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4.3.2 Autonomie und Fügsamkeit
ОглавлениеZwangsgedanken und Zwangshandlungen sind aber nicht immer Folge ungelöster überwältigender ödipaler Konflikte, denen durch Regression ausgewichen wird. Sie stellen häufig auch Kompromissbildungen zur Bewältigung von Konflikten zwischen Autonomiebestrebungen und Fügsamkeit oder Unterwerfung dar. Zunehmende Wünsche nach Selbstbestimmtheit und Selbstständigkeit können in der kindlichen Entwicklung in Konflikt mit den erlebten Ansprüchen und Normen der frühen Bezugspersonen geraten, was Ängste vor Bestrafung und Liebesverlust auslöst. Dies führt dazu, dass Spontanität, Eigensinn, Vitalität und motorisch-expansive Impulse im kindlichen Entwicklungsverlauf unterdrückt und abgelehnt werden müssen. Es kommt zu einer Handlungsstörung, bei der eine positive Wirksamkeit eigener aggressiver Impulse und Autonomiewünsche nicht mehr erfahren wird. Diese werden nun als unkontrollierbar und überwältigend-bedrohlich erlebt, sie lösen massive Ängste aus. Vordergründig kommt es zu Fügsamkeit sowie Anpassung an die Gebote und Normen der Bezugspersonen und damit zur Internalisierung einer rigiden Über-Ich-Struktur. Die abgewehrten Wünsche und Autonomieimpulse bleiben aber drängend, es kommt zu latenter Aggressivität und heimlichem Widerstand. Lang (2015, S. 439) bezeichnet einen unter Zwangsstörungen leidenden Menschen deshalb als »gehemmten Rebell«.