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Ein Wanderer der Nacht

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Erif wachte auf. Etwas hatte ihn geweckt. Sein Magen knurrte deutlich hörbar. Ja, dieses Geräusch hatte ihn geweckt, das und der Hunger. Erif kannte den Hunger nur zu gut. Er war ihm die letzten Monate ein ständiger Begleiter gewesen. Im Grunde hatte Erif sich schon an das ständige Hungergefühl gewöhnt, doch die letzten paar Tage war es besonders stark gewesen. Lange würde er das wohl nicht mehr aushalten.

Er richtete sich auf und blickte in den Himmel. Es war eine klare Nacht. Die Sterne funkelten besonders hell in dieser Nacht. Ihr kühler Glanz wurde nur vom weiß leuchtenden Vollmond überboten. Erif besah sich seiner Umgebung genauer. Er saß unter einer großen Weide im Graß. Der Baum stand mitten auf freiem Feld. Das nächste Waldstück lag mehrere Wegminuten entfernt, war aber aufgrund des Vollmondlichts gut erkennbar. Ursprünglich hatte er dort sein Lager aufschlagen wollen, doch am Abend war ihm jeder einzelne Schritt wie eine Qual erschienen.

Erif blickte nach Süden, von wo er gekommen war. Leise konnte er das sanfte Plätschern des Revir hören. Den seichten Fluss hatte Erif am Tage überquert. Bisher hatte er sich immer in dessen Nähe gehalten um wenigstens nicht an Durst leiden zu müssen. Doch da der Hunger die letzten Tage übermächtig zu werden schien, hatte er kurzerhand beschlossen den nahe gelegenen Wald aufzusuchen um sein Jagdglück auf die Probe zu stellen. Recht viele andere Möglichkeiten hatte er schließlich nicht mehr, wenn er überleben wollte, denn die nächste Stadt lag mehrere Tage entfernt. Er sollte wenigstens in der Lage sein ein paar Beeren oder Pilze zu finden.

Erif legte sich wieder in das kühle Gras und versuchte weiter zu schlafen. Doch kaum hatte er die Augen geschlossen, so meldete sich sogleich sein Magen wieder. Nein, er konnte nicht mehr schlafen. Wieder richtete er sich auf und ließ seinen Blick über die vom blassen Mondlicht erleuchtete Landschaft schweifen.

Plötzlich bemerkte er ein flackerndes Licht zwischen den Bäumen des Waldes. Ein Lagerfeuer. Irgendjemand musste sich dort für die Nacht niedergelassen haben.

Erif zögerte kurz, entschloss sich aber dann das Lagerfeuer aufzusuchen. Schlafen konnte er ohnehin nicht mehr und zu verlieren hatte er nichts. Selbst wenn er auf eine der berüchtigten Räuberbanden treffen würde, könnte die Situation nicht mehr sehr viel schlimmer werden, denn wenn er nicht bald etwas zu Essen fand, würde er auch nicht mehr sehr viel länger am Leben sein. Und wo es Lagerfeuer gab, gab es meist auch etwas Essbares.

Den Blick noch immer auf das flackernde Licht gerichtet, tastete er mit seiner Hand im Gras nach seinen Sachen. Nach wenigen Augenblicken hatte seine Hand gefunden wonach sie suchte. Erif hielt den Gürtel gegen den Mond. Es war ein lederner Waffengurt an dem sich ein Schwert samt Scheide und ein kleiner Lederbeutel zur Aufbewahrung von Geld befanden. Letzterer war schon seit zwei Monate leer, eine leere Zierde des Gürtels. Erif hatte überlegt ihn einfach wegzuwerfen, da er nun vollkommen nutzlos war und geldgierige Wegelagerer im schlimmsten Falle noch zu einem Überfall verleiten konnte. Dennoch hatte er den Lederbeutel behalten. Er schüttelte den Kopf. Es war komisch, aber je weniger man hatte, desto mehr schätzte man seinen Besitz und wenn er noch so nutzlos war.

Erif legte sich den Gurt an und zurrte ihn fest. Seine rechte Hand umschloss den Griff des Schwertes und zog es mit einem singenden Geräusch aus der Scheide. Er betrachtete die geschliffene Klinge. Das Schwert war etwas weniger als drei Ellen lang und Maß an seiner breitesten Stelle nahe dem Heft drei Daumenbreit. Von dieser Stelle aus verlief die zweischneidige Klinge gerade und verjüngte sich am Ende zu einer tödlichen Spitze. Die Parierstange des Schwertes war schmucklos, bot jedoch genug Schutz um die Finger zu schützen.

Als Erif das Schwert im Mondlicht drehte, konnte er kleine dunkle Flecken auf dem Metall erkennen. Rost. Kein Wunder, schließlich war es schon eine Weile her, dass das Schwert mit Waffenöl behandelt worden war. Obendrein war das Metall von niedriger Qualität, dafür hatte es bei seinem Kauf wenig gekostet, so hatte man ihm jedenfalls gesagt. Er verzog die Meine und schob unliebsame Erinnerungen zur Seite.

Langsam schloss Erif die Augen und schöpfte in seinem Inneren nach Kraft. Nachdem er mit seinem Geist die Energie erfasst hatte, leitete er sie durch seine Hände in die Waffe. Er öffnete währenddessen die Augen und starrte auf die Klinge. Langsam bildeten sich die dunklen Rostflecken zurück, bis sie schließlich vollends verschwunden waren. Mit einem kaum merkbaren Lächeln ließ er den Energiefluss wieder zur Ruhe kommen und schlussendlich versiegen.

Plötzlich wurde ihm schwarz vor Augen und seine Beine gaben nach. Seine Hände ließen das Schwert fallen und griffen hastig nach dem Stamm der Weide. Sie fanden Halt. Keuchend lehnte Erif sich gegen die raue Rinde.

Nach einigen Augenblicken konnte er seine Umgebung wieder normal wahrnehmen. „Ist der Körper schwach, so ist es auch der Geist“. Ja, das hatte er früher oft gehört, jedoch nie richtig verstanden. Nun konnte er nur zu gut nachvollziehen, was damit gemeint war.

Vorsichtig löste er sich wieder vom Stamm der Weide. Leichter Schwindel machte ihm zu schaffen. Dies lag aber nicht mehr an der magischen Erschöpfung sondern an schlichter Unterernährung. Erif bückte sich und hob das Schwert auf. Nachdem er es noch einmal eingehend inspiziert hatte, ließ er es zurück in die Scheide gleiten. Die Waffe war wieder in beinahe einwandfreiem Zustand. Zwar bedürfte der Rest seiner Kleidung auch einiger Zuwendung, aber dafür reichte seine magische Energie nicht mehr aus. Das Schwert hatte Priorität, denn es war wichtig um sein Leben im Notfall verteidigen zu können. Selbst wenn es gegen den Hungertod nur wenig auszurichten vermochte.

Erif wandte sich dem Waldstück zu und suchte zwischen den Bäumen nach dem kleinen, flackernden Licht. Als er es wieder ausfindig gemacht hatte, setzte er sich in Bewegung. Die ersten Schritte waren noch schwankend, nach einigen Metern hatte er jedoch einen sicheren Gang. Sanfter Wind wehte ihm entgegen. Erif bewegte sich in gerader Linie auf das verheißungsvolle Leuchten zu. Mit jedem Schritt kam der vom blassen Vollmondlicht erhellte Waldrand näher. Zugleich stieg Beklommenheit in ihm auf. Er hasste es zu betteln, hatte aber leider keine andere Wahl.

Das Erwachen des Phoenix

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