Читать книгу Insolvenzrecht - Irmgard Gleußner - Страница 63
b) Grundstücke
Оглавление55
Lesen Sie vor allem § 10 ZVG einmal durch.
Die Befriedigung der Absonderungsberechtigten aus dem Grundstück erfolgt nach der in §§ 10 bis 14 ZVG festgelegten Rangfolge.[43] Anders als bei beweglichen Sachen darf der Absonderungsberechtigte (z.B. die Bank aus ihrer Grundschuld) im laufenden Insolvenzverfahren selbst die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung beantragen (§§ 49, 80 Abs. 2 S. 2 InsO). Damit laufen Zwangsversteigerung und Insolvenzverfahren nebeneinander her. Der Gläubiger benötigt zunächst einen Titel, der auf Duldung der Zwangsvollstreckung lautet (§§ 1147, 1192 Abs. 1 BGB). Im Regelfall verfügen Banken für ihre Grundschulden über einen Titel in Form der notariell vollstreckbaren Urkunde (§§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Um vollstrecken zu können, muss der Titel nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Verwalter umgeschrieben (§ 727 ZPO) und ihm zugestellt werden (§ 750 Abs. 2 ZPO).[44] Von der Zwangsversteigerung erfasst ist auch das Zubehör (§ 20 Abs. 2 ZVG). Häufig sind die Immobilien ein wichtiger Grundstock, um das Unternehmen weiter zu führen (z.B. Produktions-, Verwaltungs-, Lagergebäude). Daher ist es dem Verwalter in gewissen Fällen erlaubt, die Vollstreckung des betreibenden Gläubigers zu stoppen. So kann der Insolvenzverwalter die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung beantragen (§ 30d Abs. 1 ZVG), sofern er das Grundstück zur Betriebsfortführung dringend benötigt. Oft werden diese formalen Rechte durch „weiche Absprachen“ ersetzt.
56
Auch der Insolvenzverwalter darf aus eigenem Recht (§ 165 InsO) die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreiben. Er braucht dazu keinen Titel.[45] Da er für alle ungesicherten Gläubiger handelt, geschieht dies im Rang des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG. Die vorstehenden Grundschulden/Hypotheken (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG) fallen dann in das geringste Gebot (§§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 ZVG). Ist das Grundstück beispielsweise mit 17 Grundschulden belastet, kann das geringste Gebot (für 17 Grundschulden) so hoch sein, dass sich kein Bieter findet. Der Verwalter kann alternativ nach § 174a ZVG vorgehen und verlangen, dass nur die Rechte vor der Rangklasse Nr. 1a in das geringste Gebot fallen. Zu der Rangklasse Nr. 1a gehören die Feststellungskosten (4 %), die für das mithaftende Mobiliar auf dem Grundstück angefallen sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG).[46] Diese Feststellungskosten sind im Rahmen der Zwangsversteigerung zu ersetzen. Bei der Berechnung des geringsten Gebots sind nur die vorstehenden Rechte zu berücksichtigen, so dass ein Ersteher das Grundstück frei von den in § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 10 ZVG normierten Rechten erwirbt.[47]
57
Daneben kann der Verwalter das Grundstück auch freihändig veräußern.[48] Bei diesem Vorgehen wird meist ein höherer Erlös erzielt und die Kosten der Zwangsversteigerung entfallen. Manchmal muss der Verwalter (bzw. ein vorrangiger Gläubiger) eine Lästigkeitsprämie zahlen,[49] um von allen (nachrangigen) Grundpfandgläubigern die Löschungsbewilligungen zu erhalten. Im Gegenzug bekommt er für den Verkauf eine „Aufwandsentschädigung“ für die Masse. Alternativ wird auch die „kalte Zwangsverwaltung“ praktiziert. Hier bestehen die Grundpfandgläubiger nicht auf die förmliche Einleitung eines Zwangsverwaltungsverfahrens (Beschlagnahme), sondern lassen sich aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Insolvenzverwalter die monatliche Grundstücksmiete (gegen eine kleine Gebühr) ausbezahlen.[50]