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a) Art und Beschaffenheit

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Angaben über Art oder Beschaffenheit der Waren bzw Dienstleistungen überschneiden sich im Wesentlichen. Insb Gattungsbezeichnungen geben einen Hinweis auf die Art der Waren. Zugleich ist hierin auch eine Aussage über die Beschaffenheit des Produkts enthalten. Eine 3D-Marke, die die Form der Ware wiedergibt, stellt eine Beschreibung der Ware dar und ist deshalb beschreibend (BGH GRUR 2008, 71, 74 – Fronthaube; GRUR 2010, 138, 141 – ROCHER-Kugel).

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Angaben über die Beschaffenheit sind alle Hinweise auf Eigenschaften oder Wirkungsweisen der Waren oder Dienstleistungen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Eigenschaft wesensbestimmend oder nur von eher nebensächlicher Bedeutung für die Ware oder Dienstleistung ist, wobei allerdings bei völlig nebensächlichen Beschaffenheitsangaben zu prüfen ist, ob die Mitbewerber tatsächlich ein Bedürfnis an der Freihaltung haben.

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Die Beschreibung der Beschaffenheit muss idR konkret und detailliert sein, kann aber wegen des Bedürfnisses, mehrere unterschiedliche Waren unter einer Sammelbezeichnung zu erfassen, ausnahmsweise auch vage sein (BGH GRUR 2008, 900 – SPA II, GRUR 2009, 411 – STREETBALL; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture). So gibt die Sammelbezeichnung „Bücher für eine bessere Welt“ dem Verkehr wenig Anhalt dafür, inwieweit die Welt durch die Bücher besser wird. Da es sich aber um eine Sammelbezeichnung handelt, unter der Bücher verschiedenen Inhalts zusammengefasst werden, muss die Bezeichnung allg gehalten sein, um die unterschiedlichen einzelnen Titel zusammenfassen zu können (BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2009, 949, 950 – My World). Gerade an derartigen allg gehaltenen Angaben über die Beschaffenheit kann deshalb ein erhebliches Freihaltungsinteresse der Mitkonkurrenten bestehen (vgl auch HABM BlPMZ 2001, 251 – LS-PRIMA; veröffentlicht ABl HABM 2000, 1346). Deshalb sind Bezeichnungen wie „super“, „prima“ oder „cool“ freihaltungsbedürftig, da sie auf eine super/prima/coole(lässige) Beschaffenheit hinweisen. Soweit Ströbele GRUR 2001, 658, 662 eine unmittelbare Beschreibung der – allerdings nicht unterscheidungskräftigen – Warenanpreisungen verneint, wird nicht berücksichtigt, dass ein enger sachlicher Bezug ausreicht (BGH GRUR 2006, 850, 855 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 419 – BerlinCard). Auch ist die Bezeichnung „Baumeister-Haus“ für „Ein- und Mehrfamilienhäuser“ ein Hinweis auf eine qualitativ meisterhafte Bauausführung (BPatG GRUR 2001, 732). Für „Bekleidungsstücke“ stellt „Today“ einen Hinweis auf die Aktualität dar (BGH NJW-RR 1998, 1261 – Today, wo die Anmeldung allerdings wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden war). Demgegenüber ist „Hopfentraum“ mit der Bedeutung „ein besonders gutes Produkt aus Hopfen oder mit Hopfenaroma“ für „Mineralwasser“ und „Fruchtsäfte“ keine Sachaussage und nicht beschreibend (BPatG BeckRS 2016,19339 – Hopfentraum).

