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Drib

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Etwas müde stapfte Erif im Regen den Weg entlang. Es war früher Morgen und der wolkenverhangene Himmel schien alles Leben auf der Erde ertränken zu wollen. Vor Erif breitete sich eine weite Ebene mit einigen kleineren Felsen aus. In einiger Entfernung konnte er den Revir ausmachen. Noch weiter weg glaubte er die Umrisse von Häusern zu sehen. Bei diesem Regen war das jedoch schwer zu sagen. Dort vermutete Erif das Dorf von welchem Dneirf gesprochen hatte.

Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, ging er immer weiter. Sein Umhang war zwar eingewachst gewesen, doch gegen den dicken Tropfen des Regens konnte er nicht lange Widerstand leisten. In kürzester Zeit war Erif bis auf die Haut durchnässt gewesen. Der kühle Wind, ein Vorbote des nahenden Herbstes, tat sein Übriges um ihm das Leben schwer zu machen. Obendrein hatte Erif Hunger. Im Gegensatz zu den letzten Monaten hielt das Gefühl sich diesmal in normalen Grenzen. Unter Schwindel- oder Schwächegefühlen litt Erif nicht. Trotz der Umstände fühlte er sich gut. Die Nachwirkungen seiner Genesung, wie er vermutete.

Ein lautes Gähnen entrang sich seinem Rachen. Der Regen hatte ihn kurz vor der Dämmerung geweckt und ihn am Weiterschlafen gehindert. Nun war er zwar müde, doch dafür war er früher aufgebrochen. Die kleinen Wäldchen hatte er hinter sich gelassen und wenn er sein Marschtempo hielt, standen die Chancen gut, dass er bis zum Einbruch der Abenddämmerung das Dorf erreichte und dort eine warme Mahlzeit und ein anständiges Bett bei einem Gasthof erhielt.

„Was für ein Pech. Während du in der Scheune geschlafen hast, war das Wetter immer ausgesprochen sonnig gewesen.“

Erif hörte Flügelschläge und spürte wie sich etwas auf seiner linken Schulter niederließ. Mit einer fließenden Bewegung fuhr Erif scharf herum und zog sein Schwert. Das Gewicht auf seiner Schulter hatte durch die scharfe Bewegung den Halt verloren. Ein paar Flügelschläge später saß vor ihm auf einem Felsbrocken ein Feuerfalke und beäugte ihn neugierig.

Das rote Gefieder, welches bis zu seinem etwas längeren Schwanz hinablief, hatte eine prächtige Farbenkraft. Durch die Abwesenheit des Sonnenlichts konnte man aber das goldene Schimmern beinahe nicht erkennen. Der schlanke, lange Hals verlieh dem Vogel etwas Edles während die dunklen Augen einen intelligenten Eindruck erweckten.

„Was sollte das? Weißt du wie schwer es ist auf deiner Schulter Halt zu finden ohne meine Krallen dabei zu verwenden?“

Das konnte doch nicht wahr sein. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sich jemand an ihn herangeschlichen und an der Schulter gepackt hatte. Erst jetzt wurde ihm bewusst, was er soeben gehört hatte. Das war bestimmt der Feuerfalke, den er in den letzten Wochen öfters gesehen hatte. Und er sprach tatsächlich, oder was es wirklich nur Einbildung? Erif begann an seiner Wahrnehmung zu zweifeln.

„Du…Du sprichst.“

Es war mehr eine Feststellung, denn eine Frage. Der Feuerfalke legte seinen Kopf schief.

„Ja, ganz richtig erkannt. Du glaubst sicher du bist verrückt, habe ich recht?“

Erif quittierte die Bemerkung über seinen Geisteszustand mit einem leichten Kopfnicken. Er war sich nicht sicher wie er sich verhalten sollte.

„Keine Sorge, du wirst nicht wahnsinnig. Aber ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, wie unhöflich von mir. Ich bin Drib, ein Feuerfalke wie du wohl siehst. Du bist Erif, richtig?“

Er sprach also mit einem Feuerfalken der einen Namen hatte und anscheinen verstand er auch die Sprache der Menschen. Sonst hätte er unmöglich seinen Namen wissen können.

„Ja, ich heiße Erif. Kannst du mir auch sagen wie es kommt, dass ich dich sprechen höre, wenn ich noch bei Verstand bin?“

Drib hatte ihn mit seinen Augen fixiert, allerdings schien es fast so als würde er in ihn hineinsehen. Erif fühlte sich dabei zwar etwas unwohl, hatte sich aber wieder gefasst.

