Читать книгу Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit die vor Gott gilt: Sein Selbstbiograph. - Johannes Gossner - Страница 12
Boos in Wiggensbach
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Die Unschuld des von Grönbach vertriebenen Boos, und die Leidenschaftlichkeit seiner Verfolger wurde bald erkannt und erwiesen. Daher hat ihn der gefürstete Abt zu Kempten, wo er schon vor seiner Verfolgung gewesen war, wieder in sein Patronat zurück berufen und ihn 1795 an der benachbarten Pfarre Wiggensbach als Kaplan angestellt, mit der Hoffnung, bald auf eine eigne Pfarre befördert zu werden.
Hier fing nun Boos erst recht an, sich selbst in dem Glauben an Jesum zu gründen, in Christo einzuwurzeln und dann auch in Andern denselben Grund zu legen. Er betete und forschte Tag und Nacht in der heiligen und in andern guten, geistreichen Schriften. Er brachte nach dem Beispiele des Heilandes ganze Nächte im Gebete zu und während des Tages eilte er so oft er konnte, oder etwas auf dem Herzen hatte, in die Kirche oder in sein Kämmerchen, um mit dem Gott Jakobs im Gebete zu ringen und sein Antlitz zu suchen.
Er hatte ein besonderes verborgenes Plätzchen in der Kirche, das ihm ewig merkwürdig blieb, durch die Gnaden-Erfahrungen und Segnungen, die er sich dort erfleht hatte.
„Hinter dem Choraltar in Wiggensbach,“ schreibt er öfter in seinen Briefen an vertraute Freunde, „habe ich mir meinen lebendigen Glauben und all die Gnaden und Gaben, die mir der Herr schenkte, erfleht. Dort ist mir der Herr in seiner für uns voll- und ewig gültigen Gerechtigkeit erschienen. Dort lernte ich sein Kreuz, sein Verdienst, seine Gnade kennen, usw.“
Sein Glaube war nicht ein erstudierter, gelernter, sondern ein von Gott erwecktes und belebtes, lebendiges Licht, eine Kraft Gottes, die ihn und die ihn hörten, selig machte.
Seine Predigten und sein frommer, ausgezeichneter Wandel machten außerordentlichen Eindruck, wie man es bisher nie gesehen hatte. Es wurden viele Seelen dadurch zur Erkenntnis ihrer selbst und zur wahren Erkenntnis Jesu Christi, zum Glauben an das Evangelium gebracht. Die Augen vieler Blinden wurden aufgetan, sie kamen von der Finsternis zum Licht; viele wurden vom Geistes-Tode zum Geistes-Leben erweckt, erleuchtet, begnadigt, froh und selig, die vorher bei allem Mühen, Rennen und Laufen, keine Ruhe finden konnten.
Anweisung zur Buße und zum Glauben an Christus,
wie sie Boos gewöhnlich Geängstigten und Suchenden zu geben pflegte, die ihn nach dem Wege des Heils fragten.
1. Wenn du in deinen Augen einmal überaus sündig, lasterhaft, blind, lahm, aussätzig, betrübt und verlegen bist, so ists Zeit, dass du dich, wie die Blinden und Aussätzigen usw. im Evangelio ganz auf den Glauben verlegest.
D. h. du musst wie der Schächer und Magdalena - voll Vertrauen mit all deinen Sünden und Schanden, so wie du bist, zum Heiland gehen und von ihm die Vergebung deiner Sünden, samt seiner dir verdienten Gerechtigkeit herzlich begehren, mit Tränen ergreifen, und dir mit Freuden als Eigentum zueignen.
Denn deswegen gab dir Gott dein Sündenelend zu erkennen und zu fühlen, dass du kommen und die Vergebung vom Heiland holen sollst.
Deswegen hat er dich arm am Geiste gemacht, damit du im Glauben das Himmelreich und den ganzen Reichtum, den dir Jesus durch sein Leiden und Sterben verdient hat, ergreifen sollst.
Komm also, so oft du arm und sündig wirst, und hole Gnade um Gnade.
Wenn du aber einmal gläubig geworden bist, d. h. wenn du die Vergebung deiner Sünden samt den Geist und Sinn der Gerechtigkeit Jesu Christi im Glauben ergriffen hast, so musst du dich ganz aufs Bessern, aufs Fromm sein, aufs Gehorchen und auf die Nachfolge Jesu legen. Nicht, als wenn du dich durch gute Werke rechtfertigen könntest, oder als wenn du dir dadurch die Vergebung deiner Sünden, die Gerechtigkeit Christi und den Himmel verdienen müsstest und könntest. Nein, das musst du aus Liebe und Dankbarkeit tun, weil dir Gott um Jesu willen deine Sünden schon vorher vergeben und dir Jesu Geist und Sinn, und mit ihm das ewige Leben gleichsam umsonst geschenkt hat, nebst der Kraft, fromm zu leben und seine Gebote zu halten.
2. Tue also nach der Rechtfertigung Werke, so viel du kannst; aber baue deine Ruhe und deinen Frieden nicht darauf. Denn auch unsere besten Werke sind sehr unvollkommen, und unrein und wenn du das merkst, so weicht dein innerlicher Friede von dir. Darum baue und traue allein auf die für dich schon geschehene Arbeit und Werke deines Erlösers. Dann bauest du deinen Frieden auf einen Felsen, und er wird so wenig als der Fels wanken. Indes sollst du von Liebe und Dankbarkeit angetrieben, überaus fleißig sein in allen guten Werken; aber wenn du Alles getan hast, so sollst du dich wegen deiner guten Werke nie einen gerechten und heiligen, sondern einen unnützen, verwerflichen Knecht nennen. Denn dass du gute Werke tun kannst, ist auch Gnade vom Heilande. Ehe er dir deine Sünde vergeben und seine Gerechtigkeit samt seinem Geiste und Sinn gegeben hatte, kurz vor der Rechtfertigung konntest du gar kein gutes Werk verrichten.
3. Wie sehr und wie lang wirst du dein Elend und deine Angst noch tragen müssen? - So sehr und so lange, bis dir 1. alles sündhafte und eitle Wesen verleidet ist. 2. Bis du an aller menschlichen Hilfe und an allem eignen Helfen und Behelfen verzagest und verzweifelst. 3. Bis es dich zu Jesu Füßen, zum Gebet und zur Ergreifung seiner Gerechtigkeit, als dem einzigen Heile, hintreibt.