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Namen bekannter Persönlichkeiten (vgl allgemein Sahr GRUR 2008, 461) können ebenfalls eine Beschaffenheitsangabe enthalten, wenn sie wie „Mozart“ zum Synonym für bestimmte Waren wie die Mozart-Kugeln geworden sind. Deshalb ist die Auffassung des OLG München abzulehnen, das „Mozart“ in Alleinstellung auch in Verbindung mit Konditorwaren als nicht beschreibend ansieht (OLG München GRUR-RR 2002, 12, 13 – Mozartkugeln). Demgegenüber auch ohne Produktbezug ein Freihaltungsbedürfnis der Allgemeinheit anzunehmen, weil Johann Sebastian Bach als weltberühmte Person der Zeitgeschichte Teil des der Öffentlichkeit zustehenden Erbes sei (OLG Dresden NJW 2001, 615, 617 – Johann Sebastian Bach), erscheint mit Rücksicht auf den abschließenden Katalog des § 8 Abs 2 Nr 2 bedenklich, da anders als etwa bei CD´s oder bei Musikdarbietungen eine Beschaffenheit der Waren nicht beschrieben wird. Auch ist eine Wortfolge „Mozart ein Europäer“ trotz der Assoziation zu Mozartkugeln nicht freihaltungsbedürftig, weil sich eine derartige Benennung nicht anbietet (BPatG PAVIS PROMA – 32 W (pat) 744/03 – Mozart ein Europäer; vgl auch Grabrucker/Fink GRUR 2006, 265, 275; Kopacek/Kortge GRUR 2011, 273, 281). Unabhängig von der Bekanntheit können Namen historischer Personen freihaltungsbedürftig sein, wenn sie wie für „Veranstaltung von Stadtbesichtigungen und Stadtfesten“ den thematischen Mittelpunkt dieser Dienstleistungen darstellen (BPatG GRUR 2004, 432, 433 – FRUNDSBERG; vgl auch BPatG PAVIS PROMA – 33 W (pat) 17/05 – Sir Peter Ustinov; vgl aber BPatG PAVIS PROMA – 29 W (pat) 106/06 – Mirabeu, wonach sich der Name eines französischen Revolutionärs nicht als Inhaltsangabe eines Versandhauskatalogs und zu Webezwecken eignet). Auch zugelassen wurde „Robert Enke“ als Name des früheren Fußball-Nationaltorwarts, der 2009 verstarb, weil ein Sachbezug nicht eindeutig erkennbar ist (BPatG GRUR 2012, 1148, 1149 – Robert Enke). Eine Werbefunktion allein schließt die Schutzfähigkeit nicht aus (BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 212/00 – Franz Beckenbauer; vgl auch BPatG GRUR 2012, 1148, 1149 – Robert Enke; zur Gemeinfreiheit der gegenwärtigen Prominenz Thalmann GRUR 2018, 476, 482). Anders als „Leonardo da Vinci“, der als Name einer historischen Persönlichkeit als Teil des kulturellen Erbes der Menschheit galt und gilt (BPatG MarkenR 2008, 33), ist „Dürer-Hotel“ anders zu behandeln, weil insoweit eine Beschreibung für „Seminare, Unterhaltungsveranstaltungen“ etc nicht erkennbar ist (BPatG MarkenR 2011, 230). „Georg Meistermann“ als Name des 1990 verstorbenen Malers stellt keine Beschreibung von Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dar; Künstlernamen auf hochwertigen Schreibgeräten könnten zwar als Widmung an weltberühmten Persönlichkeiten verstanden werden (vgl BPatG GRUR 2014, 79 – Mark Twain), von einer solchen Bekanntheit ist bei Georg Meisterman indes nicht auszugehen, so dass von einer Schutzfähigkeit auszugehen ist (BPatG BeckRS 2017, 112633).

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Für Portraitfotos bekannter lebender oder verstorbener Personen der Zeitgeschichte gilt Entsprechendes wie bei der Prüfung von Namen. Zu prüfen ist, ob hierin ein sachbezogener Hinweis auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen liegt (aA BPatG BlPMZ 1999, 43, 44 – Portrait-Foto und Steinbeck FS Bartenbach, S 467, 470). Allerdings ist insoweit zu berücksichtigen, dass Fotos ehemaliger Stars wie Marlene Dietrich nach Auffassung des BGH dann unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig sein können, wenn sie trotz Produktbezug an einer Stelle der Ware angebracht sind, wo sich normalerweise die Marke befindet (BGH 2010, 825, 827 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; vgl auch BGH GRUR 2010, 1100 – TOOOR!). Diese Auffassung ist indes schon deshalb abzulehnen, weil eine Anmeldemarke nur so zu prüfen ist, wie sie zur Eintragung in das Register vorgesehen ist; außermarkenmäßige Umstände haben hierbei nichts zu suchen. Andernfalls könnte man praktisch jede beschreibende Angabe zur Eintragung bringen, so auf dem Bekleidungssektor „100 % Cotton“ mit der Begründung, diese Bezeichnung könne sich an der für – zB – an der für Hemden für Marken vorgesehen Stelle am Hemdkragen befinden, eintragungsfähig wäre.

