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Kapitel 11 - Hafenbau bei St. Marien

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Die Störche waren schon zurückgekehrt, bauten eifrig an ihren angestammten Horsten. Zeit, den Deichbau voranzutreiben und die Arbeiten an dem neuen Hafen und dann musste noch das neue Siel bei Siegelsum gebaut werden, um das Binnenwasser zurückhalten zu können. - Eine Mammutaufgabe.

An der See aufgewachsen, kannte Ocko etliche Möglichkeiten, gegen die Fluten anzukämpfen, um das neue Hafenbecken zu schaffen. Nur bei Ebbe zu arbeiten, das wäre schier undurchführbar gewesen. Es wäre wegen der zerstörerischen Kraft des Wassers, die alles zunichte macht, was vorher mühsam geschaffen wurde, eine nutzlose Sisyphusarbeit gewesen.

An der Riedemündung in die Leybucht musste deshalb ein massiver Schutzwall errichtet werden, ein sogenanntes Höft. Ein unerlässliche Maßnahme, um das Tidewasser sicher abzuhalten, damit die Arbeiten durch Wassereinbruch nicht gestört oder verhindert wurden.

Nun war aber die Leybucht stark durchsetzt von Sandbänken und Untiefen.

Da hatte Ocko den Einfall, eine geeignete Sandbank vor der Riedemündung so hoch zur Warft aufzuschütten, dass sie nicht mehr vom Hochwasser überflutet werden konnte.

Einleuchtend, dass die gewaltige Meeresströmung die Warft landeinwärts spülen würde. Um dies zu verhindern, mussten entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

Ocko ließ darum das Höft mit dicht nebeneinander gerammten Pfählen schützen. Das sollte wohl eine Weile solide standhalten. Tat es auch - bis zur nächsten Sturmflut.

Aus seiner Zeit als Heerführer in Italien kannte Ocko die Arbeitsweise, schnell fließende Bäche umzuleiten, um Schutzgräben trockenfallen zu lassen. Kurzerhand befahl er, vor den Resten seines Bollwerks große Holzkästen aufzubauen, die nun - an Ort und Stelle mit Steinen und Aushub gefüllt - die Riede sperrten. Dahinter wurde sogleich schwere Marscherde angefüllt, damit die Strömung die Senkkästen nicht fortschwemmen konnte. So baute man gewissermaßen eine breite Mauer aus Senkkästen auf, verschachtelte die Kästen nach und nach über- und nebeneinander, bis sie über die Wasserfläche hinaus ragten. Täglich ritt Ocko hierher, um die Arbeiten zu überprüfen. Einsickerndes Wasser beeinträchtigte die Arbeiten unerheblich. Das aber ließ sich nicht vermeiden. Dessen ungeachtet machte das Höft gute Forschritte.

Das scheint einfach, aber welch schwere Arbeit steckte dahinter! Was für ein Aufwand!

Nur gut, dass die folgenden Wochen und Monate ohne schweres Wetter vorübergingen. Bei schlimmer Sturmflut würde wohl alles wieder fortgespült worden sein, bevor es fertiggestellt war.

Um größere Schiffe nicht schon in der Leybucht leichtern zu müssen, erforderte es, den natürlichen Wasserlauf zu vertiefen und ein gutes tiefes Hafenbecken zu schaffen. Sand und Schlick mussten ausgeräumt werden. Welche Erdmassen waren da zu bewegen! War das ein Gewimmel von Arbeitern und Gespannen! Und welch gewaltige planerische Leistung stand dahinter, welch enorme finanzielle Mittel verschlang der Bau!