Je schneller du Alles ohne Vorbehalt verlassen und übergeben wirst, auch das Selbstwirken deiner eignen Frömmigkeit und zum Heiland kommst als ein Mühseliger, der es bald da, bald dort versuchte, um zur Seelenruhe, zu einem frommen Leben zu gelangen, der nun als der Elendeste Gnade sucht, und keine heimliche Sünde mehr behalten will. - Je schneller du so zu Jesu kommst, desto besser, desto schneller hört deine Angst auf. Denn Gott sagt: Du sollst nicht erst auf größeren Angst-Zaum und Gebiss warten. (Ps. 32,9.)
Ich fand diese voranstehende Anweisung zum Seligwerden, in einem kleinen geschriebenen Traktätchen, dergleichen er viele im Anfange zu schreiben und mitzuteilen pflegte; denn an das Druckenlassen war damals nicht zu denken.
Bekehrungs- Geschichten im Jahre 1795 bis 1796.
Im Jahre 1795 war ein Jubeljahr (Ablass), wo viele auswärtige Leute zu Boos nach Wiggensbach liefen und Generalbeichte (Sündenbekenntnisse von ihrem ganzen Leben, von Kindheit an) bei ihm ablegten, um auch Generalabsolution und vollkommnen Ablass zu erhalten. Boos wies sie zur rechten Quelle und auf den rechten Weg, wo und wie sie eigentlich Ablass der Sünden erhalten könnten; er taufte sie nicht nur mit Wasser, sondern mit Feuer und Geist, d. h. er führte sie nicht nur den Weg zur ernsten Buße und Rückkehr zu Gott, sondern auch zum lebendigen Glauben an Christus. Darum fühlten sich die Leute durch seine geistreichen Zusprüche außerordentlich erquickt, beruhigt und beseligt, dass ihnen das Herz im Leibe hüpfte vor Freude und innigem, bisher nie gefühltem Frieden der Seele. Solchen Ablass hatten sie nie erlangt, nie geahnet, wie es nachher Mehrere, die damals bei ihm diesen Ablass holten, als lebendige Zeugen erfahren und erzählt haben.
1. Jemand, der von Jugend an mit besonderem Eifer beseelt war, hat sich um seine Seligkeit so sehr bemüht und oft zur Winterszeit so lange in der Kirche verweilt, dass er fast erfror; er lief zu allen Beichtvätern, wo er nur einen finden konnte, der eifrig war. Er fand verschiedene, aber alle prägten ihm nichts Anderes ein, als äußerliche Andachtsübungen ohne Geist. Aber bei allen Bemühungen und äußerem Schein von Frömmigkeit sagte ihm doch sein Inneres: Du bist verdammt. Er beichtete wieder und wieder so gewissenhaft wie möglich, um Ruhe zu finden, und fand sie nicht; immer kam wieder der Gedanke: weil du weder kalt, noch warm bist, will ich dich ausspeien. Offenb. 3.
Im Juni 1795, da der Jubelablass ausgeschrieben ward, geriet er auf den wunderlichen Gedanken, zu dem Geistlichen, dem damals schon verschrieenen und gelästerten Boos, zu gehen. Vielleicht, dachte er, ist er unschuldig, wie man über mich auch schon viel gelogen hat. Der weiß vielleicht, was mich beruhigt. Er ging zu ihm, fünf Stunden weit, traf ihn gerade allein in der Kirche betend und bat ihn Beichte zu hören. Nachdem ihn Boos betrachtet hatte, sprach er: „Selig sind, die Hunger und Durst haben nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“ Jener sah ihn staunend an und begriff nicht, was er damit meinte. Boos fuhr fort: was suchst du? was fehlt dir? Antw. Mir fehlts da drinn (im Herzen). Boos: Wie glaubst du denn an Gott? oder was glaubst du denn von ihm? Er: ich glaube so an Gott, wie ich gelehrt worden bin, dass er im Himmel, auf Erden, überall, ja auch in mir sei, wenn ich Ihn im heiligen Sakrament empfange. Aber er kann bei mir nicht lange bleiben, weil ich sehr gesund bin und die Gestalten des Brots gleich verzehrt sind. Boos: So? glaubst du nur so an Gott? O mein Kind! nun glaube ichs gern, dass es dir im Herzen fehlt. Gott ist immer in und bei uns, wenn wir Glauben und Liebe haben und seine Gebote halten. Er wird niemals verzehrt, wenn auch die Gestalten verzehrt werden. Jesus sagt ja: Bleibet in mir, so bleibe ich in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. Joh. 6. und 15. Paulus sagt, wie seien Tempel des heiligen Geistes, und Christus wohne durch den Glauben in uns. Nur in den Gottlosen kann er nicht bleiben. Dies Alles sprach Boos feierlich und in vollem Glauben. Der Geist öffnete dem Hörenden das Herz. Es machte solchen Eindruck, dass er vor Freude fast außer sich kam und sagte: Jetzt bin ich vergnügt. Dies hat mir gefehlt. Mein Hunger und Durst ist gestillt. Das hat mir noch Niemand gesagt. Nun beichtete er auf den Knien voll Zerknirschung und inniger Reue und ward das erste mal beruhigt, denn er trug den Frieden mit sich fort, der höher ist, als alle Vernunft, weil der rechte lebendige Glaube im Herzen erweckt war, ohne den man Gott bei allem frommen Tun und Bemühen nicht gefallen kann.