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Internet-Adressen unterliegen derselben Prüfung wie andere Wortmarken. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine Domain-Bezeichnung, die eine Beschaffenheitsangabe enthält, analog § 8 Abs 2 Nr 2 auf Klage hin zu löschen ist, was überwiegend verneint worden ist (BGH GRUR 2001, 1061, 1063 – mitwohnzentrale.de; OLG Stuttgart WRP 2001, 971, 972 – dtp.de; OLG Frankfurt GRUR 1997, 481 – wirtschaft-online.de; OLG Braunschweig CR 2000, 614 f – Stahlguss; OLG Hamm GRUR-RR 2001, 105 – sauna.de; Ubber WRP 1997, 497, 510; Hartmann CR 1999, 782). Denn im Registrierungsverfahren vor den Patentbehörden erfolgt eine Prüfung auf Schutzhindernisse und ggf Verwechslungsgefahr gegenüber ähnlichen älteren Marken. Demgegenüber erfolgt die Registrierung von Internet-Adressen ohne eine vergleichbare Kontrolle allein danach, ob die gewünschte Bezeichnung noch nicht durch eine identische Domain belegt ist (OLG Hamm GRUR-RR 2001, 105 – sauna.de). Internet-Adressen sind deshalb in einer Vielzahl von Fällen freihaltungsbedürftig, weil sie Sach- und Gattungsbezeichnungen enthalten (vgl OLG Hamburg Mitt 2001, 41 f – Internet-Kennung; OLG Hamburg WRP 2001, 717, 720 – startup.de; BPatG BlPMZ 2000, 294, 296 – www.cyberlaw.de; vgl auch BGH GRUR 2001, 1061, 1063 – mitwohnzentrale.de).

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Bei Werktiteln gleichenden Marken ist die Schutzfähigkeit zu verneinen, wenn die fragliche Bezeichnung ausschließlich einen sachlichen Hinweis auf den Inhalt enthält (BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2003, 342, 343 – Winnetou; GRUR 2001, 1042, 1043 – REICH UND SCHÖN; vgl auch BGH NJW 2002, 372, 373 ff – Tagesschau; Deutsch GRUR 2004, 642; Frommeyer GRUR 2003, 919). Werktitel, die nach § 5 Abs 3 einem Schutz zugänglich sind, können freihaltungsbedürftig sein, wenn sie – was insb bei Sachbüchern der Fall sein dürfte – einen Hinweis auf den Inhalt und damit die Art der Ware geben (BGH WRP 2001, 1205, 1207 – REICH UND SCHÖN; BGH GRUR 2001, 1043, 1204 f – Gute Zeiten–Schlechte Zeiten). Dementsprechend ist auch eine Sammelbezeichnung wie „Bücher für eine bessere Welt“, die unterschiedliche einzelne Titel umfasst, geeignet, als Sachangabe dienen zu können. Auch Namen berühmter Romanhelden wie „Winnetou“ sind geeignet, einen Hinweis auf Genre und Inhalt des Werkes zu geben (BPatGE 42, 250, 253 f – Winnetou; BGH GRUR 2003, 342, 343 – Winnetou; GRUR 2001, 1042, 1043 – REICH UND SCHÖN; vgl auch Deutsch GRUR 2004, 642; Frommeyer GRUR 2003, 919). Ist eine Sachbeschreibung indes nicht mit dem Titel verbunden, so kann nicht allein mit der Begr, das Werk und damit der Titel seien gemeinfrei geworden, ein Freihaltungsbedürfnis bejaht werden (vgl BGH GRUR 2003, 440, 441 – Winnetous Rückkehr; BPatG MarkenR 2006, 172, 173 f – Pinocchio; Frommeyer GRUR 2003, 919, 920). Abgesehen von der Frage, ob Werk und Titel zu trennen sind (OLG Nürnberg WRP 2000, 1168, 1171 – Winnetou; Deutsch WRP 2000, 1375, 1376), fällt ein derartiges, nach Urheberrecht zu beurteilendes Freihaltungsbedürfnis nicht unter den Katalog des § 8 Abs 2 Nr 2 (offen gelassen in BGH GRUR 2000, 882 f – Bücher für eine bessere Welt). Im Übrigen wird auf die Ausführungen oben zu Rn 31 verwiesen.

