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5. Der Gipfel: Zur Biblizität der Liturgie

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Der liturgische Gebrauch der Altarbibel bezeichnet den Anspruch auf Biblizität der gesamten Liturgie. Dieser Anspruch wird zunächst eingelöst durch die zahlreichen Zitate, Anspielungen und Variationen innerhalb der Gebete und Lieder ebenso wie im begründenden Bezug der Sakramente auf ihre biblischen Stiftungen und des gesamten Gottesdienstfeierns auf die Verheißung der zuverlässigen Gegenwart des Einen Gottes durch Christus im Heiligen Geist.

Zitate, Anspielungen, Variationen und Begründungen sind allerdings nur erkennbar und überprüfbar, wenn biblische Texte gelesen und ausgelegt werden. Deren anamnetische und kerygmatische Funktion bilden, allerdings in einem umfassenden Sinn, den kriterialen Kern der liturgischen Biblizität.

Anamnetisch nenne ich jetzt:

a)im materialen Verständnis die Erinnerung an die Texte in ihren Kontexten, um dadurch den fragmentarisierten Gebrauch der Bibel, z. B. in Introitus, liturgischen Formeln oder auch Einsetzungsworten, zu ergänzen und verständlich werden zu lassen;

b)im formalen Bezug die Erinnerung an die Vielfalt biblischer Themen, Gattungen und Sprechakte, um dadurch eine neue Vielfalt liturgischen Redens und Handelns zu gewinnen;

c)im prinzipiellen Bereich die Erinnerung an die grundlegenden Axiome und Basismotive, also an Geist und Buchstaben der Bibel, um dadurch die Fundamente der Liturgie kritisch und konstruktiv bestimmen zu können.

Kerygmatisch nenne ich jetzt:

a)prinzipiell die Kenntnis der christlichen Grammatik, gewonnen aus dem Studium der Bibel als Quellenbuch und präzisiert an der Auseinandersetzung mit der Bibel als Bekenntnisbuch, um dadurch theologisch sachgerecht und reflektiert zu interpretieren;

b)formal die Kenntnis der biblischen Texte, Themen und Grundmotive, um dadurch homiletisch substantiell und im guten Sinne erbaulich zu predigen;

c)material das Wissen um die innere Vielfalt der biblischen Sprache, um dadurch kreativ und pastoral angemessen zu reden.

Die Bibel ist – um zum Abschluß ein Bild Umberto Ecos variierend aufzugreifen40 – wie ein Text, der in einer Flasche auf Reisen geschickt wurde: Sie macht sich selbständig, wurde nicht für einen einzigen Empfänger hervorgebracht, sondern für eine Gemeinschaft, die durch die Zeiten die Intentionen des Werks vielfältig deutet und zu verstehen sucht. In jeder Liturgie wird die Flaschenpost neu geöffnet. Das Besondere ist hier, daß die Bibel dabei sowohl »interpretiert« als auch »benutzt« wird.41 Interpretation wie Benutzung sind jedoch aufeinander angewiesen, ergänzen und korrigieren sich.

Lag die Stärke der protestantischen Tradition über lange Zeit in der kritischen Interpretation, die des Katholizismus in der Benutzung, so wird es in der Gegenwart für beide darauf ankommen, daß sie die Biblizität der Liturgie in Interpretation wie Benutzung, kerygmatisch wie anamnetisch zu entdecken, zu verstehen und zu gebrauchen wissen.

Gottes Menschenfreundlichkeit und das Fest des Lebens

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