Im Jahr 1812 schrieb Boos an denselben: „Staunen, Weinen und Anbeten ist oft meine Sache, wenn ich deine und meine Wege, Führungen, Schicksale, Leiden und Verfolgungen betrachte. Wer von uns Beiden hätte Anno 1795 spät Abends gegen neun Uhr in der Kirche zu Wiggensbach daran gedacht, dass es uns einmal so gehen würde? Dass wir das und da sein würden, was und wo wir wirklich sind? Das Leiden erfahren würden, das wir wirklich gelitten und erfahren haben? (Nicht umsonst war mir so angst und bange 1/4 Stunde ehe du kamst.) Ich erinnere mich noch wohl, dass ich dort, wo du mich das erste mal aufsuchtest, mit dem Pfarrer Abraham auf dem Felde ging, aber plötzlich überfiel mich an seiner Seite gehend, eine entsetzliche Bangigkeit und ein brennendes Gefühl, der heilige Geist trieb mich gewaltig stark, zu beten, ich nahm Abschied vom Pfarrer, lief der offnen Kirchtüre zu, und schüttete mein banges Herz vor Gott aus, wie ichs immer gewohnt war. Als ich nun da betete und mein beklemmtes Herz vor Gott ausschüttete, unter einem Strom von Tränen (ich bat ihn auch damals schon um die Heiligung seines Namens, und das Kommen seines Reiches); da tratst du allein, still, langsam, schüchtern zur Kirche herein, und vorwärts bis zum Choraltar, Alles anschauend. Ich dachte gleich in meinem Herzen, dieser wird auch Gott suchen, ohne zu wissen, dass man ihn nur in Jesu Christo finden könne. Nun schautest du um, sahst den betenden Zobo [Boos] hinten in der Kirche, gingst auf ihn zu und fragtest, ob ichs wäre? Ja, dass Gott sich erbarme, ich bins! war meine Antwort; ich gab dir all mein Geld, das ich in der Tasche hatte, zwölf Kreuzer, dass du übernacht bleiben konntest. Dass sich Gott erbarme! Ich schäme mich noch des kleinen guten Werkes. - Ich betete gerade wie der Publican [Zöllner], dass mir Gott gnädig sein möchte, und nun begnadigte er mich mit dir; eine solche Gnade hätte ich gar nicht erwartet. Gut, sehr gut haben wir uns das erstemal (den andern Morgen) über das Reich Gottes besprochen, froh und selig gingen wir aus einander. Und so gings fort; aber wo sind wir denn jetzt? Ich vor dem Kaiser - du vor dem König. Der Kaiser weiß nicht, was er aus mir, der König nicht, was er aus dir machen soll. Was haben denn wir ehemals so kleine, so unbekannte, so schüchterne, so schlechte Zwölf-Kreuzer-Leutlein vor Kaiser und Könige zu tun? Ich bin so unverschämt und glaube, dass gerade wir Geringen in der Hand Gottes ein Gefäß sein müssen, seinen Namen vor Große und Kleine zu tragen etc.“
Es gab damals mehrere fromme Seelen nach väterlicher Weise, die, weil sie sich nicht ruhig beichten und durch Ablässe den Frieden der Seele nicht gewinnen konnten, in Klöstern suchten, was sie ahnten, aber nirgend finden konnten. Unter Andern war eine, die auch aus Abscheu gegen die Welt in ein Kloster, oder in das Haus eines Geistlichen zu kommen trachtete, weil sie glaubte, da könne man nicht mehr sündigen, sondern recht leicht heilig leben und selig werden. Sie trat daher in ein Kloster mit solcher Freude, als träte sie in den sichersten Himmel. Allein sie fand da kein geistliches Leben, keine heilige Theresia, der sie gern nachahmen wollte; sie sagte es den Nonnen ins Gesicht: Ihr seid nur Kutten-Trägerinnen und keine Kloster-Jungfern. Und so verließ sie das Kloster wieder. Dann versuchte sie durch Wallfahrten sich die Ruhe der Seele zu verschaffen, sie lief zweimal nach Maria Einsiedeln in die Schweiz, kam aber das zweite mal unruhiger, leerer, trauriger zurück, als das erste mal. Sie beschwor ihren Pfarrer, er sollte sie etwas Besseres lehren, als bisher, denn das helfe ihr Alles nichts, sie könne sich damit nicht trösten und beruhigen. Der Pfarrer hieß sie eine stolze Närrin und fragte: ob er nicht gelehrt genug sei, und sie was Besseres wissen wolle, als er wisse etc. Sie kam zu Boos und fand das erstemal, was ihr Herz suchte, denn er wies sie zu Jesus, und bei dem fand sie die Ruhe und Erquickung, die Jesus denen verheißt, welche mühselig und beladen zu ihm kommen. - Der Friede Gottes erfüllte nun ihr Herz, dass sie beständig an Jesum dachte, und ihre Lust und Freude an ihm allein fand. Aber jetzt hatte sie keinen Geschmack mehr am Rosenkranz und andern Mund-Gebetlein. Das machte sie irre und ihr die Sache verdächtig, obs nicht gar Ketzerei wäre. Sie ging also wieder zu Boos und sagte es ihm. Dieser fragte sie, was sie denn immer tue und denke, dass sie keinen Rosenkranz mehr beten könne? Sie: nichts tue ich, und denke ich, als Jesum lieben, weil er bei mir und in mir ist. Er: Nun das ist ja das Allerbeste, das ist keine Ketzerei, Jesum lieb haben und an Ihn denken, Alles aus Liebe zu Ihm tun, das ist ja mehr wert, als viele Rosenkränze beten. „Sie war nun wohl beruhigt, es fiel ihr aber doch bald wieder ein: Dieser Geistliche macht so wenig aus dem Rosenkranze, der möchte wohl vielleicht nichts nütze sein. Sie ging auch hin, und sagte es ihm selbst mit Angst und Zittern. Boos lachte laut und sagte: Ja, da hast du recht, dass ich in mir selbst nichts nütze bin; aber was ich dich gelehrt habe, das ist etwas nütze. Das bleibt wahr. Jesus und die Apostel haben das gesagt - fahre du nur fort, zu glauben und im Glauben Gutes zu tun, und Böses zu meiden etc.
Nicht lange danach war ein Ablassfest in der Nachbarschaft; sie ging aber nicht hin, wie sonst, sondern zu Boos zum Beichten, fünf Stunden weiter. Er fragte sie, warum sie nicht zu dem Ablass ginge? Sie antwortete: Jesus Christus ist mein Ablass, weil er für mich gestorben ist. Einzig und allein ist also das Blut Christi mein Ablass für meine Sünden. Boos: Wer lehrt dich das? Sie: Kein Mensch, es kommt mir selbst so vor; Jesus nimmt mir meine Sünden und alle diese Sachen weg, weil ich zu viel daran gehangen und mein Heil und meine Seligkeit darin gesucht, aber nie Friede und Ruhe gefunden habe. Ich bin nun gewiss, Alles hilft nichts, wenn Jesus nicht die Sünde wegnimmt und nicht im Herzen wohnt. Ich habe mich mit solchen Dingen schier zu Tode gemüht und nichts gefunden, als immer größere Angst und Plage. Aber jetzt habe ich Jesum und Frieden, und kein Verlangen mehr nach jenen Dingen. Nun gab ihr Boos das Neue Test. und ließ sie in Frieden gehen. Sie kam aber öfter wieder, und allemal ging sie freudetrunken ihren Weg, brachte andere unruhige Seelen mit sich, und diesen gings wie ihr, zuletzt selbst den Kaplan ihres Orts.
