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Bandenow

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Bandenow ist ein Dorf mit ungefähr 480 Einwohnern im südlichen Brandenburg. In der Mitte des Dorfes, an einer der Nebenstraßen, befindet sich hinter einem kleinen Teich der frühere Adelssitz. In diesem größten Gebäude des Dorfes, das die Dorfbewohner »Schloss« nennen, wohnt heute Leopold von Hohenstein jr. mit seiner Familie. Er selbst bezeichnet sein Wohnhaus als »Gutshaus«. Hinter ihm erstrecken sich ein Park und einige Wirtschaftsgebäude seines landwirtschaftlichen Betriebes. In der Nähe, an der Dorfstraße, gibt es ein weiteres kleineres Gutshaus, in dem Leopold von Hohenstein jr. gemeinsam mit seiner Frau ein Hotel betreibt. Seine Eltern leben ebenfalls in Bandenow in einer Villa, die bis 1945 der Familie von Hohenstein gehört hatte und die sie wieder zurückgekauft haben. Zum früheren Gut gehören auch die Kirche und die Grabstelle der Adelsfamilie auf dem Friedhof, der sich am Dorfausgang befindet. Bandenow ist ein Dorf mit einer guten, attraktiven Infrastruktur. Es gibt Einkaufsläden, ein Restaurant im Gutshaus-Hotel, einen Kindergarten, jedoch keine Schule. Der Sportverein des Dorfes hat eine eigene Sporthalle und einen Sportplatz. Außerdem besteht es eine Freiwillige Feuerwehr.




Interviewen konnte ich in Bandenow den Ortsbürgermeister Manfred Lössner (*1946), die Rentnerin Barbara Schönpflug (*1946), die in den 1970er und 1980er Jahren die Gräber der Adelsfamilie pflegte, Susanne Beierlein (*1958), eine Mitarbeiterin im Saatzuchtbetrieb, sowie Hartmut Bauer (*1935), einen Halbbruder von Leopold von Hohenstein sr., sowie dessen Frau Hanna (*1937). Über ihr Leben und den Neuanfang in Bandenow sprachen mit mir außerdem Leopold von Hohenstein jr. (*1969), sein Vater Leopold von Hohenstein sr. (*1940) und seine Mutter Dorothea (*1944).[73] Die Erzählungen der Adelsfamilie reichen von der Gegenwart aus gesehen ungefähr 130 Jahre zurück. Ergänzend dazu sind im Familienarchiv Unterlagen zur Familiengeschichte, wie Chroniken und Briefe, überliefert. Bei den Menschen aus dem Dorf reichen die Erzählungen von Hartmut Bauer am weitesten zurück, ungefähr bis ins Jahr 1900. Sie umfassen damit einen fast ebenso langen Zeitraum wie die Erzählungen der Adelsfamilie. Als unehelicher Sohn spricht er ähnlich ausführlich wie die Adelsfamilie über die eigene Familiengeschichte, allerdings mit einer doppelten Zugehörigkeit zu den Handwerkstraditionen seiner Familie mütterlicherseits und zum Adel väterlicherseits. Die Erzählungen der anderen Dorfbewohner umfassen neben der eigenen Lebensgeschichte auch die Dorfgeschichte der vergangenen rund 100 Jahre. Alle Bandenower identifizieren sich mit der landwirtschaftlich geprägten lokalen Tradition des Dorfes, denn der adlige Gutsbetrieb wurde in der DDR als volkseigenes Gut (VEG) weitergeführt, und es wurde auch offiziell an die Adelsgeschichte angeknüpft. Darum soll es in den folgenden Kapiteln, in denen das Dorf im Mittelpunkt steht, ausführlicher gehen. Die Überlieferungslage für Bandenow ist ausgesprochen gut. Im Unterschied zu Siebeneichen gibt es ein Gemeindearchiv mit einem umfangreichen Aktenbestand zum Dorf und zum VEG Saatzucht in der DDR, das im Kreisarchiv II überliefert ist.[74]

Es war unproblematisch, Zeitzeugen aus dem Dorf zu finden. Bandenow ist eine große Ortschaft: Im Unterschied zu Siebeneichen ist die Adelsfamilie heute nicht der einzige Arbeitgeber. Alle Befragten redeten aus einer Position der Unabhängigkeit über die Familie von Hohenstein.

Alter Adel - neues Land?

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