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2. Internationale Zuständigkeit
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Da auch andere Staaten Gerichte haben, stellt sich die Frage, ob ein deutsches Gericht überhaupt entscheiden darf, wenn der Fall Auslandsberührung hat. Kann ein Student aus China, der in Deutschland studiert, im Inland verklagt werden? Umfassende Regelungen zur internationalen Zuständigkeit fehlen in der ZPO. Es gilt folgender Grundsatz: Ist die örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts gegeben (§§ 12 ff. ZPO; siehe Rn. 90 ff.), ist automatisch auch die internationale Zuständigkeit indiziert (Doppelfunktionalität).[28] Wer sich örtlich nach Deutschland begibt, muss im Fall einer Streitigkeit damit rechnen, in Deutschland ein Gericht von innen zu sehen. Dabei genügt es, wenn die internationale Zuständigkeit erst im Lauf des Rechtsstreits eintritt.[29]
Beispiel
Leiht ein Studierender aus China von seinem Studienkollegen eine Kaffeetasse und gibt diese nicht zurück, kann der ausländische Studierende aus China an seinem Aufenthaltsort in Deutschland (§ 20 ZPO) verklagt werden. Das deutsche Gericht des Aufenthaltsorts ist auch international zuständig. Die internationale Zuständigkeit folgt also der örtlichen Zuständigkeit.
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Für Streitigkeiten innerhalb der Europäischen Union mit ihren (noch) 28 Mitgliedsstaaten gibt es eine eigene Rechtsverordnung, die EuGVO (= Europäische Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen; Neufassung ab 1.1.2015 = VO-EU Nr. 1215/2012 = Brüssel Ia-VO). Hierin ist u.a. die internationale Zuständigkeit der Gerichte gegenüber einem Beklagten aus einem der (noch) 28 Mitgliedsstaaten (Ausnahme Dänemark) geregelt. Die EuGVO knüpft die internationale Zuständigkeit dabei grundsätzlich an den Wohnsitz des Beklagten an (Art. 4 Abs. 1 EuGVO).
Beispiele
Wohnt ein spanischer Student während seines Studiums in Deutschland, ist ein deutsches Gericht für gegen ihn gerichtete Zivilrechtsstreitigkeiten auch international zuständig (Art. 4 Abs. 1 EuGVO).
Behauptet eine schwedische Firma auf ihrer Website zu Unrecht, die „VORORT Fliesen GmbH sei eine Gaunerfirma“, gilt Art. 7 Nr. 2 EuGVO (unerlaubte Handlung). Danach kann die GmbH Ansprüche auch in dem Mitgliedstaat erheben, an dem der Schadenserfolg eingetreten ist. Das ist nach Ansicht des EuGH bei Internetveröffentlichungen der Ort, an dem sich der „Mittelpunkt ihres Interesses“ befindet.[30] Da die VORORT Fliesen GmbH den wesentlichen Teil ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in Köln ausübt, kann sie die schwedische Firma in Köln auf Unterlassung und Schadensersatz verklagen.