Wenn nun solche erweckte und erleuchtete Seelen auf einmal anfingen, ihr Licht auch im Wandel leuchten zu lassen, so fiel ihre Gottseligkeit, ihr Glaube in Liebe tätig, ihre Geduld und Sanftmut, die sie gegen Jedermann bewiesen, so in die Augen, dass sie unnachahmlich schienen und die Leute, die das Geheimnis der Gottseligkeit nicht kannten, dachten: diese Menschen haben was Besonderes, und da es ihnen je mehr und mehr unbegreiflich und unmöglich schien, fingen sie an zu lästern: Sie hätten es mit dem leidigen Teufel zu tun. Selbst ein Vater, der sonst seine Tochter sehr liebte, konnte sie nun, da sie gottselig war, nicht mehr leiden, sondern wenn sie ihm so demütig, liebevoll und gehorsam begegnete, sagte er: du stellst dich nur so fromm, dass man deine Teufeleien nicht merke, du bist falsch. Ja, Brüder oder Schwestern waren oft die Ersten, die von ihrem gläubigen und bessern Geschwister sagten: sie hielten es mit dem T. Die Gelästerten wurden aber dadurch nur desto mehr zu Jesu getrieben. Ihr unablässiges Gebet war nur: Jesus! sei du geduldig in mir, übe du dieses Werk in mir, weil ich schwach bin und ohne dich nichts kann. Und er tat es, sie konnten Alles in ihm, der sie stärkte. Ihr frommer Wandel war ihren Eltern und Verwandten oft so anstößig, dass sie für alle Liebe Schläge, Ohrfeigen usw. bekamen, was ihnen aber süß schien, und für kein Leiden erachtet wurde. Allein je größer die Geduld des Christen, desto größer der Zorn und Hass der Welt. Mancher Vater konnte sein Kind nun nicht mehr ansehen und dulden, sondern jagte es im verblendeten Zorne aus dem Hause, wie es der oben erwähnten geschah, die darüber Anfangs weinte, aber sich bald wieder fasste und sich erinnerte, dass sie erst vor einigen Tagen im Evangelio gelesen habe: „Sie werden euch aus den Synagogen stoßen und euch von einer Stadt zur andern verfolgen.“ Dabei war ihr ins Herz gedrückt: dir wird es auch noch so gehen, und zwar diese Woche noch. Darum freute sie sich jetzt, dass es an ihr erfüllt wurde. Boos, der dies hörte, sagte und schrieb: „das Meer wirft die Toten aus, so die Welt, was ihr tot ist und es nicht mit ihr hält.“ Bald lief ihr auch der Vater nach, suchte sie und fand sie wieder in ein entlegenen Stadt, fiel ihr zu Füßen, bat um Vergebung und bekannte: der T. habe ihn, nicht sie betrogen. Er wollte sie mit Gewalt wieder zu Hause haben. Aber teils Krankheit, teils wütende Verfolgung machten es unmöglich.
2. Eine Andere, die auch ehemals viel gewallfahrtet hatte und auch in ein Kloster gehen wollte, aber nicht aufgenommen ward, kam zu Boos und klagte es ihm. Dieser sagte ihr, sie solle in das innere Kloster gehen. Das verstand sie aber nicht sogleich, bis sie nachher gründlich erweckt und erleuchtet ward.
Sie war gewohnt, wenn sie von Jemand beleidigt oder geschlagen wurde, welches damals um des Glaubens und der wahren Gottseligkeit willen sehr oft und leicht geschah, nicht nur dem Beleidiger zu verzeihen, sondern sich selbst als die Fehlende zu demütigen, und um Verzeihung zu bitten, weil sie Gelegenheit (wenn gleich keine gerechte Ursache) zum Zorn gegeben hatte. Einmal hatte sie ihr wütender Schwager, bei dem sie im Hause wohnte, so misshandelt, dass er sie nicht nur erbärmlich schlug, sondern auch noch bei den Haaren ergriff und in der Stube herumschleppte. Die fromme Dulderin verlor die Fassung nicht, an ihren Heiland denkend, denn sobald er sie nun losließ, richtete sie sich schnell auf ihre Knie und bat ihn herzlich um Verzeihung, als wenn sie ihn beleidigt hatte. Diese Liebe und demütige Geduld konnte und durfte der rasende Mann nicht ertragen, er vermochte nicht länger wider den Stachel auszuschlagen. Diese Abbitte war wie feurige Kohlen auf sein Haupt gesammelt, die ihn brannten, sein Tigerherz schmolzen und ihn in ein Lamm verwandelten. Er hat nachher selbst bekannt, dass diese Abbitte den Grund zu seiner Bekehrung gelegt habe. Denn auch er ging nachher zu Boos, um sich solche Geduld und Liebe zu holen. Er bekannte und leugnete nicht, was er getan und wie sich diese Menschen gegen ihn betragen hatten. Er sagte: Was diese Leute besitzen, muss ich auch haben. Er fand es auch, aber auch dieselbe Verfolgung und denselben Hass der Welt, womit er vorher seine Schwägerin misshandelte und geschlagen hatte.
3. Ein Geistlicher, der weder kalt, noch warm war, kam in das Haus einer Gläubigen oder Erweckten, die er als Kranke Amtshalber besuchen musste. Er benahm sich so, dass die Krankenwärterin, die auch eine fromme Seele war, nach seinen öfteren Besuchen sagte: Was ist das für ein Geistlicher? der sagt ja gar nichts Geistliches? - In seinen Predigten, erwiderte die Kranke, ist er ebenso; es fehlt nicht viel, er empfiehlt das Tanzen auf der Kanzel. Als er wieder kam, sprach die fromme Wärterin zu ihm: Sie reden ja gar nichts von Christus! - Er erwiderte lachend: O das will ich erst sehen, was dieser für ein Mann gewesen ist, wenn ich sterbe. Die Wärterin erschrak, bedauerte ihn innig, und sprach bei sich selbst: Lieber Jesus! Sieh, wie blind er ist, gib ihm doch Etwas von dem, was du mir in mein Herz gegeben hast, weil du darin wohnst. Sie konnte sich nicht enthalten, ihm einige Sprüche aus dem Neuen Testament zusagen - aber er machte nichts daraus. Sie sagte zu ihm: Ich will es Ihnen schriftlich geben und zeigen im Neue Testament Er: Ja es ist recht. Sie hat aber von mir nichts zu hoffen und nichts zu fürchten. Er ging. Sie aber nahm das Neue Testament, suchte und fand schöne Stellen, die sie herausschrieb und als er wiederkam, ihm mit Freundlichkeit übergab. Er nahm sie, versprach, sie zu lesen, aber immer mit der Miene, dass mit ihm nichts zu gewinnen sei. Sie aber betete immer: Lieber Jesus! gib ihm doch Etwas, weil er gar so blind ist.
Des Nachts las er die Texte aus Neugierde, schlug sie nach, verglich sie - und weinte auf einmal bitterlich. Es gingen ihm die Augen auf über seine Blindheit und sein entsetzlich ungeistliches Leben. Es ging ihm, wie dem Augustin: „Die Ungelehrten und Einfältigen stehen auf und reißen das Himmelreich an sich und wir bleiben in unsern Sünden liegen.“ Einer der Texte, der am meisten Eindruck auf ihn machte, war 2.Kor. 13,5. Versuchet euch selbst, ob ihr im Glauben stehet? Prüfet euch selbst; erkennet ihr euch selbst nicht, dass Christus Jesus in euch ist? wenn ihr anders nicht gar von Ihm verworfen seid!
