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Bohrungen und Untersuchungsgebiete

Frank Sirocko

Die Bohrungen in den heute noch offenen Maarseen erfolgen von einer schwimmenden Plattform mit Dreibein (Abb. 5.1). Zur störungsfreien Kernung der obersten, stark wasserhaltigen Sedimente wird ein Gefrierverfahren eingesetzt, bei dem ein 2 m langes Schwert über ein Gestänge in das Sediment gedrückt wird. Von der Plattform aus wird anschließend –80 °C kaltes Flüssiggas in das Schwert gepumpt und so das Sediment an der Metallfläche angefroren (Abb. 5.2). Diese Methode ermöglicht es, die sehr stark wasserhaltigen und fast schon flüssigen obersten 20 cm der Sedimente ungestört zu kernen. Allerdings sind diese sogenannten Freeze-Kerne maximal 2 m lang und umspannen damit nur die letzten 1000 Jahre. In der Bohrkernbezeichnung steht für „Freeze“ der kleine Buchstabe „f“, zum Beispiel ist UMf der Freeze-Kern aus dem Ulmener Maar.

Längere Kerne können mit einem Rammverfahren (Niederreiter Sonde) erreicht werden. Dabei wird über ein Gestänge ein 2 m langes Kernrohr in das Sediment geschlagen, anschließend auf die Plattform zurückgezogen und der Kern entnommen. Um die Bohrung fortzusetzen, wird an der gleichen Stelle in dem vorhandenen Loch dann weiter bis 4 m eingeschlagen. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt, bis maximal 16 m Eindringung in das Sediment erreicht sind.

Zur Gewinnung von Informationen über die frühere geologische Zeit werden Seilkernbohrungen bis 150 m Teufe eingesetzt (Abb. 5.3). Diese Bohrungen werden nicht in den Seen durchgeführt, sondern nur in alten, heute verlandeten Maaren, die in der Eifel als Trockenmaare bezeichnet werden und von denen es etwa 60 Stück gibt (BÜCHEL 1984, 1994). Das Bohrgerät steht dabei auf einer Raupe und dreht eine rotierende Verrohrung langsam in die Tiefe. Im Inneren der Verrohrung ist in dem untersten Segment über ein Seil ein Kernrohr eingehängt. Zwischen rotierender Verrohrung und diesem Kernrohr wird Wasser an die Basis der Bohrung geleitet, um das Bohrklein zwischen Verrohrung und Kernrohr wegzuspülen. Ein völlig ungestörter Sedimentkern gleitet dabei mit Vordringen der Bohrung langsam in das Kernrohr. Das Bohrklein wird außerhalb der Verrohrung nach oben gepumpt. Nach jedem Meter Bohrvortrieb wird das Kernrohr ausgeklinkt und am Seil hochgezogen, um den Kern zu entnehmen.


5.1 Bohrplattform mit Dreibein auf dem Ulmener Maar.


5.2 Freeze-Kern mit Schichten der obersten 100 cm aus dem Schalkenmehrener Maar.


5.3 Trockenmaar am Hohen List und Bohrgerät des Seilkernverfahrens im Einsatz.

Die Sedimente der Trockenmaare der Westeifel waren zum Beginn des ELSA-Projektes bis auf die Arbeiten von PIRRUNG (1998) und PIRRUNG et al. (2003) an zwei Trockenmaaren der Osteifel unerforscht. Geophysikalische Daten und die geographische Lage aller Trockenmaare waren aber schon seit der Grundlagenarbeit von BÜCHEL (1984) bekannt. Im Jahr 1998 wurde in Mainz das Bohrprojekt ELSA (Eifel Laminated Sediment Archive) aufgebaut und systematisch begonnen, die bekannten Trockenmaare vollständig mit Seilkernbohrungen zu untersuchen (SCHABER & SIROCKO 2005). Insgesamt wurden bis heute 23 Kerne von 50–150 m Länge aus den Trockenmaaren und sieben Kerne aus Maarseen gewonnen.


5.4 Geländemodell der Ortschaft Schalkenmehren mit Maar und Trockenmaar sowie der Bohrstellen SM3 und SMf.

In diesem Buch werden Freeze-Kerne aus dem Schalkenmehrener Maar, Ulmener Maar und Holzmaar vorgestellt, die zusammen die letzten 1000 Jahre mit Jahresauflösung umspannen. Zur Rekonstruktion von Wetter und Klima der letzten 10.000 Jahre werden Rammkerne aus dem Ulmener Maar und dem Holzmaar gezeigt. Für die Klimaentwicklung der letzten Eiszeit stützen wir uns auf einen 80 m langen Kern aus dem Dehner Trockenmaar.