Je tiefer das Becken wurde, desto schwieriger wurde es, den Aushub fortzuschaffen. Mit Bahren wurde der Schlick über Rampen, die auch erst gebaut werden mussten, an Land geschafft und auf die Ochsenkarren verladen. Eine Fuhre (1 cbm) fasste jeder Ochsenkarren und er brauchte ungefähr eine Stunde nach Upgant und wieder zurück. Dort freilich, unweit von Upgant, wurde der Aushub auf das Moor aufgebracht und bildete gutes fruchtbares Ackerland. Man nannte die neue Ackerflur Upgant Schott.

Zumeist wurden die Ochsen geführt, aber es gab einen Knecht, der ritt sein Tier. In der Hand den Ziemer, saß er mit kurzen Beinkleidern und offenem Hemd stolz und kerzengerade auf dem breiten Rücken des Ochsen. Es war herrlich anzusehen, wie das starke Tier den Kopf mit dem weit ausladenden, mächtigen Gehörn hin und her bewegte, den jungen Kerl mit den nackten braunen Beinen auf seinem Rücken trug und mit ruhigen Schritten willig seinen Weg ging. Den Ochsenziemer brauchte der Knecht kaum, so brav ging das Tier, denn es kannte den Weg nach Upgant hin und zurück, war es doch tagtäglich die gleiche Strecke ohne Unterlass. Fast schien es so, als ob auch der Ochse stolz war auf seinen Herrn. Sogar, wenn es am Abend nach getaner Arbeit in die Schwemme ging, ritt der Knecht seinen Ochsen ins Gewässer. Dort bürstete er das braune Fell, bis die Schlickkruste fortgeschwemmt war und das Tier wälzte sich im Wasser, dass es hoch aufrauschte. Am Ende stieg der Knecht wieder auf seinen Rücken und der Ochs kehrte blökend vor Wohlbehagen mitsamt seinem Reiter zurück ans Ufer. Es hatte wohl jeder seine rechte Freude dem schönen Schauspiel mit dem jungen Kerl und seinem starken Ochsen.

Schließlich wurden die schweren Eichenpfähle für die Holzkajung gerammt. Manchmal waren über zwanzig Mann an der schweren Ramme beschäftigt, die den Eichenstamm in den Grund drängte.

Der Vorrammer war ein breitschultriger Mann mit dichtem blonden Haar, buschigen Brauen und einer spitzen Nase. Er hielt sich ständig etwas vornübergebeugt. Das kam wohl von der schweren Arbeit. Der Vorrammer bestimmte den Takt an der schweren Ramme und sang vor.

Die Melodie hatte etwas Weiches, Ernstes, fast Schwermütiges.

In seinem glietschen Kopf brachte er Scherze und Klatsch über Löhnung und Verpflegung in seinem Lied unter, ließ sich aus über den Ritter und den Bischof, über Zänkereien, das Wetter und die Arbeit. Oft blieben die Leute stehen, um zu hören, was der Vorrammer heute wieder zu lästern hatte.

Wenn Foelke den Dom von St. Marien besuchte, versäumte sie nie den Gang zur Baustelle. Mit Staunen und Bewunderung für ihren Gemahl, der das alles bewirkte, verfolgte sie das Werden des neuen Hafens.

Heute begleitete Kaplan Benedikt sie, weil er meinte, das sei nicht der rechte Ort für eine Häuptlingsfrau:

Hoiho! Nu man to! Bört up mit alle Man!

Faat hum wis und holt hum fast,

dann kumt he feller an!

Lat hum fiern! So geit he goot!

Haut hump up sien hoge Hood!

Bumsfallera, dor was he ja!

Dat erste Kroos verdeent!

Heer mit d’ Fleß’ und her mit ‘t Gleß,

De ‘t erelk mit uns meent.

Wat wult du Knecht dor achter staan?

Kum mit dat Fat man heer vandan!

Dat Fat, dat Fat - dat Fat het Nat,

Dat Nat, dat Nat - wel mag noch wat?

Bumsfallera, dor was he ja!

Al weer ‘n Kroos an de Kant.