„Das liegt an deiner Begegnung mit dem Phönix.“

Natürlich, das hatte sich Erif bereits gedacht. Seine Neugier war geweckt.

„Heißt das, nur ich kann euch hören? Dneirf schien euch jedenfalls nicht hören zu können.“

„Ach, du meinst bestimmt den Dummkopf der mich mit einem Stein abschießen und dann braten wollte. Nein, nur du kannst uns hören, niemand sonst. Wir aber können alle Menschen verstehen.“

Bei der Bemerkung über Dneirf hätte er um ein Haar zu Lachen begonnen. Er versuchte es mit einem Räuspern zu kaschieren.

„Wen genau meinst du mit Wir? Das Reh mit dem ich mich neulich im Wald unterhalten wollte, schien mich jedenfalls kein Bisschen zu verstehen.“

Drib stieß ein melodisches Trällern aus. Erif vermutete, dass es sich dabei wohl um ein Lachen handelte.

„Warum sollte dir ein Reh auch Widerwort geben. Rehe und der Großteil aller andern Tiere sind nicht intelligent genug um eine eigene Sprache zu entwickeln oder die der Menschen zu lernen. Sie können sich zwar untereinander verständigen, aber mit einer Sprache hat das wenig zu tun.

Es gibt wenige Geschöpfe, die so etwas können. Wir Feuerfalken gehören dazu. Allerdings können wir eure Sprache nur verstehen und nicht sprechen. Und soweit ich weiß kannst auch du unsere Sprache nur verstehen und nicht sprechen. Aber ich muss gestehen, dass ich auch nicht alles weiß.“

Erif nickte gedankenversunken. Während seiner Studienzeit in der Magierakademie in Cigam hatte er von ähnlichen Theorien über die Kommunikation zwischen Menschen und anderen Geschöpfen gehört. Leider hatte er das Thema damals als langweilig empfunden. Nun wünschte er sich, damals besser aufgepasst zu haben.

„Am Anfang, in der Scheune habe ich dich beim ersten Mal fast gar nicht verstanden. Warum?“

„Das liegt daran, dass deine Entwicklung noch nicht abgeschlossen war.“

Meine Entwicklung? Drib meinte bestimmt diese seltsame Krankheit. Bisher war Erif davon ausgegangen, dass es eine Nachwirkung des Angriffs durch den Phönix war. Eine Art Erholungsphase. Die Aussage Dribs ließ ihn daran zweifeln.

„Welche Entwicklung? Was ist mit mir passiert als mich der Phönix angegriffen hat?“

Der Feuerfalke sah Erif fragend an.

„Hat dir der Phönix darüber nichts gesagt?“

Erif schüttelte den Kopf.

„Tut mir leid, aber dann kann ich dir auch nichts darüber sagen.“

„Warum?“

„Weil es einen Grund gibt, weswegen der Phönix dir nicht mehr Informationen hinterlassen hat.“

Erif fühlte sich behandelt wie ein kleines Kind. Wieso wollten weder der Phönix damals, noch Drib jetzt ihm nichts sagen? Die Worte des Phönix aus seinem Traum hallten in seinem Kopf wieder.

Was von dir verlangt wird, musst du jedoch selbst herausfinden.

„Aber es wäre einfacher für mich zu erkennen, was ich tun soll wenn ich etwas mehr wüsste.“

„Es ist nicht der Wunsch des Phönix, sonst hätte er selbst dir mehr gesagt.“

Langsam wurde Erif ungeduldig. Unbeabsichtigt schlug sich das auch in seinem Tonfall nieder.

„Welche Verpflichtung habt ihr gegenüber dem Phönix? Warum ist sein Wort für euch wie ein Gesetz.“

Wenn der Blick eines Feuerfalken tadelnd sein konnte, dann sah ihn Drib jetzt genauso an.

„Wütend zu werden bringt dir überhaupt nichts, Erif. Ich will deine Frage aber trotzdem beantworten. Wir sind als Abbilder des Phönix geschaffen worden. Unsere Aufgabe ist es ihm und seinen Verbündeten zu dienen. Gäbe es den Phönix nicht, so hätten wir niemals existiert. Deswegen stellen wir uns auf die Seite des Phönix, weil es unsere Lebensaufgabe ist und weil seine Sache gerecht ist.“

Der schwache Zorn, den Erif zuvor noch verspürt hatte, verflog. Sein Gegenüber hatte Recht. Wütend zu sein brachte ihm überhaupt nichts, auch wenn er den Standpunkt des Feuerfalken nicht nachvollziehen konnte. Ihm fiel auf, dass er noch immer die gezogene Klinge in der Hand hielt. Schnell ließ er sie wieder in die Schwertscheide gleiten.

