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3.3.2 Ergebnisse

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Im Fragebogen wurde das Begehen von elf verschiedenen Straftaten in den zurückliegenden zwölf Monaten erfragt. Berücksichtigt wurde dabei eine Spannbreite an Taten: vom Fahren eines Fahrzeugs im alkoholisierten Zustand über das Begehen von Diebstahls- und Betrugsdelikten bis hin zum Ausüben von Gewaltdelikten. Die Delikte und der Wortlaut der Erfassung im Fragebogen sind in Tabelle 3.2 ( Tab. 3.2) dargestellt. Bevor die Einzeldelikte betrachtet werden, soll zunächst die Gesamtrate delinquenten Verhaltens präsentiert werden. In Abbildung 3.3 ( Abb. 3.3) ist diese Rate für die verschiedenen Altersgruppen der Befragung dargestellt. Auch im Dunkelfeld bestätigt sich, dass die älteren Altersgruppen die niedrigsten Delinquenzraten aufweisen. Befragte im Alter von 60 bis 64 Jahren haben demnach zu 9,7 % mindestens eins der elf erfassten Delikte begangen, ab 80-jährige Befragte nur noch zu 3,1 %. Die höchste Prävalenzrate ist im Dunkelfeld für die Altersgruppe der 18- bis 20-Jährigen festzustellen: 38,6 % berichten das Begehen mindestens eines Delikts. Die Alters-Kriminalitäts-Kurve ist im Hell- und Dunkelfeld damit vergleichbar, wenngleich im Dunkelfeld die Prävalenzraten deutlich höher ausfallen als im Hellfeld.

Wie Tabelle 3.2 ( Tab. 3.2) zeigt, unterscheiden sich die Prävalenzraten delinquenten Verhaltens mit Blick auf die vier Seniorengruppen deutlich je nach Delikt. Am verbreitetsten ist das Fahren unter Alkohol, das 4,8 % der 60- bis 64-Jährigen und immerhin 1,7 % der ab 80-Jährigen in den zurückliegenden zwölf Monaten ausgeführt haben. Auch das Schwarzfahren und der Einkommenssteuerbetrug ist in allen vier Seniorengruppen zu finden, wobei ein entsprechendes Verhalten von 0,3 bis 2,8 % der Befragten berichtet wird. Schwarzarbeit haben 1,8 % der 60- bis 64-jährigen Befragten ausgeführt; bei den ab 80-jährigen Befragten findet sich ein solches Verhalten hingegen nicht. Auch für Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, den Sozialleistungsbetrug und Diebstähle (inkl. Fahrraddiebstähle) zeigt sich, dass nur sehr wenige bis keine der Befragten das Ausüben berichten.


Abb. 3.3: Anteil Befragte, die mindestens ein Delikt in den zurückliegenden zwölf Monaten begangen haben, nach Altersgruppe (in %, gewichtete Daten)

Tab. 3.2: Anteil Befragte, die verschiedene Delikte in den zurückliegenden zwölf Monaten begangen haben, nach Altersgruppe (in %, gewichtete Daten)



In der Befragung wurde zudem eine Reihe möglicher Einflussfaktoren des delinquenten Verhaltens erfasst. Die in Tabelle 3.3 ( Tab. 3.3) vorgestellte Analyse prüft, welche Einflussfaktoren mit dem delinquenten Verhalten von Senioren in Zusammenhang stehen. Vergleichend wird geprüft, inwieweit diese Faktoren auch bei jüngeren Befragten von Bedeutung sind, wobei sich auf die Gruppe der unter 30-Jährigen konzentriert wird. Analysiert wird, welche Faktoren mit der Ausübung mindestens eines Delikts in Zusammenhang stehen; eine nach Delikt differenzierende Analyse erscheint aufgrund der geringen Prävalenzraten nicht zielführend. In der Tabelle ( Tab. 3.3) sind die Ergebnisse von binär-logistischen Regressionsanalysen aufgeführt. Dieses Verfahren kam zum Einsatz, weil die abhängige Variable dichotom ist (delinquentes Verhalten nicht ausgeführt vs. ausgeführt). Die aufgeführten Koeffizienten bedeuten, dass bei Werten über 1 die zugehörige Variable als Risikofaktor einzustufen ist, d. h. die Wahrscheinlichkeit delinquenten Verhaltens erhöht sich; wenn die Werte unter 1 liegen, ist die entsprechende Variable hingegen ein Schutzfaktor, senkt also die Wahrscheinlichkeit der Delinquenzausübung.

Die Auswertungen zeigen zunächst, dass das Geschlecht ein Risikofaktor ist: Männliche Befragte weisen im Vergleich zu weiblichen Befragten eine ca. 1,9 fach so hohe Wahrscheinlichkeit auf, delinquentes Verhalten auszuführen. Für unter 30-Jährige ergibt sich hingegen kein Geschlechtseffekt. Zu beachten ist hierbei, dass multivariate Analysen berechnet wurden und damit ein Geschlechtereffekt bspw. durch weitere Faktoren wie die Risikosuche erklärt werden kann.