Die Gaffer hatten ihren Spaß und Foelke, die den Hinweis auf das ’Naß’ wohl verstanden hatte, winkte dem Knecht, das Fass Bier herbeizurollen. Die Kerle tranken einander zu und fort ging’s:

Trekt mit alle Man,

Lat jo ‘t dor neet suur bi worden,

Wen der ook föör ‘n Maal en Pund anhangt.

Seht wo he geit,

Seht wo he fleit.

Hoog in de Top,

de Pool wol van de Kop,

Hoog in de Rull’

Stockfis mit Knull,

Appels dorbi

Gode Knapperie!

Wil di ins ‘n Spaas vertellen

Dat sal jederman gefälln.

Twe Mantjes pumpen

Hoog up de Klumpen,

Leeg up de Scho:

Pastor steit up de Kanzel und predigt der to.

Hoog in de Scheren,

dat het de Meister geren,

hoog in de Wedd’

und dann noch mal inset!

Sinngemäße Übersetzung ins Hochdeutsche:

Nun man zu! Bohrt auf mit alle Mann!

(Das Erdloch für den Pfahl bohren)

Fasst ihn gut und haltet ihn fest,

dann kommt er schneller an! (der Bohrer)

Lass ihn hoch gehen! So geht er gut!

Haut ihn auf seinen hohen Hut!

Bumsfallera, da ist er ja!

Den ersten Kreuzer verdient!

Her mit der Flasche und dem Glas,

der’s ehrlich mit uns meint.

Was willst du Knecht da hinten steh’n?

Komm mit dem Fass man heut noch her!

Das Fass, das Fass - das Fass hat Nass,

das Nass, das Nass - wer mag noch was?

Bumsfallera, da ist er ja!

Schon wieder ein Kreuzer auf der Kante (verdient).

Zieht man alle Mann,

werdet nicht sauer dabei, wenn da auch für’n Pfund dranhängt.

(so schwer, dass man ein Pfund verdienen müsste, nicht nur einen Kreuzer)

Seht wie er geht, seht, wie er fliegt.

Hoch zum Top, die Mütze will vom Kopf,

hoch in die Rolle, (Flaschenzug)

Stockfisch mit Knolle (Sellerie)

Äpfel dabei, gute Knabberei!

Will dir das im Spaß erzählen,

dass es jedermann gefällt.

Zwei Männer pumpen,

ein Hoch auf die Klumpen (Holzschuhe)

leg ab die Schuh (sonst tun die Füße weh):

Pastor steht auf der Kanzel und predigt dazu.

Hoch in die Schere, (zum Arretieren der Ramme)

das hat der Meister gerne,

hoch ins Wetter (Gerät rausziehen)

und dann noch mal einsetzen! (für den nächsten Pfahl)

Benedikt zog sein Gesicht in Dackelfalten, lachte verdrießlich und drängte zu Gehen: „Schaut auf die Sonnenuhr, Burgfrau. Es wird Zeit zur Vesper.“

Beim Deichbau ging die Arbeit munter fort. Nachdem die Rammpfeiler mit Brettern vernagelt und die Zwischenräume wie beim Schiffbau kalfatert, das heißt mit Werg und Pech abgedichtet waren, konnten die Reisigbündel dahinter gestopft und ein Wall angeschüttet werden.

Später sollte ein fester Weg auf dem Wall angelegt werden. Zusehends schritt der Bau voran. Vielleicht schon im Herbst würde der Hafen nutzbar sein. Ocko freute sich. - Ein ansehnlicher, geschützter Hafen, der Dank seiner günstigen Lage viel Gewinn versprach. Voller Zuversicht schickte er seinen Herold, den Gelderen, nach Bremen, damit er den Administrator des Bischofs und die Bremer Kaufleute auf seine Seite zöge.

Ocko war überzeugt: Es waltet ein guter Stern über diesem Werk. Das Jahr des Herrn 1380 wird ein großes Jahr werden für mich und meine süße Frau.

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