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Die unerwünschte Eskorte

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Die Nacht war sternenklar. Das Licht des sichelförmigen Mondes erhellte mit seinem kühlen Schein das Land, auf welchem Evol und ihr Pferd voranpreschten. Sie hatten bereits ein gutes Stück Weg zurückgelegt seit dem Aufbruch von Tsorfs Schloss. Die Hügel lagen hinter Evol und sie würde jeden Moment die Grenze zum benachbarten Fürstentum Ruof überqueren.

Vereinzelt konnte sie im Mondlicht kleine Ansammlungen von Bäumen ausmachen. Es waren die Ausläufer des riesigen Waldgebietes von Ruof. Beinahe das gesamte Fürstentum war von einem urtümlichen Wald bedeckt, um den sich vielerlei Geschichten rankten. Selbst die Residenzstadt Eert soll vom Wald durchdrungen sein. Ihre diplomatischen Pflichten hatten sie bis jetzt noch nicht in diese Stadt verschlagen…schade, dass sie nicht in der Nähe ihrer Route lag.

Aber andere Dinge hatten Vorrang und außerdem waren die Wälder auch für Diebes- und Räuberbanden bekannt. Hier war es gefährlich zu rasten Besonders des Nachts. Es war unmöglich für den herrschenden Landesfürsten nur annähernd alle Verstecke, welche in dem Wald errichtet worden waren auszuheben. Einsame Reisende waren also auf sich allein gestellt.

Evol hatte vor, den östlichen Teil des Waldes auf geradem Wege zu durchqueren, wie sie es auch bei ihrem Ritt nach Tsorf getan hatte. Der Weg war einer der Hauptwege für Händler und Reisende, welche sich von Süden nach Norden und umgekehrt durch den Wald des Fürstentums bewegten. Dementsprechend gut gesichert und bewacht war die Straße. An den wichtigsten Stellen seines Fürstentums ließ der Landesfürst einige seiner Soldaten patroulieren um wenigstens ein gewisses Maß an Sicherheit gewährleisten zu können. Natürlich war auch ein sicherer Handel ein gewichtiges Anliegen.

Während Evol weiterhin in vollem Galopp über das Land flog, zogen Wolken auf und verdunkelten das Land zusehends. Sie machte sich darüber keine Gedanken. Schon bald würde der Morgen anbrechen. Mittlerweile konnte Evol die Strapazen ihrer Reise deutlich spüren. Nicht nur der ständige Schlafentzug machte ihr zu schaffen, auch mehrere Stellen ihres Körpers schmerzten furchtbar. Allein das Sitzen war schon eine Anstrengung für sich geworden. Sie wollte gar nicht daran denken wie sie aussehen mochte, mit ihren strähnigen, fetten Haaren und dem dreckigen Gewand. Ganz davon zu schweigen, dass sie ständig von dem aufdringlichen Geruch nach Pferd umgeben war.

Kurz drohten ihr die Augen zuzufallen. Mit einem energischen Kopfschütteln rüttelte sie sich wieder wach. Sobald sie die Lichtung erreicht hatte, auf welcher der Phönix erschienen war, würde die eigentliche Suche beginnen. Dann musste sie etwas langsamer vorgehen um den jungen Mann zu finden, was bedeutete, dass sie wieder etwas mehr schlafen konnte. Bis dorthin hieß es jedoch durchhalten solange es ging und die Pausen kurz zu halten.

Mit einem Ruck schreckte Evol in ihrem Sattel hoch. Ihr Pferd wurde langsamer und verfiel in leichten Trab. Angestrengt lauschte sie in die Nacht. Vielleicht hatte sie es sich nur eingebildet. Je weniger sie schlief, desto häufiger wurde sie von Halluzinationen heimgesucht. Dann hörte sie es wieder. Hufgetrappel. Mehrere Reiter näherten sich mit schnellem Tempo.

