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1 Die Kausaltheorie des Wissens

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Ein gutes Beispiel für den E. ist A. Goldmans frühe, hauptsächlich als eine Reaktion auf Gettiers Probleme (↗ Gettierproblem) entwickelte Kausaltheorie des Wissens, der zufolge die wahre Überzeugung einer Person, dass p, genau dann als Wissen gilt, wenn sie die richtige Art einer kausalen Verbindung zu der Tatsache, dass p, hat (Goldman 1967). In Gettiers Beispielen hat eine Person eine gerechtfertigte Meinung, die nur zufälligerweise wahr ist. Die Kausaltheorie erklärt das in diesen Situationen fehlende Wissen dadurch, dass in ihnen die grundlegende Anforderung nicht erfüllt ist, dass es eine angemessene kausale Verbindung zwischen der Tatsache, dass p, und der Meinung der Person, dass p, gibt. (↗ Wissenstheorien nach Gettier) Standardfälle der Wahrnehmung liefern ein nützliches Modell für die richtige Art einer kausalen Verbindung. Die Tatsache, dass die Katze auf dem Sofa sitzt, ist beispielsweise die wesentliche Ursache dafür, dass ich durch die Wahrnehmung die Meinung erwerbe, dass die Katze auf dem Sofa sitzt. Es ist wichtig, dass Goldman damals nicht einfach vorgeschlagen hat, die Rechtfertigungsbedingung durch eine kausale Bedingung zu ergänzen. Vielmehr sollte seiner Sichtweise zufolge die Rechtfertigungsbedingung durch einen externen Standard – eine angemessene kausale Verbindung zur Außenwelt – ersetzt werden.

Die Kausaltheorie des Wissens wirft jedoch etliche Probleme auf. Ein Problem ist ihr recht eingeschränkter Anwendungsbereich. Die Theorie besitzt sicherlich für den Fall von Wissen, das wir direkt durch Wahrnehmung erwerben, eine große intuitive Plausibilität. Die nichtempirische Natur mathematischen Wissens stellt die Theorie jedoch vor unüberwindbare Schwierigkeiten. Die Tatsache, dass 2 + 3 = 5, kann aufgrund ihrer Abstraktheit offensichtlich gar nichts verursachen und mithin kann sie auch nicht die Ursache für meine Meinung sein, dass 2 + 3 = 5. Aber auch im Bereich des empirischen Wissens ergibt sich eine Reihe von erheblichen Problemen. Betrachten wir unser allgemeines Wissen über die Welt, Wissen, das wir in universellen empirischen Generalisierungen ausdrücken, die sich auf die gesamte Raumzeit erstrecken, unser Wissen etwa, dass Kupfer ein guter Stromleiter ist. Man kann schwerlich sagen, dass die Tatsache, dass Kupfer ein guter Stromleiter ist, die Ursache meiner entsprechenden Meinung ist. Schwierigkeiten bereitet offensichtlich auch unser Wissen über zukünftige Ereignisse, denn wie sollte ein Ereignis, das noch gar nicht stattgefunden hat, die Ursache einer Meinung sein können, die eine Person schon jetzt hegt? Ursachen liegen in aller Regel vor ihren Wirkungen. Und wie sollte dieses Modell mit theoretischem Wissen, etwa unserem Wissen, dass Elektronen negativ geladene Elementarteilchen sind, zu Rande kommen?

Um derartige Probleme zu bewältigen, haben die Anhänger der Kausaltheorie die ursprüngliche, als zu restriktiv empfundene Anforderung über Bord geworfen, dass die Tatsache, dass p, selbst die Ursache der Meinung, dass p, sein muss. Stattdessen haben sie nur noch verlangt, dass es eine kausale Verbindung zwischen beiden gibt oder, etwas ausführlicher, dass die Folge von Erklärungen der Kette von Ursachen und Wirkungen, die letztlich zu der Meinung, dass p, führt, die Tatsache, dass p, an irgendeiner Stelle erwähnen muss. Durch eine solche Revision wird die Wissensanalyse jedoch viel zu liberal. Ihr zufolge müssten wir einer Person, die aus ganz abwegigen Gründen glaubt, dass der Urknall einst stattgefunden hat, das Wissen zusprechen, dass er stattgefunden hat, nur weil ihre Überzeugung mit dem Urknall kausal verbunden ist. Wir sehen, dass nicht jede Kausalverbindung zwischen Tatsachen und den entsprechenden wahren Meinungen zu Wissen führt. Es muss sich schon um eine kausale Verbindung der richtigen Art handeln. Die Frage jedoch, was die richtige Art ist, harrt noch immer einer befriedigenden Antwort.

Zudem besteht ein grundsätzliches Problem für die kausale Wissensanalyse darin, dass die Bedingungen, die sie vorschlägt, anscheinend nicht hinreichend für Wissen sind. Das von A. Goldman eingeführte Scheunen-Beispiel vermag dies plastisch zu zeigen (Goldman 1976): Barney, der mit seinem Auto durch eine unbekannte Gegend fährt, schaut aus dem Fenster, sieht eine Scheune und bildet infolgedessen die wahre Meinung, dass da eine Scheune steht. Barney weiß allerdings nicht, dass in dieser Gegend viele Scheunenattrappen stehen, die von der Straße aus genauso aussehen wie echte Scheunen. In der Tat sieht Barney die einzige echte Scheune in dieser Gegend. Da die Tatsache, dass da eine Scheune steht, offensichtlich die Ursache für seine Meinung ist, dass da eine Scheune steht, sind die Bedingungen der kausalen Wissensanalyse erfüllt. Dessen ungeachtet würden wir unter diesen Umständen sicherlich bestreiten, dass Barney weiß, dass er eine Scheune gesehen hat. Das Problem liegt darin, dass er Scheunen nicht von Scheunenattrappen unterscheiden kann und daher auch dann – obwohl fälschlich – geglaubt hätte, eine Scheune gesehen zu haben, wenn er tatsächlich eine Scheunenattrappe gesehen hätte.

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