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Buchst, die im Katalog des § 4 Abs 2 Nr 1 Alt 2 WZG aufgeführt waren und an denen ohne Nachweis eines konkreten Bedürfnisses der Mitbewerber ein generelles Freihaltungsbedürfnis bestand (BGH GRUR 1996, 202 – UHQ), sind nur noch dann freihaltungsbedürftig, wenn sie unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs 2 Nr 2 fallen, was insb der Fall ist, wenn sie die Art oder Beschaffenheit der Waren bezeichnen. Ein allg Freihaltungsbedürfnis, das der BGH in der RBB-Entsch wegen der Übung der Unternehmen, die Initialen ihrer Firmennamen als Buchstabenkombinationen zu verwenden, angenommen hatte (BGH GRUR 1998, 165 – RBB), stellt eine unzulässige Ausdehnung des Tatbestands dar (Goldmann/Rau GRUR 1999, 216, 219; Krings WRP 1999, 50, 53). Nunmehr hat der BGH seine frühere Rspr aufgegeben und geht von der Schutzfähigkeit derartiger Buchstabenfolgen aus, soweit nicht im Einzelfall ein Freihaltungsbedürfnis festgestellt werden kann. Erst im Kollisionsfall ist die Kennzeichnungsschwäche derartiger Buchstabenkombinationen zu berücksichtigen (BGH GRUR 2001, 344, 345 – DB Immobilienfonds; vgl OLG Düsseldorf GRUR-RR 2001, 106, 108 – GVP; BGH GRUR 2001, 161 – Buchstabe „K“; GRUR 2003, 343, 344 – Buchstabe „Z“; BGH GRUR 2012, 930, 933 – Bogner B/Barbie B). Wie der BGH sogar von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen (BGH GRUR 2002, 1067, 1068 f – OKV/DKV; GRUR 2002, 626, 628 – IMS; GRUR 2004, 600, 601 – d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2012, 930, 933 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2016, 283 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANGEMENTAKADEMIE; Gründig-Schnelle GRUR 2003, 1002, 1004; allgemein zu Abkürzungen Bugdahl MarkenR 2017, 456), verbietet sich allerdings angesichts der häufigen Verwendung derartiger, meist durch die Initialen des Firmennamens gebildeter Marken (OLG München GRUR-RR 2002, 107, 108 – mbp.de/MB'&P; Fuchs-Wissemann GRUR 1999, 855, 857 f; v Gierke WRP 2000, 877, 878 f; Goldmann/Rau GRUR 1999, 216; vgl auch Berlit WRP 2012, 1042). Auf die Zurückverweisung hin hat das BPatG die Anmeldung des Buchstaben „K“ unter Nachweis eines beschreibenden Charakters für den größten Teil der Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen, iÜ aber ein Freihaltungsbedürfnis verneint und eine Registrierung als Marke zugelassen (BPatG GRUR 2003, 345, 346 – Buchstabe „K“; so auch BPatG GRUR 2003, 347, 348 – Buchstabe „E“ für Windkraftanlagen). Der Buchstabe „M“ für „Sportwagen“ ist nicht beschreibend, da es sich nicht um eine übliche Abkürzung für „Motor“ oder eine sonstige Sachangabe in Verbindung mit „Sportwagen“ handelt (BPatG GRUR-Prax 2018, 330). Für die Kombination von Buchstaben und Zahlen gelten die gleichen Maßstäbe wie für bloße Buchstabenkombinationen (BGH GRUR 2002, 884 – B-2 alloy; vgl auch BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 261/02 – b2, wo eine – am unteren Rand liegende – normale Kennzeichnungskraft angenommen wird für ua „Software). Eine Beschaffenheitsangabe und damit freihaltungsbedürftige Buchstabenkombination ist insb bei gebräuchlichen Abkürzungen von Sachbezeichnungen gegeben, die sich wie „Kfz“ für Kraftfahrzeug oder „D“ für Diesel so verselbstständigt haben, dass es eines Rückgriff auf das Grundwort nicht mehr bedarf (BPatG GRUR 1999, 330 – CT; BPatG Mitt 1997, 70, 71 – UHQ; vgl auch Fuchs-Wissemann MarkenR 1999, 183, 187 f; ders GRUR 1999, 855, 857; Goldmann/Rau GRUR 1999, 216, 219). Aber auch noch nicht gebräuchliche Abkürzungen können einem – zumindest künftigen – Freihaltungsbedürfnis unterliegen, wenn – etwa wegen der Abkürzungsfreudigkeit in speziellen Bereichen wie dem Kraftfahrzeugwesen – eine Eignung zur Beschreibung zu bejahen und ein Bedürfnis der Mitbewerber an der freien Verwendung prognostizierbar ist (Ullmann WRP 1999, 461 f). Besteht eine Marke aus einer beschreibenden Wortfolge und aus einer Buchstabenkombination, die für sich genommen schutzfähig wäre, in der konkreten Gestaltung der Gesamtmarke wegen der Übereinstimmung mit den Anlauten der beschreibenden Worte aber nur als Abkürzung dieser Bezeichnungen wirkt, so wird der Verkehr auch die Abkürzung als beschreibend auffassen (BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 3/05 – TRM Tenant Relocation Management; vgl die Vorlagebeschlüsse BPatG GRUR 2011, 524 – NAI – Der Natur-Aktien-Index und GRUR 2011, 527 – Multi Market Fund MMF; vgl auch BGH GRUR 2008, 714, 719 – idw).

