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B.Arbeitsverhältnis

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Schrifttum: Gerber, Die Scheinselbstständigkeit im Rahmen des Einzelarbeitsvertrages, 2005; Grobys, Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbstständigen, NJW-Spezial 2005, 81; Henssler, Fremdpersonaleinsatz durch On-Site-Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassung – offene Fragen und Anwendungsprobleme des neuen Rechts, RdA 2017, 83; Hromadka, Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter?, NJW 2003, 1847; Richardi, Der Arbeitsvertrag im Licht des neuen § 611a BGB, NZA 2017, 36; Schirdewahn, Die vier zentralen Begriffe des Arbeitsrechts, 2005; Schwarze, Arbeitnehmerbegriff und Vertragstheorie, ZfA 2005, 81; Wank, Der Arbeitnehmer-Begriff im neuen § 611a BGB, AuR 2017, 140; ders., Von Honorarärzten und Piloten – Der Beschäftigtenbegriff in der BSG-Rechtsprechung, RdA 2020, 110.

36Das Arbeitsrecht gilt für Arbeitsverhältnisse und für deren Vertragsparteien, nämlich Arbeitnehmer (Rdnr. 57 ff.) und Arbeitgeber (Rdnr. 63 f.). Seit der Einführung des § 611a BGB im Jahr 2017 sind diese zentralen Begriffe, welche den Geltungsbereich des Arbeitsrechts festlegen, erstmals gesetzlich definiert.

Der Gesetzgeber hat im Zuge der Kodifikation zentrale Leitsätze aus Entscheidungen des BAG zum Arbeitnehmerbegriff zusammengefasst (kritisch zur Neuregelung Richardi, NZA 2017, 36 ff.): Demnach wird durch den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann dabei Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen – weisungsgebunden ist damit jeder, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller Umstände. Maßgeblich ist die tatsächliche Vertragsdurchführung, und nicht die Bezeichnung der Vertragsparteien.

An der bisherigen Rechtslage wollte der Gesetzgeber mit der Kodifikation nichts ändern, weshalb die ältere Rechtsprechung und Literatur fast uneingeschränkt verwertbar bleiben. Der Reformgesetzgeber kann sich daher die Lösung bestehender Probleme des Arbeitnehmerbegriffs nicht auf die Fahne schreiben. Angesichts einer sich rapide ändernden Arbeitswelt erscheint es anachronistisch, mit den statischen Grundsätzen der Rechtsprechung das „Alles-oder-Nichts“-Prinzip der Arbeitnehmer­eigenschaft im BGB zu perpetuieren. Die neuartigen Beschäftigungsformen der Digitalbranchen erfordern ein neues Modell der arbeitnehmerähnlichen Personen mit variablem Schutzniveau, denn viele Betroffene eint der Wunsch nach mehr Autonomie und Selbstbestimmung im Kontext zunehmender Entgrenzung von Arbeitszeit und Arbeitsort. Der hergebrachte Dualis­mus Arbeitnehmer – Selbstständiger kann der modernen Arbeitswirklichkeit zunehmend nicht mehr gerecht werden (näheres zur sog. Arbeit 4.0 Rdnr. 1229 ff.).

Gelegentlich werden Merkmale des Arbeitsverhältnisses bzw. des Arbeitnehmerbegriffs auch in Einzelvorschriften gesondert für deren Geltungsbereich festgelegt (§ 1 Abs. 2 EFZG, § 2 BUrlG, § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB, §§ 2 Abs. 2, 18 ArbZG, § 5 BetrVG).

37Das Arbeitsverhältnis beruht auf einem Arbeitsvertrag nach § 611a BGB, der Arbeitsvertrag ist ein privatrechtliches Dauerschuldverhältnis und Sonderfall des Dienstvertrags. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich gemäß § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Arbeitgeber, weisungsgebunden vertraglich vereinbarte, fremdbestimmte Dienste zu leisten. Er steht aufgrund seiner Weisungsgebundenheit in persönlicher Abhängigkeit zum Arbeitgeber. Der Arbeitgeber verpflichtet sich nach § 611a Abs. 2 BGB, das vereinbarte Arbeitsentgelt zu zahlen.

38Die fortdauernde Unbestimmtheit der Zentralbegriffe des Arbeitsrechts (Arbeitsverhältnis, Arbeitnehmer, Arbeitgeber) führt in der Praxis weiterhin zu Unsicherheiten und Streitigkeiten darüber, ob auf konkrete Beschäftigungsverhältnisse Arbeitsrecht (z. B. Kündigungsschutz) anwendbar ist oder nicht. Bisweilen werden Dienstleistungsverhältnisse, die der Sache nach Arbeitsverhältnisse darstellen, von den Vertragsparteien bewusst anders bezeichnet und konstruiert, um die Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften zu umgehen (z. B. langfristige, abhängige Beschäftigung „freier Mitarbeiter“, Franchise-Verträge, Werkverträge, Scheinselbstständigkeit). Die Neuregelung des § 611a BGB soll mit der Legaldefinition des Arbeitsverhältnisses in Abs. 1 Satz 1 bis 4 und durch den Vertragstypenzwang des Abs. 1 Satz 5 eine Abgrenzbarkeit erleichtern und derartige Praktiken beenden. Da die Norm lediglich die bisherige Rechtsprechung wiederholt, ist ihr Mehrwert allerdings gering (dazu Wank, AuR 2017, 140 ff.). Allerdings ist dem Gesetzgeber zu konzedieren, dass es einer gewissen Offenheit des Begriffs bedarf, um neue Entwicklungen erfassen zu können, wie sie derzeit etwa in Form von Crowd- und Clickwork entstehen.

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