Schalkenmehrener Maar

Das Schalkenmehrener Maar hat einen Durchmesser von 528 m und ist an der tiefsten Stelle 21 m tief. Zu dem Einzugsgebiet des Maarsees gehört auch ein benachbartes Trockenmaar (Abb. 5.4), sodass der Niederschlag über eine große Fläche gesammelt wird und in das Maar fließt, dessen Wasser damit eine Verweilzeit von neun Jahren erreicht (Tab. 2.1).

Aus dem Schalkenmehrener Maar wurden 50 Oberflächenproben aus allen Wassertiefen entnommen und auf ihre Korngrößenzusammensetzung hin untersucht. Im Bereich der Wellenwirkung bis 2 m Wassertiefe findet sich nur ein sandig-kiesiges Restsediment. Die Ton-, Silt- und Feinsandfraktion ist in diesem Tiefenbereich durch Wellen aufgewirbelt und dann durch Strömungen auf den See hinausgetragen worden, wo sich das Sediment langsam absetzt. Ab 2 m Wassertiefe beginnt ein kontinuierlicher Unterwasserhang mit etwa 30° Neigung bis in etwa 20 m Wassertiefe, wo der Maarboden stark verflacht.

Das Geländemodell zeigt im Osten des Maarsees ein Trockenmaar, das über eine versumpfte Niederung mit dem Maarsee verbunden ist. Wie in den Kapiteln 28–31 gezeigt wird, muss es im Mittelalter noch Schüttungen von Hochwasser durch diesen heute verlandeten Zufluss gegeben haben.

Ulmener Maar

Vom grundsätzlichen Aufbau her ähnlich wie das Schalkenmehrener Maar, aber im Detail doch völlig anders stellt sich das kleinste Maar der Eifel, das Ulmener Maar, dar (Abb. 5.5). Dieses Maar hat nur einen Durchmesser von 265 m, aber eine maximale Tiefe von 39 m (Tab. 2.1), damit sehr steile Hänge über und unter Wasser. Durch die Anbindung an das große Trockenmaar des Jungferweihers im Norden ist das Einzugsgebiet aber extrem groß und damit die Verweilzeit des Wassers geringer als 1 Jahr. Der Jungferweiher in seiner heutigen Form ist erst 1944 durch Aufstauung gestaltet worden. Vorher wurde dort Torf gestochen; es gab aber auch im Mittelalter schon einen Fischweiher in diesem Gebiet (ORTSGEMEINDE ULMEN 2000).

Das digitale Geländemodell zeigt die heutige Morphologie der Region, aber auch rekonstruierte natürliche Bachverläufe. Zusätzlich sind Informationen über den geologischen Untergrund in das Geländemodell aufgenommen, da ein typisches weißes Gestein des Unteren Devons rings um das Maar verbreitet ansteht. Die im Geländemodell sichtbar gemachten natürlichen Bäche aus der Zeit vor der intensiven menschlichen Nutzung des Gebietes transportierten die Erosionsrückstände dieser hellen Schichten. Die Feinstfraktion hat sich im Bereich des heutigen Ortszentrums dabei als regional bezeichneter „weißer Letten“ in einem zeitweise existierenden Staubecken abgesetzt und kann im gesamten Stadtgebiet in etwa 2 m Tiefe erbohrt werden. Diese hellen Feinstpartikel aus Quarz und Tonmineralen konnten bei Hochwasser im Dellbach offensichtlich in den Maarsee eindringen, setzten sich auch dort ab und führten damit zu typischen hellen feinkörningen Ton- und Siltlagen, die im Foto des Kernes UM2 aus dem Ulmener Maar schon direkt sichtbar werden (Abb. 6.5). Diese spezielle Situation (helle Feinsttrübe im Bach und Verbindung vom Bach zum Maar nur bei Hochwasser) macht die Sedimente des Ulmener Maares zu einem perfekten Hochwasseranzeiger. Diese Situation wurde mit der Verfüllung der Verbindung zwischen Maar und Bach im Zuge der Ortsgründung von Ulmen zerstört, sodass eine Hochwasserzeitreihe in Ulmen nur bis an den Beginn der Römerzeit rekonstruiert werden kann.


