Читать книгу Das Erwachen des Phoenix - Harald März - Страница 10

Ein unverhofftes Wiedersehen

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Sonnenlicht weckte Erif. Langsam kam er zu sich. War er Tod? Unverzüglich meldeten sich Schmerzen aus seinem ganzen Körper. Erif krümmte sich. Nein, Tote spürten keine Schmerzen mehr.

Er fühlte sich als wären sämtliche seiner Knochen mehrmals gebrochen worden. Begleitet wurde dies von stechenden Schmerzen in seinem Kopf und seinem Magen. Seine Gliedmaßen fühlten sich schwer an. Am meisten machte ihm aber die Hitze zu schaffen. Ihm war unbeschreiblich heiß. Seine Eingeweide fühlten sich an als würden sie brennen, wie in der Nacht zuvor.

Die Nacht zuvor! Erifs Erinnerungen an die letzte Nacht kehrten mit einem Schlag zurück. Naidraug, das Lagerfeuer, die Soldaten und der Angriff. Naidraugs Tod, der Stein, das Ausbrechen der feurigen Kreatur, welche alle Soldaten ausgelöscht hatte und sich letztendlich gegen ihn gewandt hatte. Vor seinem geistigen Auge konnte er das Wesen mit seinen blutroten Augen immer näher kommen sehen, bis es ihn erreicht hatte und in Flammen aufgehen ließ. Allein der Gedanke daran ließ ihn erschaudern.

Aber wie hatte er diesen Angriff überleben können? Und wie hatte er die Lichtung verlassen können? Erif versuchte die Schmerzen so gut es ging zu ignorieren und sah sich um. Er lag auf einem Haufen Stroh in eine Decke gehüllt in der Ecke eines größeren Raumes. Das Sonnenlicht, welches ihn geweckt hatte, fiel durch eine fensterartige Auslassung in der gegenüberliegenden Holzwand. Errichtet waren diese Holzwände auf festem Lehmboden. An einer der Wände waren Boxen aufgebaut. In einer davon stand ein dunkelbraunes Pferd und musterte ihn neugierig.

Es war eine typische Scheune. In Scheunen wie dieser hatte er in seiner Zeit als Tagelöhner oft gearbeitet. Ein Schatten huschte über sein Gesicht. Hastig drehte er den Kopf und wurde mit noch intensiveren Kopfschmerzen dafür bestraft. Er stöhnte. Ein Feuerfalke hatte sich in der Aussparung an der gegenüberliegenden Wand niedergelassen. Der anmutige Vogel betrachtete Erif. Er fragte sich ob es wohl derselbe Feuerfalke war, den er letzte Nacht gesehen hatte. Das Tier legte den Kopf etwas schief und begann melodisch zu trällern. Erif lauschte dem Gesang des Feuerfalken und schloss unwillentlich die Augen.

„Guten………Morgen………“

Er riss die Augen auf und starrte auf den Vogel. Hatte der Vogel gerade gesprochen? Ein Blick in den Raum genügte um ihm zu bestätigen, dass kein Mensch die Scheune betreten hatte. Sein Blick schweifte zurück zum Feuerfalken, der ihn erwartungsvoll ansah. Auch wenn es ihm komisch vorkam, so richtete Erif das Wort an den Vogel.

„Hast du…Hast du gerade gesprochen?“

Seine Stimme war heiser und rau. Bevor der Vogel etwas machen konnte, öffnete sich mit einem lauten Knarren die Tür der Scheune. Der Feuerfalke ergriff die Flucht.

Das einfallende Licht blendete Erif. Er hielt sich eine Hand vor die Augen und versuchte sich aufzusetzen, schaffte es aber nicht. Dazu war er zu schwach.

„Wer ist da?“

Seine Augen hatten sich mittlerweile an die Helligkeit gewöhnt. Langsam nahm er die Hand runter und betrachtete die Person, welche die Scheune betreten hatte. Zuerst wollte er seinen Augen nicht glauben, dann schwemmte eine Welle purer Freude für einen kurzen Augenblick sämtlichen Schmerz aus seinem Körper.

Der Mann hatte kurzgeschorenes, blondes Haar. Am Körper trug er eine leichte Lederrüstung an deren Gurt ein Schwert befestigt war. In den Händen hatte er einen kleinen Stapel Holz auf dem zwei gehäutete Hasen lagen. Die dunkelblauen Augen des Mannes fixierten Erif. Seine Mundwinkel verzogen sich dabei zu einem breiten Grinsen.