Ein höheres Alter senkt die Ausübung delinquenten Verhaltens im Erklärungsmodell der ab 60-Jährigen signifikant. Dies bestätigt die bisherigen deskriptiven Auswertungen, die gezeigt haben, dass die ältesten Altersgruppen meist die niedrigsten Prävalenzraten aufwiesen. Für jüngere Befragte ist das Alter hingegen kein signifikanter Erklärungsfaktor. Für beide Altersgruppen gilt zudem, dass folgende vier Faktoren für das delinquente Verhalten nicht bedeutsam sind: der Migrationshintergrund32, das Deprivationserleben33, das Erleben schwerer elterlicher Gewalt in der Kindheit34 und die Schulleistungen.35 Auch bei diesen Faktoren ist zu beachten, dass sie in einer multivariaten Betrachtung keine Zusammenhänge mit dem delinquenten Verhalten aufweisen, in einer rein bivariaten Betrachtung hingegen teilweise schon (nicht dargestellt).

Für vier weitere Faktoren zeigen sich für ab 60-Jährige und unter 30-Jährige identische Ergebnisse. Insofern kann gefolgert werden, dass Delinquenz im jungen und im höheren Alter vergleichbare Einflussfaktoren hat. Dabei gilt zunächst, dass das Personenmerkmal der Risikosuche die Ausübung delinquenten Verhaltens wahrscheinlicher macht. Erfasst wurde dieses Merkmal mit Aussagen wie »Ich teste gerne meine Grenzen, indem ich etwas Gefährliches mache« oder »Ich gehe gern ein Risiko ein, einfach, weil es Spaß macht«. Ebenfalls einen starken Einfluss übt die Bekanntschaft mit delinquenten Freunden aus: Wer im Umfeld solche Freunde hat, wird häufiger delinquent – unabhängig vom Alter. Im Fragebogen sollten die Befragten beantworten, ob »sie Freunde/Bekannte/Verwandte kennen, die in den letzten 12 Monaten Folgendes getan haben«: Schwarzfahren, Ladendiebstahl, Fahrzeugdiebstahl, Sachbeschädigung oder Körperverletzung.

Ebenfalls relevant ist der Alkoholkonsum (erfasst über den Konsum von »Bier, Wein/Sekt, Alcopops, Schnaps« in den letzten zwölf Monaten): Je häufiger Alkohol konsumiert wird, umso eher wurde delinquentes Verhalten ausgeübt. Zudem zeigt sich ein Zusammenhang zwischen der Viktimisierung und der Täterschaft. Erfragt wurde das Erleben von insgesamt 14 Delikten (z. B. Fahrzeugdiebstahl, Körperverletzung, Wohnungseinbruch). Befragte, die mindestens eine Form der Viktimisierung erlebt haben, haben signifikant häufiger auch delinquentes Verhalten ausgeführt. Was die Hintergründe dieses Opfer-Täter-Statuswechsels sind, kann an dieser Stelle nicht weiter eruiert werden. Hinzuweisen ist darauf, dass hier nur korrelative Zusammenhänge betrachtet werden und es sich insofern auch um einen Täter-Opfer-Statuswechsel handeln kann. Zusätzlich können sich hier nicht berücksichtigte Hintergrundfaktoren wie bspw. der Wohnort/der Stadtteil auf den Statuswechsel auswirken.

Hinsichtlich eines Faktors ergibt sich ein Unterschied zwischen beiden Modellen: Die Häufigkeit des Ausübens sog. unstrukturierter Freizeitaktivitäten (sich zusammen mit anderen im öffentlichen Raum aufhalten, Kino-/Konzert-/Festivalbesuch, Kneipen-/Disko-/Volksfestbesuch) steht bei älteren Befragten in keiner signifikanten Beziehung mit dem delinquenten Verhalten; bei jüngeren Befragten senkt die Häufigkeit dieser Aktivitäten leicht die Delinquenz. Dies ist unerwartet, erweist sich der Faktor unstrukturierten Freizeitverhaltens bei Jugendlichen meist als Risikomerkmal (u. a. Osgood et al. 1996). Für heranwachsende bzw. erwachsene Personen scheint dies entsprechend der Ergebnisse nicht zu gelten; jugendspezifische Theorieansätze lassen sich also nicht ohne Weiteres auf ältere Altersgruppen übertragen.

Mit den in den Erklärungsmodellen aufgenommenen Faktoren lässt sich 21,9 % der Varianz der Seniorenkriminalität und 31,8 % der Varianz der Kriminalität von unter 30-Jährigen erklären. Dies bedeutet einerseits, dass bereits wenige Faktoren einen bedeutsamen Beitrag zur Erklärung von Delinquenz leisten. Andererseits eignen sich die berücksichtigten Faktoren etwas schlechter zur Erklärung der Seniorenkriminalität; weitere Faktoren müssten daher auf ihre Bedeutung hin untersucht werden.

Tab 3.3: Einflussfaktoren delinquenten Verhaltens (binär-logistische Regressionsanalyse; abgebildet: Exp(B); gewichtete Daten)


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