppen, kulturelle Differenzen, Hegemonien und Machtstrukturen (Hall 1990). American Cultural StudiesAmerican Cultural Studies beinhalten verschiedene Etappen, u.a. Diskussionen des Kulturbegriffs in den Popular Culture StudiesPopular Culture Studies, im Ideological Criticism und im New HistoricismNew Historicism sowie feministische und antirassistische Perspektiven der Race and Gender Studies oder auch neueste Entwicklungen hin zu Border Crossings, Multiple Identities und Transnationalisms (Fluck 2012).

In Frankreich sind Vorstellungen zu ethnischer Diversität und Mehrkulturalität – multiculturalisme – seit der Französischen Revolution durch einen republikanischen Universalismus (↗ Art. 37) geprägt, der die Gleichheit (égalité) aller Bürger der Republik ohne Unterscheidung ihrer ethnischen und kulturellen Herkunft postuliert. Dieses Postulat der égalité erfolgt allerdings um den Preis einer IntegrationIntegrationdurch Assimilation durch Assimilation und tendenzielle Aufgabe der Herkunftskultur, eröffnet zugleich jedoch Zugang zur Gemeinschaft und zur Nation. Die Einheit der französischen Nation impliziert die Verlagerung ethnischer, kultureller oder religiöser Identitäten ins Private und die Vorrangstellung der Ideale der Französischen Revolution als Fundament der Einheitsstiftung.

Erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische Diskurse tragen der Mehrkulturalität der heutigen französischen Gesellschaft Rechnung. Die Argumentationen in einer didactique des langues et des culturesdidactique des langues et des cultures zur interculturalité umfassen seit den 1970er Jahren das Recht auf Differenz immigrierter Minderheiten, die universalistische Aufrechterhaltung republikanischer WerteWerterepublikanische und die Anerkennung von Pluralität und Diversität als Teil der gesellschaftlichen Realität Frankreichs in den 1990er Jahren (z.B. Abdallah-Pretceille & Porcher 1996). Die anfänglich auf Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund konzentrierten Diskurse werden auf die gesamte Schülerschaft ausgeweitet, weitere Themenfelder sind die InterkulturalitätInterkulturalitätin der EU im Kontext der europäischen Nachbarstaaten sowie EnglischEnglisch, DeutschDeutsch und SpanischSpanisch als Fremdsprachen. Nach 2000 geht es in der approche pluraliste (Meunier 2008) um Einstellungen und interkulturelle Kompetenzeninterkulturelle Kompetenz in einer von HeterogenitätHeterogenitätder Gesellschaft und kultureller Diversität geprägten Gesellschaft.

Insgesamt erweist sich in europäischen Diskursen die Unterscheidung der Präfixe multi- und pluri-, wie sie im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (Europarat 2001: Kap. 8.1) und im CEFR Companion VolumeCompanion Volume with New Descriptors (Council of Europe 2018) vorgenommen ist, als prägend: Multikulturelle Kompetenz dient zur Beschreibung gesellschaftlicher Kontexte, während plurikulturelle Kompetenz auf Einzelne bezogen wird (↗ Art. 18, 19).

Handbuch Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik

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