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6. Betreuung (Nr. 5)

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Die früher lediglich in den RiJGG zu § 10 (Nr. 3) enthaltene, durch das 1. JGGÄndG in den Katalog des § 10 Abs. 1 S. 3 eingeführte Weisung, sich der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person (Betreuungshelfer) zu unterstellen (Nr. 5), ermöglicht eine zeitlich begrenzte individuelle Betreuung, die in der Hilfe bei Familien-, Schul-, Berufs- und Wohnungsproblemen bestehen kann (Begr. BT-Drucks. 11/5829, S. 11, 16). Sie kommt vor allem bei wiederholter Begehung leichter bis mittelschwerer Delikte in Betracht und zwar auch bei Heranwachsenden, bei denen die Anordnung der Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung ausscheidet (§ 105 Abs. 1; § 7 Abs. 1 Nr. 2, §§ 27, 30 SGB VIII), solange sie in ihrer Auswirkung nicht zur Umgehung dieser Vorschriften führt. Wegen ihres vergleichsweise hohen Eingriffsgehalts scheidet die Weisung nach Nr. 5 bei Bagatellfällen aus (Böttcher/Weber NStZ 1990, 564). Hinsichtlich der Dauer der Unterstellung zur Betreuung sollen mit sechs bis zwölf Monaten in der Praxis gute Erfahrungen gemacht worden sein (vgl. etwa Pfeiffer Kriminalprävention, S. 207 ff.). Zu Erfahrungen mit der Betreuungsweisung vgl. etwa Schaar Zbl 1987, 18; Adam Neue Entwicklungen bei „klassischen“ Weisungen, in: Neue ambulante Maßnahmen nach dem JGG, 1986, S. 93; BMJ Jugendstrafrechtsreform, 1989 (verschiedene Verfasser). Nach § 11 Abs. 1 S. 2 soll die Unterstelldauer ein Jahr nicht überschreiten, kann aber in Ausnahmefällen gemäß § 11 Abs. 2 verlängert werden (s. § 11 Rn. 3).

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Anders als mit dem in § 24 Abs. 1 S. 1 verwendeten Begriff der „Leitung“ wird mit dem Begriff der Betreuung der helfende und fördernde Gesichtspunkt akzentuiert, ohne dass jedoch auf das Element der Aufsicht verzichtet wird. Damit ist sichergestellt, dass der Jugendliche einerseits eine regelnde Hilfe bei seiner Lebensführung erfährt, ihm aber andererseits der notwendige Freiraum erhalten bleibt, der für seine Entwicklung zur Selbstständigkeit erforderlich ist. Da mit der Anordnung der Betreuungsweisung auf die Lebensführung des Jugendlichen eingewirkt werden soll mit dem Ziel, seine Erziehung zu fördern und zu sichern (§ 10 Abs. 1 S. 1), ist der Betreuungshelfer ebenso wie die Jugendgerichtshilfe gemäß § 38 Abs. 2 S. 5 befugt, die Lebensführung des Jugendlichen zu überwachen, da nur auf diese Weise der Erfolg der Weisung zuverlässig beurteilt und über eine etwaige Aufhebung oder Veränderung der Weisung (§ 11 Abs. 2) entschieden werden kann (Begr., BT-Drucks. 11/5829, S. 11, 16).

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Die Vorschrift der Nr. 5, den Jugendlichen der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person zu unterstellen, schließt eine Behörde mit gegebenenfalls wechselnden Sachbearbeitern als Betreuungshelfer aus. Als solcher kommt damit nur eine natürliche Person in Betracht (Begr., BT-Drucks. 11/5829, S. 16). Dass die Person des Betreuungshelfers, zu der sich die Jugendgerichtshilfe äußern soll (§ 38 Abs. 3 S. 3), bereits im Urteil bzw. Beschluss genau feststeht oder gar namentlich benannt ist, ist nicht erforderlich, zumal sich möglicherweise nicht immer schon in der Hauptverhandlung in angemessener Zeit endgültig klären lässt, wer das Amt des Betreuungshelfers übernehmen wird. In solchen Fällen ist es daher zulässig, die Weisung im Urteil dahingehend zu fassen, dass der Jugendliche der Betreuung und Aufsicht einer von der Jugendgerichtshilfe zu benennenden geeigneten Persönlichkeit unterstellt wird (Begr., BT-Drucks. 11/5829, S. 16). Sofern der Richter keine andere Person bestimmt, wird die Betreuungshilfe von einem Vertreter der Jugendgerichtshilfe ausgeübt (§ 38 Abs. 2 S. 7).

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Zu den Befugnissen und Aufgaben des Betreuungshelfers sowie zu der Anhörungspflicht s. § 48 Abs. 2, § 50 Abs. 4, § 65 Abs. 1 S. 2. Bei der Einstellung des Verfahrens nach § 45 Abs. 3 ist die Betreuungsweisung ausgeschlossen (§ 45 Abs. 3 S. 1). Als Weisung für die Bewährungszeit kommt sie wegen des Vorrangs des Bewährungshelfers nicht in Betracht (Böttcher/Weber NStZ 1990, 564).

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Die Anordnung gem. Nr. 5 darf nicht zu einer Delegation des Weisungsrechtes des Richters führen (s.o. Rn. 14). Die allgemeine Weisung, den Ratschlägen und Anordnungen eines bestimmten Betreuungshelfers zu folgen, wäre daher unrechtmäßig (Schaffstein/Beulke/Swoboda Rn. 343; Albrecht Jugendstrafrecht, S. 177). In solchen Fällen sind in der Entscheidung mindestens die einzelnen Bereiche (Arbeitssuche, Wohnungssuche und dergl.) genau zu bestimmen.

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Ungehorsamsarrest (§ 11 Abs. 3) ist, wenn sich der Betroffene den Ratschlägen und Anordnungen des Betreuungshelfers widersetzt, nur dann rechtmäßig, wenn er sich der Betreuung und Aufsicht völlig entzieht. Denn die Ungehorsamsfolge des § 11 Abs. 3 ist nur auf richterliche Weisungen, die hier in der Unterstellung unter den Betreuungshelfer zu sehen ist, bezogen. Kommt der Betroffene den Ratschlägen und Anordnungen des Betreuungshelfers nur unzureichend oder schleppend nach, ohne sich dessen Aufsicht und Leitung völlig zu entziehen, kann dies nur dann mit Ungehorsamsarrest belegt werden, wenn der Richter nach rechtlicher Prüfung der einzelnen nicht befolgten Anordnungen gem. § 10 den Betroffenen mit entsprechender Belehrung gemäß § 11 Abs. 3 zu dem von dem Betreuungshelfer angeordneten Verhalten angewiesen hat und der Jugendliche dieser Weisung im Sinne von § 11 Abs. 3 nicht nachkommt.

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