Nun kam er zu der Person, die nun selbst krank war, und erzählte ihr, wie es ihm ergangen, indem er die Texte gar nicht aus Ernst und guter Meinung, sondern aus Neugierde gelesen hätte. Dieses überzeugte ihn, dass es eine höhere Kraft und dass die Bibel Gottes Kraft und Gottes Wort und Wahrheit sei etc. Er setzte noch hinzu, dass er nun Gott und ihr nicht genug danken könne. Er bat auch, ihn mit Boos bekannt zu machen, zu dem sie ihn auch wies. Dieser erschrak nicht wenig, als er ihn den 13. Sept. 1796 zu ihm kommen sah, denn er kannte ihn lange, aber nicht so, wie er jetzt war. Er bekannte sogleich seinen Glauben und dermalige Veränderung. Boos traute kaum seinen Augen, als er ihn reden hörte und sah. Jener bekannte ihm all seine Sünden, und gab solche Beweise seines Glaubens und der Umwandlung seines Herzens, dass dem l. Boos kein Zweifel über die Redlichkeit seines Bekenntnisses übrig blieb. Er war so offenherzig und aufrichtig, dass er gar nicht genug bekennen konnte. Es war keine mechanische Beichte, es war ihm so zu Mute, dass er, wie Augustin, der ganzen Welt hätte bekennen mögen. In dieser Stimmung ging er fort und Boos begleitete ihn. Er fühlte sich wie neugeboren, ganz beseligt. Sie kamen zu einem Stege über ein Wasser, wo eine Bildsäule von Johannes dem Täufer stand. „Sieh!“ sagte Boos, zu ihm: „du bist nun auch getauft mit jener Taufe, die Jesus versprochen bat, mit der Taufe des heiligen Geistes und mit Feuer.“ [Boos wollte mit dieser Rede weder den Wert, noch die Notwendigkeit der Wassertaufe leugnen, noch ein Wiedertäufer werden, sondern nur die Mittheiligung des heiligen Geistes anzeigen, die, wie die Väter es erklären, auch eine Taufe genannt wird, teils weil sie besonders bei der Taufe geschieht, teils weil dadurch auch außer der Taufe die Seele eben so gereinigt, ja noch mehr geschmückt, geheiligt gestärkt wird. (Siehe lacob Turin. Bibl. sacr. XIV. Band. 8. Registr. Taufe. S.488) Jesus selbst nennt sein und seiner Jünger Leiden auch eine Taufe. Nur unwissende Menschen konnten daraus eine Ketzerei machen, weil sie weder die Schrift, noch die Kraft Gottes kennen.] Und da sich jener schon über dem Stege befand, wendete er sich noch einmal gegen Boos und sprach: „Ich glaube!“ Da sah Boos dessen Angesicht glänzen. Die innere Umwandlung und Wirkung der Gnade zeigte sich auch äußerlich. Sie gingen Beide aus einander und Jeder nach Hause, erstaunt über die Gnade Gottes.
Der neue Wandel, die geistvollen Predigten und Gespräche dieses Geistlichen, worüber das Volk, das ihn vorher wohl kannte und bedauerte, jetzt bewunderte, indem es sprach: Mit diesem Manne muss eine Veränderung vorgegangen sein! gab Anlass zu einer neuen Erweckung. Das Evangelium predigen war jetzt sein Leben, und Sterben sein Gewinn, wie er sich öfters ausdrückte. Die Leute rissen Mund und Augen auf, kamen und fragten ihn: Was müssen wir tun, dass wir selig werden? Er verkündigte ihnen die frohe Botschaft der Vergebung der Sünden im Blute Jesu; Viele glaubten und wurden erleuchtet, selig, mit Liebe und Geist erfüllt, und waren Alle Ein Herz und Eine Seele. Das ging so fort, wie ein Feuer, das der Herzen gezündet hat.
Als Boos dies hörte, erstaunte er selbst, wurde in seinem Glauben mehr gestärkt, und predigte mit noch größerm Eifer, als vorher. Eine Menge Seelen kamen auch zu ihm, bekannten ihre Sünden, glaubten und bekehrten sich zu Jesu, ihrem Heilande, den sie vorher dem Namen nach kannten.
4. Nathanael [Feneberg] (erzählt nun Zobo, d.h. Boos selbst) hörte und las, was sich den 13. Sept. 1796 mit obigem Geistlichen zugetragen hatte; er wünschte daher, diese Leute persönlich sehen und sprechen zu können. Er glaube, schrieb er einmal, dass es mit Christo so, wie wirs erfahren hätten, sein müsste und sollte, aber er hätte davon noch nichts erfahren, er wäre gleich dem Zachäus, der auf dem Baum warte, bis Christus vorübergehe und bei ihm einkehre. Boos antwortete ihm: Er sollte nur ruhig warten auf dem Baume, es sei ihm, als werde Christus bald selbst in sein Haus und in sein Herz kommen und bei ihm einkehren. Diese Verheißung war ihm und noch zwei Andern, - wir wollen sie Silas und Markus nennen - sehr lieb. Inzwischen kam noch ein Vierter, ein frommer, gelehrter Mann dazu, hörte und las auch, was Gott in diesen Tagen an an armen Sündern getan hatte. Die Sache kam ihn außerordentlich vor; er wünschte sehr, mit Boos selbst persönlich über Alles reden zu können, und ließ ihn durch einen Expressen holen. Dem Zobo war die Reise schon vorher auf eine ungewöhnliche Weise von Gott angezeigt. Er machte sich daher gleich auf den Weg und nahm noch einige von den Erweckten, unter denen besonders Unger [Magdalena Fischer] voll Einfalt und heiligen Geistes war, mit, vorzüglich in der Absicht, um sie und ihre Erweckung von den gelehrten Herren prüfen zu lassen.
Als sie nun den 18. Dezember 1796 dahin kamen, war U[nger] der das erste mal und nur ein paar Minuten den Gelehrten [Sailer] sah, sehr ergriffen und sagte gleich dem Zobo ins Ohr: „Dieser Mann hat zwar ein gutes Herz und viel Kindliches, er ist aber doch noch ein Pharisäer und Schriftgelehrter, und muss noch mehr vom Geiste neugeboren werden.“ Zobo gab ihm über diese Rede einen Verweis, und wollte nicht, dass er den Mann so beurteile.
