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4. Ausbildungs- oder Arbeitsstelle (Nr. 3)

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Die Weisung, eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen (Nr. 3) wurde durch das 1. JGGÄndG neu gefasst und mit dem Begriff „Ausbildungsstelle“ dem Sprachgebrauch des Berufsbildungsgesetzes angepasst (Begr. Art. 1 Nr. 1, BT-Drucks. 11/5829, S. 15). Eine sachliche Änderung hat sich damit nicht ergeben. § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ist eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für eine Einschränkung der Berufsausübung (in diesem Sinne BVerfG NStZ 1982, 67 ff. = StV 1982, 67 ff. = NJW 1982, 323 ff.). Sie ist in der Form zulässig, dass die Annahme einer regelmäßigen, den Fähigkeiten des Täters entsprechenden, mit festen Einkünften verbundenen Tätigkeit angeordnet wird. Dagegen darf der Täter nicht zu der Aufnahme einer bestimmten beruflichen Tätigkeit angewiesen werden (Art. 12 GG; Schönke/Schröder-Kinzig § 56c Rn. 8). Zulässig ist insbesondere auch die Weisung, eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufzunehmen (LG Würzburg NJW 1983, 463 f., bestätigt durch BVerfG NJW 1983, 442; OLG Hamm MDR 1985, 692 = NStZ 1985, 310 ff.; BVerfG NStZ 1981, 21 f.), weil sie auch insofern erzieherisch wirkt, als der Betroffene zu sozialem Verhalten innerhalb der staatlichen Sozialgemeinschaft angehalten wird (LG Würzburg NJW 1983, 463 f.). Zulässig, wenn auch in der Regel allenfalls bei Heranwachsenden in Betracht kommend, ist auch die Anordnung, eine Tätigkeit aufzunehmen, um die nach § 170 StGB strafbewehrten Unterhaltspflichten erfüllen zu können (OLG Bremen NJW 1955, 1606 f.; OLG Celle NdsRpfl. 1957, 136).

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Dagegen ist es unzulässig, den Betroffenen anzuweisen, eine bisher ausgeübte Arbeit oder Lehrstelle aufzugeben (Ostendorf § 10 Rn. 11). Dies ist eindeutig gesetzwidrig, denn § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ermächtigt den Richter nur zu Anordnungen, die darauf gerichtet sind, eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen. Auch die Weisung, eine bestimmte Arbeits- oder Ausbildungsstelle beizubehalten, ist unzulässig (Eisenberg § 10 Rn. 19). Die Rechtsprechung des BVerfG (NStZ 1981, 21 f.), wonach eine Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht bei Erwachsenen (§ 68 f. StGB), einer vom Bewährungshelfer gebilligten, grundsätzlich versicherungspflichtigen Arbeit nachzugehen und Arbeits- oder Ausbildungsstelle nur mit vorheriger Zustimmung des Bewährungshelfers zu wechseln, verfassungsgemäß ist, weil sie die Freiheit der Berufswahl nur insoweit einschränkt, als der Betroffene eben nur einer von seinem Bewährungshelfer gebilligten, grundsätzlich versicherungspflichtigen Arbeit nachgehen konnte, andererseits aber das Interesse der Allgemeinheit an der Resozialisierung des Straftäters, insbesondere daran zu vermeiden, dass er künftig weitere schwerwiegende Straftaten begeht, ein überragendes Gemeinschaftsgut darstellt, das gesetzliche Einschränkungen des Grundrechts eines Straftäters auf freie Berufswahl im Rahmen strikter Verhältnismäßigkeit zu rechtfertigen vermag (BVerfG NStZ 1981, 22), ist auf Weisungen nach § 10 nicht übertragbar. Denn anders als in dem entscheidungsgegenständlichen, für schwerwiegende Straftaten konzipierten § 68b Abs. 2 StGB hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 mit Rücksicht auf die in der Regel noch ungefestigten beruflichen Vorstellungen Jugendlicher und Heranwachsender von den im Hinblick auf Arbeits- und Ausbildungsstelle denkbaren Geboten nur bestimmt, diese zur Annahme irgendeiner Stelle anzuweisen. Für derartige Weisungen besteht aber wegen ihres intensiven Bezugs zur Berufswahl (Art. 12 GG) auch im Strafrecht ein strikter Gesetzesvorbehalt (BVerfG StV 1982, 67; NStZ 1985, 275). § 10 enthält nach dem Gesagten keine im Sinne von Art. 12 GG ausreichende Rechtsgrundlage für Anordnungen, eine bestimmte Stelle aufzugeben oder beizubehalten; derartige Weisungen sind somit weder gesetzesmäßig, noch im Sinne des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) vorhersehbar.

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