„Entschuldige, ich wollte nicht so harsch klingen. Kannst du mir sagen wo der Phönix sich momentan befindet? Vielleicht kann ich ihn dazu bewegen mir mehr zu sagen.“

Dribs Tonfall drückte Bedauern aus.

„Das darf ich dir leider auch nicht sagen. Du musst vorerst mit dem was du hast deinen Weg bestreiten.“

Ernüchterung machte sich in Erif breit. Zuerst hatte es so ausgesehen als ob Drib ihm alles sagen könnte was er wissen wollte. Doch nun lief er gegen eine Wand ohne Aussicht auf Durchlass.

Plötzlich hörte Erif das Geräusch von Hufen. Auch Drib hatte es vernommen, denn beide drehten ihren Kopf gleichzeitig in die Richtung aus der Erif gekommen war.

In der Ferne erkannte Erif in etwa zwei Dutzend Reiter. Sie waren bewaffnet und trugen Rüstung. Die meisten trugen Lederpanzer, aber auch Metall konnte er erkennen.

Das Herz rutschte Erif in die Hose. Räuber. Sie versuchten ihn mitten auf der Ebene zu stellen, wo er sich weder verstecken noch entkommen konnte.

Als er seinen Kopf wieder Drib zuwandte, war er verschwunden. Er konnte den Feuerfalken hoch am Himmel ausmachen.

„Ich denke du kriegst das alleine hin.“

Das war das Letzte, was er von dem Feuerfalken hörte, bevor er losrannte. Was sollte das? Die Banditen würden ihn umbringen sobald sie ihn erreichten. Jede Hilfe wäre ihm willkommen.

Der Wind blies ihm die Kapuze vom Kopf und entblößte ihn den schweren Regentropfen. Flüchtig blickte er über der Schulter. Die grimmigen Gestalten hielten direkt auf ihn zu und hatten ihn bald eingeholt. Sein Fuß rutschte im Schlamm aus und er fiel zu Boden. Geschickt wandelte er die Fallbewegung zu einer Rolle um und war schon wieder auf den Beinen um weiterzulaufen.

Einem inneren Gefühl folgend machte er einen Sprung zu Seite. Keinen Augenblick zu früh. Sirrend flog ein Pfeil an ihm vorbei und bohrte sich einen Steinwurf vor ihm in die Erde.

Erif lief schneller als er es je erwartet hätte. Seine Angst verlieh seinen Beinen Flügel, dennoch war es sinnlos. Die ersten Reiter hatten ihn erreicht und schlugen mit den Schwertern nach ihm. Blitzartig duckte er sich unter den Hieben hinweg. Ein Schwertstreich schnitt ihm den Umhang vom Körper. Seinen Kopf hatte er dafür behalten.

Die Räuber kreisten ihn mit ihren Pferden ein und bildeten einen Ring aus dem er nicht entfliehen konnte. Sie stellten ihre Angriffe ein. Einige Männer saßen ab und kamen mit gezogenen Waffen näher. Blitzartig erfasste Erif die Situation. Die Bogenschützen auf den Pferden hatten ihre Bögen gespannt und auf ihn angelegt. Er zählte vier von ihnen. Die abgesessenen Banditen trugen hauptsächlich Schwerter, einer hatte eine rostige Streitaxt bei sich. Er wusste zwar nicht woher, aber hinter ihm konnte er deutlich zwei weitere Männer spüren. Einer trug ein Schwert und der andere einen Morgenstern. Über der Gruppe lag ein leichter Hauch von Magie. Irgendjemand musste somit zur Zauberei fähig sein.

Erif wandte sich dem Streitaxtträger zu. Dies schien der Anführer sein. Der Bandit hatte einen verfilzten, ungepflegten Bart und lange strähnige Haare. Seine grünen Augen taxierten gierig den kleinen Beutel an Erifs Hüfte und das Schwert. Als der Kerl den Mund öffnete um zu reden, konnte Erif den Gestank von Branntwein riechen und das obwohl der Mann mindestens drei Schritte weiter weg stand.