Allein vergebens; denn als sie wieder zusammenkamen, sagte U. geradezu dem Gelehrten in das Angesicht: Du bist noch ein Pharisäer und Schriftgelehrter, du hast zwar die Wasser-Taufe Johannis, aber noch nicht die Geistes- und Feuer-Taufe Jesu empfangen. Du hast zwar aus dem Gnadenbächlein schon viel getrunken, aber in das Meer der Gnaden bist du noch nicht gekommen. Und wenn du dazu kommen willst, musst du klein und demütig werden, wie ein Kind; usw. Dies und noch mehr sagte U. zum Gelehrten voll Geist und Glauben, so dass Alle erschüttert da saßen und Keiner ein Wort darauf zu sagen wusste. Dem Gelehrten taten diese Reden etwas wehe, und er konnte nichts darauf erwidern. Der Pfeil hatte getroffen und blieb stecken. U. sagte auch noch, Zobo hätte es ihm zwar verboten, so von ihm zu denken und mit ihm zu reden, allein er müsste reden, wie es ihm Gott gebe; denn er kenne ihn ja nicht; wie könnte er also aus sich selbst solche Dinge sagen; er nähme aus Christo, und führe zu Christo.
Dem Gelehrten war es sonderlich zu Mute; er sagte weder Ja, noch Nein. Nun glaubte ich selbst, dass es so wäre, und ließ es durch Worte und Gebärden merken. Das schnitt noch tiefer ein; er ging für heute davon und zu Bette, ohne Etwas zu entscheiden. (Denn eigentlich waren ihm und den Andern solche Leute vorgeführt zur Prüfung, ob ihr Geist aus Gott sei. Die Gelehrten sollten die Einfalt und den Geist prüfen, aber der Geist der Einfalt prüfte die Gelehrten.)
Des andern Tages früh reiste er schnell fort. Zobo wollte ihn nicht lassen, aber er ließ sich nicht aufhalten. Als er Abschied nahm, sagte ihm Einer der Erweckten: „Er kam zu den Seinigen, und die Seinigen nahmen Ihn nicht auf. Die Ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.“ Er ließ sich auch das noch sagen und erwiderte: Gut! Gut! und fuhr, wie es schien, sehr unruhig und angegriffen davon. Doch nahm er nichts als Beleidigung auf, sondern es wirkte und arbeitete nur in seinem Innern. Denn vor der Abreise hatte er noch zu Nathanael gesagt: Was Zobo von der ganzen Sache sagt, leuchtet mir Alles als schriftmäßig ein, aber in das, was U. gesprochen, kann ich mich nicht finden. U. hatte ihm nämlich schon vorher auch gesagt: Er müsse es bekennen, dass es so sei, dass es noch nicht ganz recht mit ihm stehe; er sähe seinen Zustand klar und ganz gewiss vor Augen; er habe zwar, wie Cornelius, mit der vor- und zubereitenden Gnade schon viel Gutes getan, und schon sehr viel für das Gute gelitten, aber Christum selbst und seinen heiligen Geist (die Geist- und Feuertaufe - ) habe er deswegen doch noch nicht; er soll’s nur glauben, soll nach Ihm hungern, Ihn aufnehmen und beherbergen, Ihn im Glauben ergreifen, usw.
Als er nun fort war, musste ich bitterlich weinen, dass mir das Herz im Leibe bewegt wurde, und die Tränen häufig über die Wangen rollten. Die Andern weinten auch mit, weil sie fürchteten, der innigst geliebte Mann möchte beleidigt oder ihm Unrecht geschehen sein. U. weinte selbst, weil er dem Zobo nicht gefolgt hatte. Aber auf einmal nach einem kurzen Stillschweigen sagte U.: Seid getrost, es widerfährt ihm auf dem Wege noch Gnade, Gott tut ein Wunder an ihm. Der Herr wird seinem Herzen erscheinen.
Als er nun ein paar Stunden weit gereist war, sandte er durch Jemand, der ihn begleitete, folgendes Schreiben zurück:
Charissimi! Deus dedit mihi inexplicabilem animi quitem, non dubito, quod Ioannes aqua, Christus vero spiritu baptizet. Orate, fratres, ne intremus in tentationem. Caetera relinquamus Deo. Valete. [Liebste Brüder! Gott gab mir eine unaussprechliche Ruhe de Gemütes. Ich zweifle nicht, dass der Herr im sanften Säuseln gekommen oder schon da ist. Ich glaube, dass Johannes mit Wasser, Christus ab mit dem Geiste taufet. Betet, Brüder! dass wir nicht in Versuchung fallen. Das Übrige wollenen Gott Überlassen, lebet wohl!]
Durch dieses überraschende, erfreuliche und herzliche Schreiben wurden Alle sehr beruhigt. Nathanael glaubte am stärksten, dass dem Reisenden eine außerordentliche Gnade widerfahren sei, weil er nach seiner Abreise immer habe beten müssen: Herr, wenn du zu uns kommen willst, so komm doch vor Allen zu ihm! [Der gute Nathanael! Er liebte seinen Nächsten nicht nur wie sich selbst, sondern mehr als sich selbst, er gönnte den Himmel dem Freunde zuerst und dann sich selbst.]
5. Dem Nathanael wurde nun gesagt, dass er zu sehr mit seinem Herzen an dem Reisenden hänge, und, wenn Christi Geist zu ihm kommen sollte, so müsste er diese Anhänglichkeit fahren lassen und verleugnen. Das wollte ihm anfangs nicht in den Kopf. Ihr werdet mir, sagte er, ja doch nicht verbieten, meinen Nächsten zu lieben und vorzüglich den, der mir am meisten Gutes getan hat?
Ganz und gar nicht, erhielt er zur Antwort, nur soll die Liebe reiner, göttlicher und durchs Feuer geläutert, nimmer so menschlich, natürlich und parteiisch sein. Christus kommt nicht, das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen und zu vervollkommnen usw.
Er sagte hierauf: Soll denn bisher all’ meine Sache Nichts gewesen sein? Antw. Das eben nicht; ihr habt bisher mit der vorlaufenden Gnade viel Schönes und Gutes geredet, geschrieben und getan, aber nun will der Herr selbst mit Euch sein, tun und wirken. - Damit war er zufrieden.