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Bedenken gegen die Eintragung bestehen bei Bild- und Formmarken, die eine naturgetreue Abbildung der Ware enthalten. Da die naturgetreue Abbildung der Ware deren Beschreibung und damit auch ihrer Eigenschaften schlechthin ist (BPatG GRUR 2003, 245, 246 – Pastenstrang auf Zahnbürstenkopf), war und ist eine derartige Darstellung nach § 8 Abs 2 Nr 2 an und für sich nicht schutzfähig. Indes soll die in § 3 Abs 1 ausdrücklich vorgesehene dreidimensionale Marke gerade die Möglichkeit eröffnen, die Form der Ware schützen zu lassen. Dieses Spannungsverhältnis ließe sich dadurch lösen, dass § 3 Abs 2 als Spezialregelung des Freihaltungsbedürfnisses hinsichtlich Formmarken verstanden wird, so dass eine Anwendbarkeit von § 8 Abs 2 Nr 2 ausgeschlossen wäre (so Eichmann GRUR 1995, 184, 188; Bauer GRUR 1996, 319, 321; Fuchs-Wissemann MarkenR 1999, 183, 185). Der BGH und auch der EuGH bejahen eine Anwendbarkeit von § 8 Abs 2 Nr 2 neben § 3 Abs 2 (BGH GRUR 2001, 334, 337 – Gabelstapler; WRP 2001, 265, 269 – Stabtaschenlampen; WRP 2001, 269, 273 – Rado-Uhr; so auch in den Folgeentsch BGH GRUR 2004, 502 – Gabelstapler II, 2004, 505 Rado-Uhr II, 2004, 506 – Stabtaschenlampe II, wo jeweils zur Feststellung eines Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs 2 Nr 2 an das BPatG zurückverwiesen worden ist, wo bei Gabelstablern und Taschenlampen sowie der Rado-Uhr ein Freihaltungsbedürfnis bejaht und die Eintragung versagt worden ist; BPatG BlPMZ 2005, 267 – Gabelstapler III und GRUR 2006, 946, 949 – Taschenlampen II; Mitt 2007, 37 – Rado-Uhr II; BGH GRUR 2006, 679, 681 – Porsche Boxster; EuGH GRUR 2003, 514, 518 – Linde; vgl auch Rohnke MarkenR 2001, 199; Ströbele FS v Mühlendahl, S 235, 248 f). Dies ist nicht unbedenklich, weil die beschreibenden Zeichen und Angaben iSv § 8 Abs 2 Nr 2 auf Wort- und Bildmarken zugeschnitten sind, nicht aber auf die Ware selbst darstellende Formmarken, bei denen die Darstellung der Ware ihre Beschreibung schlechthin ist (vgl Eichmann GRUR 1995, 184, 188; Bauer GRUR 1996, 319, 321; Fuchs-Wissemann MarkenR 1999, 183, 185). Für den BGH mag immerhin die Erwägung sprechen, dass bei einer engen, anmelderfreundlichen Auslegung von § 3 Abs 2 und einer Anwendung von § 8 Abs 2 Nr 2 das Eintragungshindernis durch Verkehrsdurchsetzung gem § 8 Abs 3 überwunden werden kann (BGH GRUR 2001, 334, 337; GRUR 2006, 588, 590 – Rasierer mit drei Scherköpfen und 588, 589 – Scherkopf). Dies würde aber dem erheblichen Freihaltungsinteresse, das an technischen Formen besteht, nicht gerecht und würde große Unternehmen begünstigen, die durch entspr Werbeaufwendungen die Voraussetzungen für eine Verkehrsdurchsetzung und damit für eine Monopolisierung schaffen könnten (vgl BGH GRUR 2010, 231, 234 – Legostein; EuGH GRUR 2010, 1008 – Roter Lego-Stein; vgl auch Sujecki MarkenR 2011, 9; Jaeschke GRUR 2008, 749; Würtenberger GRUR 2003, 912, 913 ff). Das BPatG hat die Form einer sog Milchschnitte nicht als durch die Art der Ware bedingt angesehen (PAVIS PROMA – 32W (pat) 308/02 – so auch BGH GRUR 2008, 510, 511 f – Milchschnitte), weil es verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung gebe, und hierdurch die Möglichkeit einer Eintragung im Wege der Verkehrsdurchsetzung eröffnet (vgl Würtenberger GRUR 2003, 912, 913). Der BGH bejaht demgegenüber eine Anwendbarkeit von § 8 Abs 2 Nr 2 auch auf Formmarken. Sofern die Marke, die aus der Form oder der – üblichen – Verpackung der Ware besteht, nicht wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen wird, besteht idR ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2, da Formen, die iRd auf dem fraglichen Warensktor liegenden Formenvielfalt liegen, nicht zu Lasten der Mitbewerber monopolisiert werden dürfen (BGH GRUR 2004, 502, 504 f – Gabelstapler II; GRUR 2004, 506, 507 – Stabtaschenlampen II; GRUR 2006, 679, 682 – Porsche Boxster; BPatGE 38, 89, 92 – Ahornblatt; MarkenR 2005, 238, 240 – Gabelstapler III: Mitt 2005, 385 – Käseform II; Ströbele FS v Mühlendahl, S 235, 249).