„Aiai, was habt ihr denn für einen hübschen Beutel da am Gurt mein Herr? Da ist doch sicher zu viel Geld für einen Mann allein drinnen. Ihr müsst wissen ich und meine Männer sind bedürftig. Eine kleine Spende ist wohl nicht zu viel verlangt, oder?“

Die Räuber grölten. Erif hatte sich nicht getäuscht. Das war der Anführer. Er wusste nicht genau wie er darauf gekommen war, doch er hatte richtig gelegen. Trotzdem war es ein schwacher Trost, wenn man dabei bedachte, dass er vermutlich gleich sterben würde. Vielleicht gab es aber noch einen Ausweg.

„Ich denke ihr habt Recht. In meinem Beutel befinden sich ein paar Goldstücke. Die gebe ich euch freiwillig, wenn ihr dann wieder eurer Wege ziehen könnt. Was sagt ihr dazu?“

Die Nervosität, welche Erif verspürte, war nicht so schlimm wie er befürchtet hatte. Er war seltsam ruhig. Früher hätte es sicher Momente gegeben, in welchen er in solch einer Situation kein Wort hervorgebracht hätte.

Die Gesichtszüge des Banditenanführers nahmen einen Ausdruck der Überraschung an. Kurz schien er nicht zu wissen wie er reagieren sollte. Seinen Gefolgsleuten erging es nicht anders. Dann kehrte jedoch die Gier wieder auf sein Gesicht zurück.

„Aiai, was für ein freigiebiger Wohltäter. Ihr habt da auch ein hübsches Schwert. Das nehme ich auch besser mit, sonst schneidet ihr euch am Ende noch damit und das wollen wir doch nicht. Also, wie sieht‘s aus?“

Wieder grölten die Banditen. Wenn er dadurch den Kampf vermeiden konnte, würde er es tun. Mit mahlendem Unterkiefer gab er seine Antwort.

„Na gut, das Schwert könnt ihr auch haben. Kann ich dann weiterziehen?“

Der Anführer der Räuber leckte sich mit der Zunge über seine teilweise schwarzen Zähne. Erifs Zugeständnisse hatten die Habgier des Mannes angespornt.

„Wisst ihr, ich denke ich kann euch noch mehr Gutes tun, indem ich euch den Wert harter Arbeit erfahren lasse. Es gibt einige Leute, die für ein paar starke Arme große Summen zahlen würden. Ich werde euch da natürlich freiwillig helfen. Lasst Euch nur nicht beirren. Manche Unwissende werden euch als Sklave bezeichnen, aber lasst Euch da bloß nichts einreden.“

Jetzt war es klar. Hier kam Erif nicht ohne Kampf heraus. Ein Sklavendasein war schlimmer als der Tod. Das wusste er von einigen dieser Menschen mit denen er in seiner Zeit als Tagelöhner zusammengearbeitet hatte.

„Ihr irrt euch. Ich kenne den Wert harter Arbeit bereits. Dabei müsst ihr mir nicht helfen.“

Die Miene des Banditen vergrämte sich. Die anderen Räuber warteten gespannt darauf, Erifs Todesurteil aus dem Mund ihres Anführers zu hören.

„Was für ein ungehorsamer, junger Bursche. Nein, so aufmüpfig wie du bist, würdest du nicht zum Diener taugen. Das heißt du wirst wohl ins Gras beißen Bürschchen, schließlich wollen wir auch unseren Spaß haben. Verstehst du doch sicher. Los Leute, erledigen wir ihn.“

Ohne Vorwarnung griff der Banditenanführer an. Er schwang seine Axt und ließ sie mit einem vertikalen Hieb auf Erif herunterfahren. Erif wich flink zur Seite aus und verpasste dem Angreifen einen Handballenstoß zum Gesicht. Mit einem saftigen Knacken brach er ihm die Nase. Heulend ließ sein Gegner die Streitaxt aus und fuhr sich mit den Händen zum Gesicht.

Die nächste Attacke erwartete Erif von hinten. Mit einem bösartigen Lächeln auf den Lippen kam der Bandit mit dem Morgenstern auf ihn zu. Erif beförderte den Räuber mit einem Seitwärtstritt in den Unterleib auf seinen Allerwertesten. Ein Pfeil sauste knapp an Erifs Nase vorbei. Die Bogenschützen warteten nur auf eine Gelegenheit um ihn abzuschießen.