Wir stellen uns dreierlei Werke der Menschen vor: 1. Es gibt Werke, die wir aus eigner, bloß natürlicher Kraft, aus Egoismus, (Selbstsucht) tun, wie die Pharisäer, d. h. die bösen unter ihnen, die Christus öffentlich tadelte, und wie die Gottlosen, Ungläubigen, Egoisten. 2. Es gibt Werke, die wir an der Hand der Christo vorlaufenden, wegbahnenden Gnade tun, und die sind nicht nur nicht zu tadeln an Heiden, Juden, Christen und allen Nationen und Religionen, sondern sie sind gut und Gott angenehm, wie die Jünger Johannis, wie Cornelius, der Kämmerer, Nikodemus und die bessern unter den Pharisäern, von denen Jesus sagt: sie seien nicht fern vom Reiche Gottes u. dergl. 3. Es gibt aber auch Werke, die Christus selbst in und mit uns tut, nachdem wir Ihn im Glauben in unser Herz aufnehmen, und unsern Willen durch Ihn im Feuer des heiligen Geistes reinigen und heiligen lassen. Und diese Werke sind dem Vater höchst angenehm um Christi, seines Sohnes und seines heiligen Geistes willen; denn sie sind in Gott getan, sind aus Gott, und von allem Eigennutz, Eigenliebe und Selbstsucht befreit, sind in der Wahrheit, die Christus ist, geheiligt usw.
Nun sagte Unger zu Nathanael: Es ist noch etwas vor der Tür; der Herr kann noch nicht hinein.
So soll Er selbst hereinbrechen, versetzte Nathanael; ich kann nichts machen. Die eigene Gerechtigkeit steht ihm bei mit gewiss nicht im Wege. Denn ich hatte schon lange nichts Anderes, als Sünden.
Endlich nach vielen verschiednen Reden erhob sich eine andere Stimme und sprach zu ihm, weil er sie selbst hervorrief und auch diese Stimme zu hören verlangte. Glauben Sie, fragte jene, dass Jesus zu Ihnen kommen, Ihnen all’ Ihre Sünden und Strafen erlassen und künftig in Ihnen den Willen des Vaters erfüllen wolle? Ja, ich glaub es, sagte er herzhaft und kräftig. Hierauf hatte der Streit ein Ende. Und es hieß mit allgemeiner Freude: Er hat Ihn vom heiligen Geiste durch Glauben aufgenommen in sein Herz.
Die Seligkeit, der Friede, die Ruhe des Gemütes war auch bei ihm unaussprechlich, die ihm durch den Glauben und die gläubige An- und Aufnahme Jesu und seines Verdienstes zu Teil wurde. Oh wie oft hat er nachher von dieser großen Gnade und Seligkeit, die er hierbei erlangte, und die Quelle des Heils für Zeit und Ewigkeit geworden ist, mit Freude und Dank erzählt und den Herrn gepriesen! (Siehe Fenebergs Leben, Seite 114.f.).
6. Nun kam die Reihe an Markus, mit dem schon Vieles über die Sache gesprochen, und nichts ausgerichtet war. Denn bei ihm gings sehr langsam und schwer, 1. weil er glaubte, es stände bei ihm schon recht, es fehle ihm nichts; 2. weil er meinte, er sündige, wenn er sich aufs Glauben einlasse. Endlich ließ er sich jedoch auf vieles Zureden noch darauf ein. Aber er hatte am meisten Kampf und Unruhe drei Tage lang. Er wollte immer die Art und Weise begreifen. Am dritten Tage machte er mit dem Herrn folgenden Bund: Herr, wenn hinter dieser Sache oder Weise nichts als Betrug oder lauter Irrtum ist, so bitte ich dich, lass mich nach diesem Gebete noch unruhiger werden. Ist aber Etwas an der Sache, so verschaffe meinem Herzen Ruhe.
Und als er vom Gebete aufstand, wurde er unaussprechlich ruhig, verlor alle Bedenklichkeit, glaubte auf eine ähnliche Weise, und glaubt bis diese Stunde.
7. Endlich ging die nämliche Operation, ein wahrer Seelenprozess, mit Silas vor, der in seinen Augen so klein, arm und ängstlich, fast gar zu demütig war, denn dies war die Ursache, warum es mit ihm etwas langsam ging. Er sagte immer: Christus kann zu mir nicht kommen, ich bin zu sündig, zu arm und zu trocken usw. Man sagte ihm: Christus komme nicht wegen unserer Würdigkeit, sondern wegen unserer Dürftigkeit. Er solle nur werden und sein wie ein Kind, solle glauben und also das Reich Gottes annehmen. Matth. 18,3. Endlich glaubte und nahm er; und wollte, wie er sich nachher öfters ausdrückte, lieber den Kopf, als diesen Glauben verlieren; denn auch er hatte ein großes merkbares Zeichen an sich erfahren. Er hat den Glauben bewahrt und ging 1807 den 1. Okt. in des Herrn Freude ein.
Hierauf zogen wir wieder in unser Land zurück, und Jene predigten mit apostolischem Geiste und Eifer. Als wir auf dieser Rückreise durch einen Ort gingen, wo wir nichts weniger, als dies im Sinne hatten, ließen wir uns mit Jemand, der Freude daran zeigte, auf vorige Weise in ein Gespräch ein. Ich redete über Christus und seine damalige Barmherzigkeit und Gnadenbezeigung; er schien Alles mit Begierde zu hören. Meine zwei Reisegefährten, die sich früher zu Bette gelegt hatten, wurden auf eine wunderbare Art in der Nacht aufgeweckt; sie kamen und redeten noch mit ihm. Er stellte sich, als ob er Alles annähme. Ich sagte ihm aber voraus, dass er sich ärgern würde. Und so geschah es auch. Er war zwar lange im großem Kampfe. Allein als die Trübsal über uns ausbrach, sprach er: Ich kenne Ihn nicht. So ging es Manchen. Viele aber hielten Stich, ließen sich berauben, verfolgen, vertreiben und achteten alle Schande, Schmach und Verlust für lauter Freude und Gewinn, ohne die mindeste Widersetzlichkeit gegen alle Gewalt und Unrecht, das ihnen angetan wurde.
8. Ein andermal kam ein Freund, - wir wollen ihn Nikodemus nennen, - mit dem ich schon lange korrespondierte, der viele schöne, christliche Bücher hatte und las, noch ehe ich sie kannte, und mir dieselben mitteilte, zu mir. Mir wurde dieses mal bei seiner Ankunft, auf die ich mich sonst allezeit freute, etwas schwer zu Gemüte. Bald hernach wurde mir leicht und wohlgemütlich; dagegen ward ihm auf einmal so bange und wehe, dass er vor mir laut zu weinen und zu heulen anfing.
Ich erschrak und fragte; was dies solle? Nikodemus antwortete: Ich weiß nicht, mir ist entsetzlich bange und weh im Geiste. Ich will Sie Ihre Schmerzen allein ausweinen lassen, sagte ich und ging zur Tür hinaus; dabei empfand ich eine große Liebe zu ihm und großes Mitleid.
