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Kapitel 14 - Nachricht von der Marienburg

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Im April, mit den aufwärts drängenden Säften in Wald und Flur, lag Ocko wieder am Fieber. Rührend bemühte sich sein Wundarzt um ihn mit allerhand Kräuterauflagen und fiebersenkenden Tees. Es war für Ocko nichts Ungewohntes, einhergehend mit der Fußverletzung trat das Fieber fast regelmäßig erneut auf. Es war wie verhext, die Wunde wollte nicht recht abheilen, so sehr Ibn sich auch bemühte. Als Foelke das Krankenzimmer betrat, schlief Ocko, denn Ibn hatte ihm einen Schlaftrunk verabreicht. Schlaf senke nicht nur das Fieber und helfe gegen die Schmerzen, meinte Ibn, sondern sei überhaupt die beste Arznei für den ganzen Körper, der sich unterdessen erholen könne. Da mochte er wohl wahr gesprochen haben, denn Ocko lag trotz des schweißnassen Gesichts in mildem Schlaf. Seine Brust hob und senkte sich ruhig und gleichmäßig. Foelke nahm ein feuchtes, kühles Tuch und betupfte damit das geliebte Gesicht mit dem stoppeligen Dreitagebart. „Es ist nichts Besonderes, Burgfrau“, sagte Ibn, „er wird bald wieder auf dem Damm sein.“

„Was ist?“, ließ Ocko sich vernehmen. „Ich kann nicht, jetzt nicht.“ Dann sank er wieder in ferne Gefilde und träumte von den Deichen und dem Hafen, wie man seinem undeutlichen Gemurmel entnehmen konnte. Der Wundarzt warf Foelke einen aufordernden Blick zu, der sie zum Gehen nötigte. Noch weitere sieben Tage litt Ocko am Fieber, ehe er wieder fähig war, das Bett zu verlassen, da zog schon strahlend der Mai ins Land und es kam abermals einen Brief aus dem Ordensland.

Überwältigt schrieb Widzelt von der Marienburg, schilderte überwältigt die herrlichen Filigrangewölbe der Remter. Er habe einen jungen Maurer kennen gelernt, erwähnte er beiläufig, der gerade ein wundervolles Rippengewölbe im Turmanbau des Hochmeisterpalastes errichte. Es gäbe nur eine einzige Granitsäule in der Mitte, die das ganze Gewölbe trage.

Als Begünstigter des Hochmeisters, genieße er eine außergewöhnliche Stellung unter all den Scholaren der Burgschule. Denn Winrich von Kniprode, als absoluter Herrscher des Ordens, habe Widzelt unter seinen persönlichen Schutz gestellt. Darum wage niemand, ihm zu nahe zu treten. Das erleichtere manches, denn die Strenge der Lehrmeister sei gnadenlos.

Widzelt berichtete, dass der Orden vom König von Frankreich eine Reliquie vom Heiligen Kreuz zum Geschenk erhalten habe. Widzelt durfte sie mit eigenen Augen ansehen. Der Span sei in Gold gefasst und mit Edelsteinen reich verziert. Der Ordensschäffer Heinrich von Alen sei mit so großer Ehre vom König bedacht worden, dass er am Osterabend, am Ostertage und sogar am Dienstag an des Königs Tafel essen durfte, an der niemand sonst als Herzöge speisten. So große Ehre sei dem Schäffer widerfahren, dass er es nicht beschreiben könne, schloss Widzelt beeindruckt. Beiläufig erwähnte Widzelt die Unzufriedenheit der Städte. Kaufleute aus Danzig und anderen Städten hätten sich über die Bedrückung - gemeint waren Abgaben - durch den Orden beklagt und wollten sich dessen entledigen.

Der Orden bereite eine Heerfahrt nach Litauen vor, bemerkte Widzelt in kargen Worten und schloss mit herzlichen Grüßen.

Ocko ahnte, dass Widzelt beabsichtigte, mit dem Orden auf Heerfahrt zu ziehen. Davon war Ocko keineswegs begeistert, hatte Winrich von Kniprode doch eigentlich die Scholarenausbildung gerühmt, Künste erwähnt wie Arithmetik und Geometrie, Waffenkunde und Baukunst, ja sogar den Lobgesang angepriesen. Ocko schrieb daraufhin zurück, er wünsche, dass Widzelt spätestens im September zurückkehre, da man später mit Stürmen zu rechnen habe und die Überfahrt gefährdet sei. Im Übrigen erscheine es ihm unglaublich, dass der Orden die Städte bedrücke, wo doch jede Stadt eine Ordensfestung besitze und also den Schutz der Ordensritter genieße, wofür naturgemäß auch Abgaben zu leisten seien. Noch ein paar freundliche Wort und Grüße zum Schluss und der Brief verschwand in einem Lederköcher, den Ocko sorgfältig mit der Anschrift der Marienburger Ordensritter versah und seinem imposanten Adlersiegel verschloss, ehe er den Büttel rufen ließ, dem die weitere Behandlung oblag. Der Ritter gab sich ungezwungen, und doch bemerkte der Bote in seinem Minenspiel eine gewisse Unruhe, da er sich sogleich erhob und ihn sogar zur Tür geleitete.

Gleiches bemerkte auch der Kaplan, denn als Ocko die Kapelle betrat, um für Widzelt zu beten, lag ein sorgenvoller Ausdruck auf seinem Gesicht. Lange hörte der Kaplan seine Stimme in dem ehrwürdigen Gemäuer widerhallen.

Wie viel Zeit mochte Widzelt noch bleiben? Würde er als stolzer Ritter zurückkehren oder in einem Meer von Schmerzen enden? In einem Kampf, der ihn eigentlich nichts anging? Das weckte Ockos Zorn. „Zum Henker mit dir“, stieß er hervor und presste neben den Bußgebeten so manchen Fluch über die Lippen. Nein, nicht Angst war es um Widzelt, sondern Erbitterung wegen seines eigenmächtigen Handelns. Ocko spürte, dass sich Unheil zusammenballte. Ein Unwetter zog auf. Die Stimme des Kaplans riss Ocko aus seinen Gedanken: „Häuptling, Ihr solltet heimgehen.“

„Kaplan, du störst.“

„Gleich wie, Ihr solltet trotzdem heimgehen, ehe das Unwetter losbrüllt.“

Schwerfällig erhob der Häuptling sich, denn sein Knie schmerzte höllisch. So fielen bereits die ersten Regentropfen, als er zu guter Letzt ins Freie trat.

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