Читать книгу Zwangsstörung - Группа авторов - Страница 53
4 Psychodynamische Aspekte der Zwangsstörung Gerhard Dammann und Bernhard Grimmer 4.1 Einleitung
ОглавлениеZwangssymptome und Zwangsstörungen kommen nicht nur komorbid bei verschiedenen Störungsbildern vor (etwa Schizophrenien, Tic-Störungen), sondern sind typischerweise nicht selten in ihrer Genese multifaktoriell und als leichte Zwangssymptome in leichter Ausprägung ohne Krankheitswert recht häufig. Einerseits sind Verbindungen zur Lerntheorie und einem Konditionierungsmodell (aufrechterhaltende Verstärker) unbestritten und stellen die Basis der Verhaltenstherapie dar, andererseits sind neurobiologische Auffälligkeiten bekannt (etwa Verbindungen zu Zwangssymptomen bei Tic-Störungen und die Bedeutung der Basalganglien bzw. positive Resultate nach stereotaktischen Operationen bzw. Tiefe Hirnstimulation bei extrem schweren Fällen) (Tastevin et al. 2019). Wichtig ist auch die kognitive und zeitliche Hartnäckigkeit, die (subjektiv) unerledigte Aufgaben ganz allgemein aufweisen können (Zeigarnik-Effekt) (Zeigarnik 1927).
Die psychoanalytisch-orientierten Therapieverfahren beanspruchen daher in der Regel nicht, eine allumfassende Theorie und Therapie von Zwangsstörungen und Zwangssymptomen zu ermöglichen. Auf der anderen Seite bieten die psychodynamischen Ansätze sehr gute Möglichkeiten, Besonderheiten der Zwangsstörungen (etwa ihre intrapsychische Funktionalität oder Verbindungen zur Konflikt- und Strukturtheorie) plausibel und für Kliniker hilfreich zu beleuchten.
Die Klassifikation der Zwangsstörungen unter die Angststörungen wie etwa im ICD erscheint aus psychodynamischer Sicht problematisch, weil sich die zugrundeliegenden Konfliktdynamiken und die Abwehrmechanismen doch teilweise deutlich unterscheiden. Allerdings besteht eine Verbindung zu den Angststörungen über die regulierende Funktion der Zwangssymptome auf Ängste und das Vermeidungsverhalten (auch Verbindungen zu dissoziativen Störungen wurden vermutet, Grabe et al. 1999).
Das folgende Kapitel stellt eine Übersicht über wichtige psychodynamische Modellvorstellungen und daraus abgeleiteten Therapiegrundsätzen dar.