„Na? Wieder zurückgekehrt von den Toten?“

Nun musste auch Erif grinsen.

„Hallo, Dneirf. Wie ich sehe hast du deinen schwarzen Humor nicht verloren.“

Dneirf legte das Holz mit den Hasen auf den Boden und ging zu der Box mit dem Pferd.

„Nein, auch wenn unser letztes Treffen schon etwas länger her ist, den verliert man nicht so schnell.“

Mit seiner Hand fuhr er dem Pferd durch die Mähne und streichelte es. Erifs Körper meldete sich nun wieder mit einer neuen Serie von Schmerzen. Er stöhnte und krümmte sich zusammen.

„Was ist los?“

Dneirf hatte aufgehört sein Pferd zu streicheln und blickte Erif an. Leichte Unruhe lag in seinem Blick.

„Ich habe Schmerzen, überall. Kopf, Magen, Haut, Herz… einfach überall.“

„Wie schlimm?“

„Sehr schlimm. Wenn das so weiter geht werde ich wahnsinnig.“

Erif blickte von seinem Lager zu Dneirf auf. Dieser machte nun einen äußerst beunruhigten Eindruck.

„Wie bin ich eigentlich hierhergekommen? Ich kann mich nicht daran erinnern.“

Langsam bewegte sich Dneirf auf Erif zu und setzte sich ihm gegenüber auf den Boden.

„Das war eigentlich nur Zufall. Ich war auf dem Rückweg zum Hauptlager als ich aus einem kleinen Waldstück jede Menge Rauch aufsteigen sah. Normalerweise halte ich mich aus solchen Sachen heraus, du weißt ja was ich immer sage, steck deine Nase in fremde Angelegenheiten und du hast bald keine mehr. Aber diesmal habe ich eine Ausnahme gemacht.“

„Warum gerade diesmal?“

Dneirf kratzte sich am Kopf.

„Naja, der halbe Wald stand in Flammen, also musste dort irgendetwas Größeres passiert sein. Vielleicht hatte einer der Landesfürsten eine neue Waffe entwickelt und sie dort ausprobiert, oder eine der Räubergruppen im Umkreis hatte ihren Standort verlegt und bewegt sich nun plündernd durch das Land. Hauptmann Leurc zahlt neuerdings gut für derlei Informationen.“

Erif zuckte zusammen. Doch nicht die heftigen Schmerzen waren der Auslöser dafür, sondern die Erwähnung des Hauptmanns. Dneirf bemerkte seine Reaktion und wusste sie sogleich richtig zu deuten.

„Ich weiß, dass du den Hauptmann nicht ausstehen kannst, aber immerhin gibt er uns Arbeit und zahlt dafür gutes Geld.“

Bevor Erif antworten konnte, wurde ihm schwindlig. Die Schmerzen hatten zugenommen, nun fühlte er sie auch in seinen Knochen. Nach einem kurzen Kampf mit dem Schwindel hatte er wieder die Oberhand über seinen Körper zurück und konnte mit heiserer aber trotzdem energischer Stimme antworten.

„Leurc ist ein blutrünstiger Schlächter, nichts weiter. Er gibt selbst zu Greise, Frauen und Kinder getötet zu haben und das Schlimmste ist, dass er auch noch stolz darauf ist. Ich verstehe nicht wie du ihn nur verteidigen kannst. Du warst doch auch dabei wie er damals von einem seiner Aufträge eine Hand voll Frauen mit ins Lager gezerrt hat. Wir beide wissen was er ihnen in seinem Zelt angetan hat. Und dann, als er fertig war mit Ihnen hat er sie vor allen anderen mitten im Lager abgeschlachtet um uns den ‚Wert einer Frau‘ zu zeigen. Dieses Monster hat nichts Gutes an sich.“

In seiner Aufregung hatte Erif nicht bemerkt, dass sich ein Schatten über das Gesicht seines Freundes gelegt hatte. Erst jetzt fiel ihm dieser auf. Dneirf hatte die Lippen fest zusammengepresst und starrte zu Boden. Natürlich war Dneirf an Erifs Seite gewesen als die unschuldigen Frauen ihren Tod durch das Schwert des Hauptmannes fanden, auch wussten sie beide was für ein Mensch der Hauptmann war. Aber würde Dneirf sich eingestehen, was er schon längst wusste, so könnte er nicht weiter als Söldner arbeiten, da sein Innerstes sonst Schaden nehmen würde. Er würde es nicht schaffen. Dazu war er zu loyal und Loyalität war etwas außerordentlich Wichtiges für seinen Freund.