Sein nächster Gegner kam von rechts. Erif zog sein Schwert. Beide Hände am Schwert, parierte er die Klinge seines Angreifers und ging blitzschnell zum Gegenangriff über. Das war zu schnell für den Banditen. Mühelos schlug er dem Mann den Kopf von den Schultern.

Mit einem Satz nach vorne rammte er seine Klingen durch die Lederrüstung des nächsten Räubers. Den Sterbenden noch am Schwert wirbelte er herum und ging in Deckung. Zwei Pfeile bohrten sich in den Rücken seines menschlichen Schutzschildes. Ein weiterer zischte knapp daran vorbei. Mit der Hilfe seines Fußes befreite er seine Klinge von dem nunmehr Toten und sah sich sogleich zwei weiteren Angreifern gegenüber. Sofort griffen sie ihn mit ihren Schwertern an.

Tänzelnd wich er ihren Attacken aus und ging zum Gegenangriff über. Nach wenigen Herzschlägen fiel der Erste durch einen Stich in den Hals. Der Zweite griff mit einem horizontalen Hieb an. Schneller als er es sich zugetraut hätte, überbrückte Erif die Distanz zwischen ihnen und packte die Schwerthand seines Gegners. Mit dem Schwert in der anderen Hand durchtrennte er die Handgelenke des Banditen, bevor er den schreienden Mann mit einem Tritt von sich stieß.

Eine Rolle rettete ihn vor zwei Pfeilen. Hastig befreite er die zweite Klinge von den Händen seines Vorbesitzers und warf das Schwert auf einen der Bogenschützen. Die Waffe fraß sich bis zum Heft in die Brust des Schützen. Der Räuber starb noch im Sattel seines Pferdes.

Mittlerweile waren die übrigen Banditen, mit Ausnahme der verbliebenen Bogenschützen von ihren Pferden abgesprungen und hatten den Kreis um ihn wieder geschlossen. Sie zögerten. Dass einige ihrer Pferde wiehernd das Weite suchten, schien sie im Moment nicht zu stören.

Dann hörte Erif ein unheilverkündendes Singen. So schnell er konnte, ließ er sich auf den Boden fallen. Der Anführer hatte versucht ihn von hinten mit einem waagrechten Axtstreich zu töten. Der Angriff ging über sein Ziel hinaus und vergrub das Axtblatt in der Brust eines anderen Banditen. Blut spritzte aus der Brust des heulenden Mannes. Der Getroffene verdrehte die Augen und fiel tot zu Boden.

„Was ist los, worauf wartet ihr Schweinehunde. Macht ihn kalt. Bogenschützen, erschießt ihn.“

Aufgrund der gebrochenen Nase waren die Befehle des Banditenführers kaum mehr als unverständliches Genuschel, doch die Schützen taten wie ihnen geheißen. Erif rollte sich zur Seite und entging damit zwei der Pfeile. Doch als er aufstehen wollte warf sich der Anführer auf ihn und zog ihn auf die Beine. Der Banditenführer hatte Erifs Hände fixiert und richtete ihn mit der Brust zu seinen Leuten. Erschrocken bemerkte Erif, dass sein Schwert am Boden lag. Der dritte Bogenschütze legte an. Ruckartig stieß Erif den Kopf nach hinten und traf dabei die gebrochene Nase seines Peinigers. Aufheulend ließ er ihn los, aber die Zeit reichte nicht mehr um dem gefiederten Tod zu entkommen. Nur Magie konnte ihn jetzt noch retten.

So schnell er konnte sammelte Erif magische Energie in seiner rechten Hand. Er spürte die Kraft beinahe unverzüglich in seiner Handfläche. Ruckartig warf er den magischen Angriff dem Schützen entgegen. Es hätte eine durchsichtige, grüne Kugel sein sollen, welchen den Bogenschützen aus dem Sattel schleuderte. Stattdessen wurde der Mann von einem glühenden Feuerball getroffen. Das fauchende Feuer brannte sofort ein Loch in den Körper seines Ziels und verwandelte es in eine menschliche Fackel. Einen lautlosen Schrei auf den verkohlten Lippen und mit Entsetzten in den Augen glitt der Schütze aus dem Sattel. Der Bogen war mitsamt dem Pfeil zu Asche zerfallen. Laut wiehernd suchte das Pferd das Weite. Der Sattel des Tieres stand in lodernden Flammen.