Evols Herz begann zu rasen. Mit hastigen Bewegungen dirigierte sie ihr Pferd zu einem kleinen Waldstück, das ein wenig abseits lag und stieg ab. Mit einer Ruhe die keineswegs ihren tatsächlichen Gefühlen entsprach, flüsterte Sie auf das Pferd ein, während sie es weiter in das Dickicht führte. Sie konnte ihren Herzschlag hören während sie zwischen den Bäumen in die Dunkelheit spähte. So schnell es ging, sammelte sie ihre magische Energie.

Schemenhaft erkannte sie vielleicht zwanzig Männer auf ihren Pferden. Sie trugen Rüstungen und Waffen. Evols Magen verkrampfte sich. Wenn das wieder diese schwarzen Soldaten waren, würde sie ihnen bei ihrer Entdeckung ohne zu Zögern ihre ganze magische Kraft entgegenwerfen. Jedenfalls hoffte sie das. Das letzte Mal war sie in einen Hinterhalt geraten, doch diesmal war sie besser vorbereitet. Im Geiste betete sie zu den Göttern es möge nicht soweit kommen. Sie verabscheute das Töten von Menschen. Wenn sie selbst jemanden umbringen würde, und wäre es auch nur um sich zu wehren, so wusste sie nicht ob sie später noch in einen Spiegel sehen könnte.

Die Männer hatten die Stelle erreicht an welcher Evol in den Wald abgebogen war und hielten an. Gespannt versuchte sie zu verstehen, worüber die Gerüsteten sich unterhielten.

„Das kann doch nicht wahr sein. Eben haben wir doch noch einen Reiter vor uns gehört. Jetzt ist er weg. Ich wette alles, dass sie es war. Wir hätten sie beinahe eingeholt.“

„Ich wäre vorsichtig mit dem Wetten. Schließlich schuldest du mir immer noch einen Monatssold, schon vergessen. Außerdem kann sie nicht weit sein, wenn das was wir gehört haben wirklich von ihrem Pferd stammte.“

Nun fühlte es sich so an als hätte Evols Herz vollends aufgehört zu schlagen. Diese Soldaten suchten nach ihr und mit ihrem Tempo hatte sie ihnen geräuschvoll klargemacht wo sie zu suchen hatten. Sie konnte nicht einmal davonreiten, da die Pferde der Soldaten schneller waren als ihres und das Gebiet rundherum eben und übersichtlich war. Hätte ich doch nur schon die Wälder von Rouf erreicht.

„Er hat recht.“

Ein hochgewachsener Mann mit befehlsgewohnter Stimme stieg aus seinem Sattel.

„Sie kann nicht weit sein.“

Der Mann, offensichtlich der Anführer der kleinen Gruppe, zog etwas aus seinem Sattel und kniete sich damit nieder. Evol hörte wie Steine aneinander geschlagen wurden. Einmal, zweimal, dann entzündete sich zischend eine Fackel und der Anführer verstaute seine Feuersteine wieder in seiner Satteltasche. Mit zusammengekniffenen Augen konnte Evol einen silbernen Brustharnisch und hellblaue Stoffe erkennen. Sie atmete auf. Die Soldaten waren Männer der königlichen Leibgarde von Tsorf. Nun erkannte sie auch den Anführer wieder. Es war Redael, der Befehlshaber der königlichen Leibgarde. Mit seinem etwas längeren, gewellten, roten Haar, dem gestutzten Schnauzbart und den durchdringenden dunkelblauen Augen hinterließ er bei allen Leuten die ihn kennenlernten einen bleibenden Eindruck. Seine markanten Gesichtszüge taten ihr übriges dazu. Sie hätte ihm eigentlich schon an der Stimme erkennen sollen.

„Redael, sollten wir nicht ausschwärmen?“

Einer der Soldaten außerhalb des Feuerscheins schien ungeduldig zu werden.

„Nein, wir wissen ja nicht mal wohin. Wenn wir eine Fehler machen, könnte sie sich leichter davonstehlen, wenn wir uns jetzt auflösen. Ihr wisst ja, dass sie Eskorten nicht leiden kann.“

Unter den Männern breitete sich betretenes Schweigen aus. Redael sucht in der Zwischenzeit mit der Fackel in der Hand den Boden ab.