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Ähnlich wie die Farbnamen, die der Verkehr zur Bezeichnung der äußeren Gestaltung von Waren benötigt (vgl BPatG Mitt 2002, 46 – Rot – LS), sind Anmeldungen von Farbmarken zurückzuweisen, wenn sie Farben enthalten, die der Wettbewerb als Hinweis auf die äußere farbige Gestaltung und damit Beschaffenheit der Waren benötigt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass trotz der objektiv bestehenden Farbenvielfalt das Erinnerungsvermögen der Verkehrskreise auf einige wenige Farben beschränkt ist (Sack WRP 2001, 1022, 1030). So wäre etwa für Textilien oder Automobile eine einzelne – auch ungewöhnliche – Farbe als Beschaffenheitsangabe freihaltungsbedürftig. Aber auch die Kombination von Farben ist bei einer branchenüblichen Verwendung derartiger Farbzusammenstellungen nach § 8 Abs 2 Nr 2 nicht schutzfähig (vgl BPatG GRUR 2000, 428, 431 – Farbmarke gelb/schwarz; HABM MarkenR 1999, 38 – Orange). Es kommt bei der Prüfung des Freihaltungsbedürfnisses nicht nur darauf an, die Verwendung der fraglichen oder ähnlichen Farbe generell in der Werbung nachzuweisen, sondern hierbei auch einen Bezug zu den im Warenverzeichnis enthaltenen Waren zu belegen (BGH WRP 2001, 1198, 1201 – Farbmarke violettfarben; GRUR 2002, 538 f – grün eingefärbte Prozessorengehäuse). Als Ausnahme zugelassen wurde „Transparent Grün“ für „Schnappschalter“, weil es sich um eine auf dem Markt sehr beschränkte Zahl von Waren handelt und „Transparent Grün“ unter die für diese Waren nicht üblichen Farben fällt (BPatG PAVIS PROMA 30 W (pat) 78/09; Kopacek/Kortge GRUR 2011, 274).

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Für Hörmarken können Laute freihaltungsbedürftig sein, die einen akustischen Hinweis auf die Beschaffenheit der Ware sind. So können Motorgeräusche die Leistungsstärke von Motoröl und Benzin beschreiben oder bei der Dienstleistung „Fernsehendung“, die die Übertragung eines Autorennens betrifft, eine Angabe über die Art der Sendung enthalten.

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