Schockiert hielt Erif inne. Er hatte keine Ahnung von Feuermagie. Wie konnte er dann so mühelos einen Feuerball erschaffen. Die Banditen ließen ihm keine Gelegenheit sich weiter mit dem Vorfall auseinanderzusetzen.

„Er ist ein Magier. Greif ihn mit Zauberei an, na mach schon.“

Der Anführer der Räuberbande schrie einen Mann neben ihm an, der hastig damit begann seine Hände durch die Luft zu führen und eine der grünen, durchscheinenden Kugeln zu kreieren. Der Banditenanführer verlor die Geduld.

„Los, los, tötet ihn, tötet ihn!“

Angst schwang in der Stimme des Räubers mit.

Fast gleichzeitig sprangen alle mit ihren Waffen auf Erif zu, der Banditenmagier schoss sein Geschoss ab, begleitet von den Pfeilen der verbliebenen Bogenschützen. Vollkommen überfordert riss Erif die Hände nach oben und versuchte eine Barriere zu erschaffen, die ihn vor den tödlichen Angriffen bewahren sollte. Inständig hoffte er, dass er so sein Ende abwenden konnte. Doch wieder kam es anders als Erif es beabsichtigt hatte.

Unter lautem Tosen erschuf Erifs Magie einen Kranz aus Feuer. Zischend breitete sich die Feuersbrunst in alle Richtungen aus und verschlang sowohl Mensch als Tier. Die Todesschreie vermengten sich mit dem zornigen Knistern der Flammen. Erif traute seinen Augen nicht. Er nahm seine Hände herab und so plötzlich wie die Flammen erschienen waren, verschwanden sie auch wieder. Zurück blieben, Asche, glühendes, formloses Metall und verkohlter Boden, der bei jedem auftreffenden Regentropfen bedrohlich zischte.

Benommen richtete er den Blick zu Boden. Um seinen Körper war der Boden unversehrt geblieben, doch in einem breiten Kreis um ihn herum, war die Erde vollkommen ausgebrannt und schwarz. Sein Schwert lag noch im Inneren Kreis, direkt neben ihm.

Tausend Gedanken schossen Erif durch den Kopf. Er hatte schon wieder getötet, sowohl mit dem Schwert, als auch mit Zauberei und er hatte während des Kampfes keinen Gedanken daran verschwendet. Natürlich war es notwendig gewesen sich zu verteidigen, aber hätte er es nicht auch anders schaffen können? Eine leise Stimme in seinem Hinterkopf verurteilte ihn bereits als Schlächter. Er wollte keine Menschen töten und hatte auch niemals Gefallen daran gefunden. Und doch hatte er es schon wieder getan. Sein Gewissen nagte an ihm oder schien vielmehr ihn auffressen zu wollen.

Er bückte sich mit versteinerter Miene und hob sein Schwert auf. Dabei fiel sein Blick auf die Überreste seines Reiseumhanges. Nur ein kleiner Teil davon lag auf dem unberührten Boden. Der Rest war, wie auch seine Widersacher zu Asche verbrannt.

Trotzdem, dass er keinerlei Erfahrung im Umgang mit Feuermagie hatte, war es ihm mit Leichtigkeit möglich gewesen die tödlichen Flammen heraufzubeschwören. Dabei hatte er das nicht einmal beabsichtigt.

Als er sein Schwert an den Resten seines Reiseumhangs vom Blut reinigte und dann in der Scheide verstaute, drängte sich ihm eine weitere bohrende Frage auf. Soweit er sich erinnern konnte, war er nie überdurchschnittlich gut im Kampf gewesen. Es war vielmehr so gewesen, dass er in Übungskämpfen durch Unsicherheit und Zögern unzählige Male sein Leben verloren hatte. Demnach konnte er sich nicht erklären, wie er sich mit dem Schwert gegen die Räuberübermacht hatte behaupten können. Es war ihm sogar teilweise ziemlich leicht gefallen seine Gegner zu erledigen. Erledigen, das war auch nur ein schöneres Wort für töten.

Langsamen Schrittes machte er sich auf den Weg in die kleine Stadt, welche er in der Ferne erkennen konnte. Dabei vermied er es sich umzudrehen und einen weiter Blick auf den Kampfplatz zu werfen. Wenn er jetzt in einen Spiegel sehen müsste, würde ihm wahrscheinlich nicht gefallen, was er sah.

Gefangen in düsteren Gedanken und vom Regen durchnässt stapfte er unter grauen Wolken über die Ebenen.

Das Erwachen des Phoenix

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