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IV. Bund und Länder und die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Körperschaften oder Anstalten

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Abgesehen von der vorstehend unter Rn 7 aufgeführten Ausnahme sind Bund und Länder von der Zahlung der GV-Kosten (Gebühren und Auslagen) schlechthin befreit (unbeschränkte persönliche Kostenbefreiung). Diese Kostenbefreiung gilt ohne Rücksicht darauf, ob das Land einen GV seines eigenen Landes oder eines anderen Landes in Anspruch nimmt. Sie gilt als persönliche Befreiung für alle Angelegenheiten, also sowohl für öffentlich-rechtliche (zB Beitreibung von öffentlichen Abgaben, etwa Gerichtskosten) wie für privatrechtliche Angelegenheiten (zB Einziehung von Forderungen aus privatrechtlichen Verträgen, etwa aus Mietverträgen oÄ).[3]

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Unter den nach den Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Körperschaften oder Anstalten, auf die sich die Befreiung erstreckt, sind selbstständige Unternehmen mit eigener Verfassung und Verwaltung zu verstehen, die ihre Rechtsgeschäfte und sonstigen Rechtshandlungen im eigenen Namen vornehmen und dabei nach außen hin nicht als Behörden des Bundes oder eines Landes, sondern als eigene Rechtspersönlichkeiten auftreten, die aber doch Teile des Fiskus selbst sind und mit ihren gesamten Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes erscheinen. Sie stellen also Unternehmen des Bundes oder eines Landes dar und unterscheiden sich von den Behörden des Bundes oder eines Landes im engeren Sinne nur insoweit, als das Vermögen, das ihrem Betriebe gewidmet ist und das sie erwerben, von dem sonstigen Vermögen des Bundes oder Landes getrennt verwaltet wird (Sondervermögen). Es fallen darunter die bundeseigenen Verwaltungen mit eigenem Verwaltungsunterbau

die Bundesautobahnen,[4]
die Bundesstraßenverwaltung,[5]
die Bundeswasserstraßenverwaltung,[6]
das Bundesoberseeamt.[7]

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Das durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz[8] aus den Sondervermögen „Deutsche Bundesbahn“ und „Deutsche Reichsbahn“ gebildete Bundeseisenbahnvermögen ist, soweit es Teil des Fiskus ist und mit den Einnahmen und Ausgaben im Bundeshaushalt erscheint, seit 1.1.1994 gebühren- und auslagenbefreit. Das gilt nicht für aus dem Bundeseisenbahnvermögen ausgegliederte privatwirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen. Die “Deutsche Bahn Aktiengesellschaft“ ist deshalb weder gebühren- noch auslagenbefreit.

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Die drei ehemaligen Postunternehmen Postdienst, Postbank und Telekom werden privatwirtschaftlich in Form von Aktiengesellschaften[9] geführt und sind deshalb weder gebühren- noch auslagenbefreit.

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Es genügt nicht, dass eine Anstalt oder Kasse von einer staatlichen Behörde nach den für Staatsbehörden geltenden Grundsätzen verwaltet wird, dass ihr Haushaltsplan der staatlichen Genehmigung oder der Feststellung durch eine staatliche Stelle bedarf, dass ihre Überschüsse an den Staat fallen oder der Staat für etwaige Verluste aufkommt oder dass sonst im Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes nur das Ergebnis der Abgleichung von Einnahmen und Ausgaben der betreffenden Anstalt erscheint.

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Um den Anspruch einer Anstalt oder Kasse auf Kostenbefreiung zu begründen, müssen nach einer nicht veröffentlichten Entscheidung des BGH (VII ZR 302/84) deren Einnahmen und Ausgaben vollständig nach kameralistischen Grundsätzen im Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes ausgewiesen werden. Staatsbetriebe, die in Form von Landesbetrieben nach den Landeshaushaltsordnungen (in Nds: § 26 LHO) geführt werden, erfüllen diese Voraussetzung nicht. Landesbetriebe sind rechtlich unselbstständige abgesonderte Teile der Landesverwaltung, deren Tätigkeit erwerbswirtschaftlich ausgerichtet ist. Sie stellen einen Wirtschaftsplan auf, der dem Haushaltsplan des Landes als Anlage beigefügt wird. Im Haushaltsplan werden nur die Zuführungen oder Ablieferungen veranschlagt. Dies reicht nach der Rechtsprechung des BGH nicht aus.[10]

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Die vorstehend dargestellte – formalisierte – Betrachtungsweise gilt auch für die in mehreren Ländern errichteten Landesbetriebe für Straßenbau. Dies ist allerdings in der Rechtsprechung umstritten.[11] Soweit die Gerichte die Kostenfreiheit der Landesbetriebe für Straßenbau bejahen, vertreten sie die Auffassung, dass eine rein haushaltsrechtliche Betrachtungsweise, die die Selbstständigkeit des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens von Landesbetrieben in den Vordergrund stelle, nicht ausreiche. Es müsse vielmehr darüber hinaus geprüft werden, ob der Landesbetrieb tatsächlich auf eine erwerbswirtschaftliche Unternehmensführung mit kaufmännischer Prägung ausgerichtet sei oder ob hoheitliche Aufgaben im Vordergrund stünden.

Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen. Wenn eine Landesbehörde im Haushaltsplan als Landesbetrieb geführt wird, so geschieht dies, um durch Einsatz betriebswirtschaftlicher Steuerungsmechanismen eine Effizienzsteigerung zu erreichen. Bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise ist es dann aber nur folgerichtig, auch anfallende Kosten uneingeschränkt einzubeziehen. Die dargestellte Rechtsprechung überspannt überdies die Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung im Kostenrecht. Es kann nicht Aufgabe des GV sein, bei Landesbetrieben für die Prüfung der Kostenfreiheit im Einzelfall Ermittlungen anzustellen, ob der Behördencharakter oder die betriebswirtschaftliche Ausrichtung überwiegt. Eine andere Betrachtung kommt lediglich für kommunale Betriebe in Betracht, die nicht aufgrund Bundesrecht, sondern gemäß Landesrecht befreit sind. Nach den landesrechtlichen Befreiungsvorschriften reicht als Voraussetzung für eine Gebührenbefreiung regelmäßig aus, dass es sich nicht um ein wirtschaftliches Unternehmen handelt; vgl hierzu im Einzelnen Rn 34.

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Da Ende der 70er-Jahre durch Rechtsvorschriften des Bundes für Krankenhäuser das kaufmännische Rechnungswesen verbindlich vorgeschrieben wurde, werden insbesondere medizinische Hochschuleinrichtungen[12] und Landeskrankenhäuser oftmals als Landesbetrieb geführt. Daneben gewinnt die Organisationsform des Landesbetriebs auch in anderen Bereichen zunehmend an Bedeutung (zB für Staatsbäder und selbstbewirtschaftete Domänen, Materialprüfanstalten, Fachhochschulen und Hochschulen). Landesbetriebe genießen zwar bundesrechtlich keine Kostenfreiheit, sie können uU aber aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen Gebührenfreiheit in Anspruch nehmen. In einigen Ländern sind zB Fachhochschulen und Hochschulen ausdrücklich von der Zahlung von Gerichtsvollziehergebühren befreit (siehe Rn 45–56).[13]

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Hat eine öffentliche Körperschaft oder Anstalt einen eigenen Haushalt, genießt sie keine Befreiung; auch nicht, wenn sie indirekt im Auftrag oder für Rechnung des Bundes oder Landes tätig wird. Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben ist zwar eine Anstalt öffentlichen Rechts, aber mit eigener Haushalts- und Wirtschaftsführung und deshalb nicht kostenbefreit.[14]

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Vollstreckt ein Kostenbefreiter wegen einer Forderung, die einem Nichtbefreiten zusteht und die der Befreite für den Nichtbefreiten oder in dessen Auftrag lediglich einzieht oder verwaltet, kann der Nichtbefreite die Kostenfreiheit des Befreiten nicht für sich in Anspruch nehmen, weil die Kostenfreiheit iSd Abs 1 als persönliche Befreiung voraussetzt, dass derjenige selbst unmittelbar vollstreckt, dem die Forderung materiell-rechtlich zusteht. Wählen nicht kostenbefreite Sozialversicherungsträger, zB gesetzliche Krankenkassen, Berufsgenossenschaften ua (siehe Rn 25), bei der Vollstreckung wegen rückständiger Beiträge den nach § 66 SGB X möglichen Weg der Forderungseinziehung im Verwaltungszwangsverfahren und wird in diesem Zusammenhang das als Bundesbehörde nach Abs 1 kostenbefreite Hauptzollamt als Auftraggeber gegenüber dem GV tätig (zB Verhaftung zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung), so werden die Sozialversicherungsträger durch das prozessuale Auftreten des Hauptzollamts nicht kostenbefreit. Diese früher umstrittene Frage[15] ist durch Abs 1 S 2 ausdrücklich gesetzlich klargestellt. Der GV kann allerdings den Sozialversicherungsträger nicht unmittelbar in Anspruch nehmen, weil dieser nicht Auftraggeber ist. Die Kosten sind vielmehr dem Hauptzollamt in Rechnung zu stellen.[16] Aus der Bestimmung des Abs 1 S 2 ist außerdem auch zu folgern, dass mehrere Aufträge vorliegen, wenn das Hauptzollamt Vollstreckungsersuchen mehrerer Sozialversicherungsträger zusammenfasst.[17] Nach § 3 Abs 1 S 1 können zwar einem Vollstreckungsauftrag mehrere Titel zu Grunde liegen, Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Gläubigeridentität vorliegt. Diese ist im Fall der Vollstreckung für mehrere Sozialversicherungsträger nicht gegeben; vgl auch § 3 Rn 37.

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Kostenfreiheit besteht dagegen, wenn örtliche Träger der Jugendhilfe, die selbst nicht kostenbefreit sind, Unterhaltsansprüche vollstrecken, die nach § 7 Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) auf das Land übergegangen sind.[18] Bei den nach dem UVG zu vollstreckenden Unterhaltsvorschüssen handelt es sich um zivilrechtliche Forderungen, die auf das (kostenbefreite) Land übergegangen sind und für deren Vollstreckung das Land Auftraggeber iSv § 13 ist. Die als Träger der Jugendhilfe für die Durchführung in einigen Ländern zuständigen kommunalen Behörden werden insoweit nur in Vertretung des Landes tätig, so dass es auf eine evtl Kosten- oder Gebührenbefreiung dieser Stellen nicht ankommt.

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Kapitalgesellschaften (GmbH, AG usw) genießen niemals Kostenfreiheit nach Abs 1, selbst, wenn alle Geschäftsanteile oder Aktien sich in Händen des Bundes oder eines Landes befinden.

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