5.5 Geländemodell der Ortschaft Ulmen mit Maar und Jungferweiher und den Bohrstellen UM2 und UMf.

Eine weitere Besonderheit des heutigen Ulmener Maares ist die Zuführung von Wasser aus dem Jungferweiher in den Maarsee durch einen im Volksmund „Maarloch“ genannten Stollen unter der Autobahn hindurch. Dieser Stollen wurde am Beginn des Hochmittelalters im Zuge der Burganlage gebaut. Der Bau des Stollens diente sicherlich der Regulierung des Wasserstandes im Maar. Vermutlich wurde die natürliche Verbindung zwischen Maar und Bach in eine Grabenbefestigung um die Burg herum integriert. Ein anderer Vorteil aus der Regulierung des Wasserstandes war die ständige Verfügbarkeit von Wasser auch in Trockenzeiten für die Landwirtschaft und die Mühlen im weiteren Verlauf des Dellbaches. Die Sedimentkerne aus dem Ulmener Maar zeigen diese starken anthropogenen Eingriffe deutlich durch grobkörnige Lagen in den mittelalterlichen Schichten oberhalb von 4 m Kerntiefe (Abb. 28.7).


5.6 Geländemodell des Dehner Trockenmaares.

Das Wasser, das heute durch das Maarloch in den Maarsee geleitet wird, ist seit etwa 20 Jahren durch eine Phosphatextraktionsanlage gereinigt und enthält nur noch feinste Schwebstoffe. Der Eintrag von groben klastischen Partikeln ist damit minimiert.

Holzmaar

Das Holzmaar ist sicherlich das am besten untersuchte Maar der Eifel, da es die höchste Sedimentationsrate und die beste Warvenerhaltung aller Maarseen hat. Es wurde über viele Jahre von einer Arbeitsgruppe um Professor Jörg F. W. Negendank (Potsdam) intensiv untersucht und ergab die erste jahresgezählte Chronologie von Seesedimenten in Mitteleuropa. Exemplarisch seien hier die Synthesearbeiten von BRAUER (1994) und ZOLITSCHKA (1998) erwähnt. Aufgrund dieser vielen schon durchgeführten Forschungsarbeiten war dieses Maar für das ELSA-Projekt nicht von höchster Priorität, wurde aber trotzdem in die Untersuchungen integriert, um einen direkten Anschluss an die schon publizierten Ergebnisse zu gewährleisten. So zeigt das im Rahmen von ELSA gewonnene Pollenprofil (Abb. 6.4) exakt genau die gleiche Struktur wie das von KUBITZ (2000) für das Meerfelder Maar erarbeitete hochauflösende Pollenprofil (Abb. 3.5).

Das Holzmaar ist mit einem Durchmesser von 272 m genauso groß wie das Ulmener Maar, hat aber nur 20 m Wassertiefe und damit das kleinste Volumen aller Eifelmaare (Tab. 2.1). Da es auch heute noch vom Sammetbach aus einem großen Einzugsgebiet gespeist wird, erhält es viele Nährstoffe und nimmt damit eine einzigartige Stellung unter den Maaren ein. Es ist klein bei großer Sedimentanlieferung und zeigt einen hohen Nährstoffgehalt, der starkes Algenwachstum anregt. Damit erklären sich die hohen Sedimentationsraten.

Dehner Maar

Das Dehner Maar liegt im Nordwesten der Westeifler Vulkanzone nördlich der Ortschaft Reuth. Es ist seit etwa 12.000 Jahren verlandet, aber auch heute noch in der Landschaft direkt als Maar zu erkennen (Abb. 5.6). Es hat einen Durchmesser von 950 m, ist damit sehr groß und liegt in 565 m Höhe auf einer Bergkuppe, die auch heute zu den windreichsten Gegenden der Eifel gehört – gut erkennbar an den Windrädern direkt im Maarkessel. Der Maarkessel ist kreisrund und hat auch in der Vergangenheit keinen erkennbaren Zufluss gehabt, allerdings einen Ablauf nach Süden.

Die geologische Karte der Maarumgebung zeigt das in der Eifel allgegenwärtige Devon, aber auch Buntsandstein in der unmittelbaren Umgebung (Abb. 1.2). Ein Tuffwall ist nicht direkt aufgeschlossen, verbirgt sich aber vermutlich noch im südlichen Bereich des Kesselrandes. Der Kern D3 aus dem Zentrum des Dehner Maares zeigt in allen feinkörnigen Abschnitten eine rötliche Färbung, die offensichtlich auf feinste Partikel von Buntsandstein zurückgeht. Daneben gibt es Kernabschnitte mit gelblicher Färbung. Diese Bereiche bestehen immer aus Löss in Siltkorngröße, der aus der weiteren Umgebung herangeblasen wurde. Das Kernfoto und Pollenprofil wird in Kapitel 11 gezeigt und grenzt gelbliche, lössreiche Kaltphasen von den rötlichen, dunklen, tonreichen Warmphasen ab (Abb. 11.2). Schwarz heben sich einzelne dezimetermächtige vulkanische Aschenlagen ab.

Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung

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