In ihrem Versteck begann Evol auf ihrer Unterlippe zu kauen. Der König hatte ihr also eine Eskorte nachschicken lassen. Er musste die Nachricht erhalten haben. Das war zwar gut, aber mit der Eskorte konnte sie trotzdem nichts anfangen. Wenn sie in Begleitung reiste, war sie um einiges langsamer. Nebenbei fühlte sie sich keineswegs wohl wenn sie behandelt wurde, als wäre sie aus Glas und das war bis jetzt immer so gewesen, wenn sie eine Eskorte hatte nehmen müssen.

Sie hoffte inständig, dass die Männer sie nicht fanden. Dann würden Sie irgendwann nach Tsorf zurückkehren müssen und sie könnte weiter in ihrem Tempo weiterreiten.

Diese Hoffnung wurde mit einem Schlag zunichte gemacht.

„Ich habe Hufspuren gefunden. Sie beginnen hier…“

Redael ging in gebückter Haltung und der Fackel nahe am Boden bis zu der Stelle, an welcher Evol in Richtung Wald gegangen war. Ihr Herzschlag wurde wieder schneller.

„…und gehen hier weiter.“

Immer noch in gebückter Haltung kam Redael auf den Wald zu und näherte sich Schritt für Schritt dem Ort wo sie stand. Schnell versuchte Evol ihre Möglichkeiten abzuwägen. Sie könnte weiter in den Wald gehen und auf der anderen Seite wieder wegreiten. Nein, man würde sie bald entdecken, außerdem reichte es auf einen Ast zu steigen um mit dem Knacken ihren Standort preiszugeben. Vielleicht würde Illusionsmagie helfen. Würde es sicher, leider kannte Evol sich im kreieren von Illusionen nicht einmal ein Bisschen aus.

Mit einem tiefen Seufzer ging sie Redael entgegen. Es gab wohl doch keinen Ausweg aus dieser Situation.

Sowie sie das kleine Wäldchen verlassen hatte, befand sie sich im Schein der Fackel. Mit einem Ruck richtete Redael sich auf und bedeutete seinen Männern abzusteigen. Innerhalb weniger Augenblicke standen die sieben Soldaten mit gesenktem Haupt vor ihr. Befehlshaber Redael, immer noch mit der Fackel in der Hand, trat einen Schritt nach vorne.

„Seine Majestät, der König von Tsorf, schickt uns um Euch zu eskortieren, wohin Ihr auch gehen mögt. Euer Schutz ist unsere Aufgabe und wenn nötig werden wir mit unserem Leben dafür einstehen.“

Evol presste Ihre Lippen zu dünnen Linien zusammen. Es gefiel ihr auch nicht wenn andere für sie ihr Leben gaben. Es war zwar noch nie der Fall gewesen, dass jemand für sie gestorben war, aber wenn es so wäre, hätte sie dann nicht schuld an seinem Tod?

„Danke, Redael. Ich wollte euch die Arbeit nicht unnötig schwer machen, aber ich habe nicht viel Zeit um mein Ziel zu erreichen und allein wäre ich schneller.“

Erneut erhob Redael das Wort.

„Wir werden euren Auftrag so wenig wie möglich behindern.“

Evol schwang sich niedergeschlagen in ihren Sattel. Der Nachthimmel war bereits vollständig von einer Wolkendecke verhüllt. Es begannen erste Regentropfen zu fallen.

„Gut, dann reiten wir weiter, unser Ziel liegt im Norden des Fürstentums Owt.“

Redael hob mit einem bedauernden Ausdruck im Gesicht den Kopf.

„Es tut mir leid, aber unsere Pferde haben ihr Letztes gegeben um Euch einzuholen. Mehr als ein leichter Trab ist nicht mehr möglich.“

Er betrachtete sie eingehender.

„Nebenbei wäre es wohl auch für Euch wichtig sich eine kurze Ruhepause zu gönnen.“

Ein tiefer Seufzer entrang sich Evols Lippen. Sie hatte es gewusst.

Das Erwachen des Phoenix

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