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2. Sonstige Masseverbindlichkeiten

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Sonstige Masseverbindlichkeiten entstehen durch Handlungen des Insolvenzverwalters nach (!) der Eröffnung des Verfahrens. Hauptsächlich werden sie im Rahmen von Rechtsgeschäften begründet, die der Verwalter bei der Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse eingeht (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Beispielsweise zählen dazu die Steuern, die nach der Eröffnung anfallen (Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer etc.).[3] Zudem entstehen auch dann Masseverbindlichkeiten, wenn der Verwalter in gegenseitige Verträge eintritt (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Hierzu gehören die Lohnansprüche der nach Eröffnung weiterbeschäftigten Mitarbeiter oder der Mietzins für ein nach Eröffnung genutztes Grundstück.[4] Grund für die Sonderstellung der Massegläubiger ist, dass andernfalls niemand mit einem Insolvenzverwalter Geschäfte machen würde, wenn er wüsste, dass er nur eine Quote bekommt.[5] Eine Betriebsfortführung (Sanierung) wäre damit von vornherein zum Scheitern verurteilt. Verbindlichkeiten aus ungerechtfertigter Bereicherung der Masse sind ebenfalls Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Hat der Insolvenzverwalter beispielsweise Platinen verarbeitet, an denen ein Aussonderungsrecht besteht, ist die Masse ungerechtfertigt bereichert. Masseverbindlichkeiten sind auch Forderungen der Arbeitnehmer aus einem Sozialplan, der nach Verfahrenseröffnung aufgestellt wurde (§ 123 Abs. 2 S. 1 InsO).

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Es gibt zwei Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Masseverbindlichkeiten erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen. Zum einen können Massegläubiger auch im Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Eröffnung des Insolvenzverfahrens (= Eröffnungsverfahren) „geboren werden“. Das passiert zum einen, wenn in dem Eröffnungsverfahren ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt wird (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 22 Abs. 1 InsO) und die Leute mit diesem Geschäfte machen. Die hierdurch entstandenen Forderungen sind nach § 55 Abs. 2 InsO Masseverbindlichkeiten. Zum anderen gibt es seit 2011 das sog. Fiskusprivileg. Nach § 55 Abs. 4 InsO werden alle Steuerschulden im Eröffnungsverfahren automatsch zu Masseverbindlichkeiten, egal welcher Verwaltertyp agiert. Das ist ein gesetzlicher Zaubertrick, der angesichts des InsO-Gebots der Gläubigergleichbehandlung etwas seltsam wirkt.


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Massegläubiger haben zudem den Vorteil, dass die Geltendmachung ihrer Ansprüche außerhalb des Insolvenzverfahrens stattfindet. Sie dürfen direkt den Insolvenzverwalter verklagen (§ 53 InsO), um Befriedigung ihrer Forderung aus der Masse zu erhalten. Örtlich zuständig für die Zahlungsklage sind die ordentlichen Gerichte am Sitz des Insolvenzgerichts (§ 19a ZPO). Gewinnt der Massegläubiger den Prozess, ist die Vollstreckung in die Masse zumeist auch gleich erlaubt (§ 90 InsO).

Beispiel

Insolvenzverwalter Ingo hat bei Großhändler Guido Kopierpapier für 100 € bestellt (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Nach der Lieferung zahlt der Verwalter nicht. Der Großhändler kann gegen Ingo Klage erheben oder einen Vollstreckungsbescheid erwirken. Danach kann er dann sofort (bzw. während des Insolvenzverfahrens) in das Schuldnervermögen vollstrecken.

1. Teil EinleitungF. Die Gläubiger: Nutznießer des Insolvenzverfahrens › IV. Nachrangige Gläubiger

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