Erif taten seine Worte leid und er lenkte sofort mit ruhigerer Stimme ein.

„Lassen wir dieses Thema ruhen. Du bist also zu dem kleinen Waldstück geritten. Wie ist es danach weitergegangen.“

Das Gesicht seines Freundes hellte sich ein wenig auf.

„Ich bin in den Wald geritten und habe versucht den Ursprung des Feuers zu finden. Dadurch bin ich immer weiter vorgedrungen, bis ich eine Lichtung erkennen konnte.“

Erif schluckte. Damit meinte er offensichtlich die Lichtung, auf welcher der Kampf stattgefunden hatte. Bilder des Kampfes blitzten vor seinem geistigen Auge auf. Jedes von ihnen wurde von einem Stechen in seinem Kopf begleitet. Er drängt die Bilder zur Seite und versuchte sich wieder auf Dneirfs Worte zu konzentrieren.

„Als ich die Lichtung erreicht hatte, war ich mir ziemlich sicher, dass es dort passiert sein musste. Ich weiß zwar nicht genau was passiert war, aber dort musste es gewesen sein. Die Lichtung war riesig und überall lag Asche und geschmolzenes Eisen. Die Erde war komplett verkohlt und noch immer heiß. Wie ich mich dann genauer umgesehen habe, konnte ich einen nackten Menschen am Boden liegen sehen. Das warst du Erif.“

Erif zögerte kurz. Er dachte an den vermummten Gefangenen. Ob er wohl überlebt hatte. Und was war mit der feurigen Bestie geschehen. Wohin war diese verschwunden.

„Hast du… Hast du sonst noch irgendwen oder irgendwas dort gesehen?“

Dneirf musterte Erif neugierig.

„Nein, ich habe nur dich dort entdeckt. Ich habe dich danach in eine Decke gewickelt und dich hierher gebracht. Wen oder was hätte ich denn dort noch finden sollen?“

Erif seufzte. Der Gefangene, den er hatte befreien können, hatte wohl genauso wenig überlebt wie die Soldaten und auch die Kreatur war verschwunden. Hoffentlich griff sie keine weiteren Menschen an.

Er blickte zu seinem Freund und bemerkte, dass dieser ihn immer noch mit seinen blauenAugen fixierte.

„Erif, du weißt doch mehr. Du musst mehr wissen. Was ist dort geschehen? Bitte sag es mir.“

Bevor er auf Dneirfs Frage antwortete, versuchte Erif sich aufzusetzen. Unter großer Anstrengung schaffte er es diesmal. Sein gesamter Körper rebellierte mit Schmerzattacken, wie er sie noch nicht erlebt hatte. Nachdem er kurz seine Gedanken gesammelt hatte, begann Erif zu sprechen.

„Die Nacht begann wie jede andere. Ich wollte unter einer Weide nahe dem Revir die Nacht verbringen. Doch mein Hunger hatte mich geweckt. Als ich mich umblickte, fiel mir ein schwaches Licht zwischen den Bäumen des Waldes auf und weil…“

Erif konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen. Ein Hustenanfall schüttelte seinen ganzen Körper. Er hielt sich die Hände vor Mund. Mit einem Mal wurden seine Schmerzen um ein Vielfaches schlimmer. Der Schwindel packte Erif und warf ihn zu Boden. Dneirf sprang auf und eilte zu ihm.

„Was ist los mit dir? Was ist?“

Am Boden liegend erblickte Erif seine Handflächen. Sie waren bedeckt von seinem dunklen Blut. Er fühlte sich als würde er brennen. Verzweifelt versuchte er zu sprechen, doch seine Stimme hatte ihm den Dienst versagt. Lediglich seine Lippen konnte er bewegen. Blut floss aus seinem Mundwinkel. Unter höllischen Qualen blickte er auf und konnte das bestürzte Gesicht seines Freundes sehen, der nun neben ihm kniete. Die Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Plötzlich lief eine neue Welle von Schmerzen durch seinen Körper und raubte ihm sein Bewusstsein.

Das Erwachen des Phoenix

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