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4. Das HRG von 1998
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Eine Kehrtwende, mit der der Bedeutungsverlust des HRG eingeleitet wurde, bedeutete das am 25.8.1998 in Kraft getretene 4. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes. Die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und F.D.P. für die 13. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages sah angesichts der Feststellung, dass Bildung, Wissenschaft, Forschung, Innovation und Kultur für Gesellschaft und Wirtschaft zentrale Grundlagen der Zukunftsgestaltung seien, „eine Änderung des Hochschulrahmengesetzes vor, die zur Verkürzung der durchschnittlichen Studienzeiten führen, der Lehre größeres Gewicht geben, die Eigenverantwortung der Hochschulen und den Wettbewerb untereinander stärken sowie die Leitungsstrukturen modernen Anforderungen anpassen sollte“.[11] Bereits 1996 zirkulierte der Rohentwurf eines Papiers „Hochschulen für das 21. Jahrhundert“ des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF), der u.a. formulierte: „Der Bund legt . . . ein ehrgeiziges Reformprogramm vor, das nur gelingen kann, wenn sich auch die Länder und die Hochschulen ihrer Verantwortung stellen“.[12]
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Auch im Rahmen eines kurzen geschichtlichen Abrisses ist erwähnenswert, weil eigentümlich, dass der Bundesgesetzgeber mit dieser Novelle des Hochschulrahmengesetzes seine Kompetenz, Rahmenvorschriften für die Ländergesetzgebung für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens zu erlassen (Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a GG), in einem erheblichen Umfang zurückgenommen hat. Dies spiegelt sich am deutlichsten im Fortfall von 21 materiell-rechtlichen Regelungen wider. Der Befund der Kompetenzaufgabe ist vor allem und nicht zuletzt ein Indiz dafür, dass die HRG-Novelle von 1998 eine vornehmlich wahlkampftaktisch motivierte Reform war, die zwar auch das Ziel hatte, den Staat aus seiner Verpflichtung für die Hochschulen partiell zu entlassen, die jedoch vor allem von dem tagespolitischen Motiv getragen war, eine Novelle präsentieren zu können, die letztlich nie in der Gefahr stand, aus politischen Gründen nicht zustande zu kommen, weil sie den Bundesländern aufgrund des konsequent umgesetzten Verzichts auf einen verbindlichen Rechtsrahmen die unterschiedlichsten Wege eröffnete, die Sujets der Mitgliedschaft, der Mitwirkung und der Organisation in Hochschulen selbst und abweichend von anderen Bundesländern zu regeln.[13]
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Am Rande hat durch die HRG-Novelle von 1998 auch das Dienstrecht des wissenschaftlichen Personals Änderungen erfahren. Mit erheblichem politischem Impetus wurde die Neuregelung des § 44 Abs. 1 Nr. 2 HRG 1998 durchgesetzt. § 44 HRG erwähnte nun als spezielle Einstellungsvoraussetzung die pädagogische Eignung ohne den hierauf bezogenen konkretisierenden Relativsatz „die in der Regel durch Erfahrungen in der Lehre oder Ausbildung nachgewiesen wird“. Begründet wurde dies damit, die bisherige Regelung (mit Relativsatz) sei eine reine Regelvermutung gewesen, während die Neuregelung einen speziellen Nachweis der pädagogischen Eignung positiv fordere.[14]
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Eine weitere Änderung war die Neufassung des § 44 Abs. 2 HRG: „Die zusätzlichen wissenschaftlichen Leistungen nach Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a werden durch eine Habilitation oder durch gleichwertige wissenschaftliche Leistungen, die auch in einer Tätigkeit außerhalb des Hochschulbereichs erbracht sein können, nachgewiesen“. Damit emanzipierte das HRG von 1998 die „gleichwertige wissenschaftliche Leistung“ neben der förmlichen Habilitation. Der Gesetzgeber setzte dieses Signal 1998 aus Gründen vermeintlicher mangelnder Internationalität, vorgeblich aber auch aus Gründen eines unstreitig zu hohen durchschnittlichen Habilitationsalters. Dabei verkannte der Gesetzgeber, dass bereits vor der HRG-Novelle von 1998 viele Wege an der Habilitation vorbeiführten und in gewissen Teilbereichen der klassischen Wissenschaftsdisziplinen von einer Habilitationsschrift als „opus magnum“ bereits 1998 nicht mehr die Rede sein konnte, sondern sich eine Praxis, die sich der kumulativen Habilitation annäherte, mithin eine zeit- und disziplingemäße neuartige Habilitationskultur, bereits entwickelt hatte.[15]
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Auch § 46 HRG wurde einer inhaltlich bedeutsamen Änderung unterzogen. Durch die Neuanordnung der bisherigen Aussagen infolge der Formulierung: „Die Professoren werden, soweit sie in das Beamtenverhältnis berufen werden, zu Beamten auf Zeit oder auf Lebenszeit ernannt; durch Gesetz kann bestimmt werden, dass eine Probezeit zurückzulegen ist“, sah das HRG nun erstmals gleichberechtigt die Beamtenverhältnisse auf Zeit und Lebenszeit vor – der Regelfall der Verbeamtung auf Lebenszeit wurde ad acta gelegt.[16] Bis zum heutigen Tage ist diese Neuerung, die auf Länderebene praktische Bedeutung entfaltet bzw. entfaltet hat, umstritten.[17]
4. Kapitel Das Recht der (Universitäts-)Professoren › I. Entwicklung des Dienstrechts der (Universitäts-)Professoren › 5. Das HRG von 2002