Zu eben der Stunde kam, vom Geiste getrieben, noch Jemand von fern her und auf die Frage, ob man ihn vorlassen wolle, antwortete Nikodemus: Ja, vielleicht schickt ihn Gott eben für mich und meinetwegen. Wir Beide fragten nun: wo und was denn fehle? Er gab weinend immer die alte Antwort: Ich weiß es nicht und weinte immer mehr. Der Kampf dauerte 29 Stunden und wurde dadurch verlängert, indem er bald sagte: er sei schon bekehrt, bald, er wäre es nicht. Endlich des andern Tages sagte man ihm: Er werde vom T. so hin und her geworfen, er solle annehmen, es wäre noch nicht ganz im Reinen und richtig mit ihm, er müsse erst dazu kommen durch die Gnade und den Geist des Herrn.
Diese Rede tief zu Herzen fassend, ging er in die Kirche, und betete. Als er zurückkam, fiel er laut weinend auf seine Knie nieder und sagte unter Tränen: „Ich war ein stolzer Schriftgelehrter und Pharisäer. Ich wollte es euch nicht eingestehen, aber nun muss und will ich.“ Wir umarmten den Zerknirschten und Zerschlagenen, und sprachen: „Glaubst du, dass dir Jesus dieses und alles Andere vergeben und zu dir kommen wolle? Und er glaubte, und fühlte sich von dieser Stunde an froh, selig und wie neugeboren.
Nachher sagte er: Ich habe gestern in einem meiner Bücher gelesen: Bei keinem Menschen gehe es mit der Bekehrung und Wiedergeburt schwerer zu, als bei einem gelehrten Pharisäer. Diese Worte fuhren mir wie Pfeile durchs Herz, und heute nun habe ich die Wahrheit davon an mir bestätigt gesehen und schwer empfunden. Ich glaube nun, dass Gott über mich gekommen ist, und dass dieses, der Finger Gottes war.
9. Einmal hatte Zobo eine besondere außerordentliche Erfahrung, die er sich nicht erklären konnte.
Mein erster Gedanke war: Nun wird sicher wieder Jemand kommen, der Jesum sucht. (Jesus will entdeckt und offenbar werden, aber es wird Leiden kosten. Die Decke muss aufgehoben, und Jesus verkündigt werden, aber Schmach und Verfolgung wird nicht ausbleiben.) Und wirklich pochte man sogleich an die Tür. Ich öffnete dieselbe mit der Frage: Was wollt ihr? - Antwort: Ich suche Jesum, den ich durch die Sünde verloren habe. Ich erschrak, dachte an mein Gesicht und hieß die Frau (es war eine arme Witwe und kam eine Stunde weit her) hereinkommen. Sie kam schon öfter, allezeit sehr selbstgerecht, aber heute gebeugt und arm und das gar sonderbar ernsthaft. Ich fragte (weil sie so früh kam), wann sie aufgestanden sei? Sie: Ich bin gar nicht zu Bette gegangen, habe die ganze Nacht gebetet, geweint und gelesen. Ich: Wer hat euch denn gesagt: dass man Jesum hier finden könne? Sie: Eine Stimme sagte mir, ich sollte daher gehen. Ich: Nun, so sagt mir doch, wie sieht es in eurem Gewissen aus? Welche Sünden stehen euch am lebendigsten vor den Augen der Seele? Sie: Ach, diese, dass ich Jesum in mir mit allen sieben Todsünden gekreuzigt habe. Jetzt fing sie an zu beichten, wie noch nie, mit vielen Tränen. Und da ich ihre tiefe Zerknirschung und lebendige Reue, ihr Verlangen nach Heil und Gnade sah, sprach ich: Könnt ihr nun glauben, dass ihr bei Gott nichts voraushabt, ja vor Gott nichts habt, als Sünden? Sie: O das fühle ich! Ich: Könnt ihr glauben, dass euch Gott um Jesu Tod und Blut willen eure Sünden alle vergeben, seines Sohnes Verdienst und Gerechtigkeit, ja seinen Sohn selbst schenken und geben will? Sie antwortete zitternd: Ja, mein Gott! mein Gott! ich glaub es. Ich: So steh auf, dein Glaube hat dir geholfen. Gehe hin und sündige nicht mehr. Und nach empfangener Absolution ging sie in Frieden hin und führte ein neues Leben, das sie vorher gar nicht kannte.
So nahmen denn damals viele Seelen, die zur Erkenntnis ihrer Sünde gekommen waren, das Wort von der Versöhnung und Gnade Gottes in Christo Jesu in Buße und Glauben freudig auf, und es wurde an allen erfüllt, was Jesus sagte: Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch - nicht wie die Welt gibt. Sie hatten dann wirklich Friede, den Frieden, der aus der Vergebung der Sünden fließt, die wir durch wahre Buße und den Glauben an Jesu Tod und Blut, für uns vergossen, erlangen. Freudig, lebendig konnten sie sagen: So haben wir nun die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünde. Kol. 1,14. Das bezeugte ihnen der unaussprechliche Friede Gottes, als das Zeugnis des heiligen Geistes in ihrem Herzen.
Sind das nicht lauter Erfahrungs-Sachen, die den Kindern Gottes durch den Glauben an die Offenbarung Jesu Christi zu Teil wurden nach der Schrift? Wer davon nichts weiß, der hätte mehr Ursache, darüber betrübt zu sein, als einen unverständigen Widersprecher und Lästerer abzugeben. Wer kann es in Worte fassen oder leugnen, was der Friede Gottes in einer Seele wirkt, von dem Paulus sagt, dass er höher ist, als alle Vernunft? Phil. 4,7. (Das muss denn doch keine leere Phantasie und Schwärmerei sein, es muss doch Etwas sein, was Paulus so sehr rühmt, oder Paulus wäre der größte Phantast und Schwärmer gewesen, der je in der Welt existiert hat, der alle Jahrhunderte hindurch diese Phantasterei und Schwärmerei gestiftet und durch seine Briefe genährt und bestärkt hätte.) Es werden also wohl alle Menschen ohne Glauben und Erfahrung nicht begreifen können, wie wichtig die Sache sei (weil es ihrer Vernunft zu hoch liegt -), dass Gott in uns armen, sündigen Menschen mit seiner Gnade wohne und wirke. Unser Wunsch ist, dass allen Hörern und Lesern die Worte Jesu: Meinen Frieden gebe ich euch! ins Herz fallen möchten. Dann würden sie bald anders von der Sache denken und reden.
O es war etwas ganz Außerordentliches an denen zu sehen, die in diesen Jahren 1795 - 1797 diese Worte des Friedens in ihre Herzen auf- und annahmen!
„Saulus aber richtete Verwüstung in der Kirche an, fiel in die Häuser ein, zog Männer und Weiber heraus und überlieferte sie in den Kerker. Hingegen die, welche sich zerstreut hatten, gingen hin und predigten aller Orten, wo sie durchzogen, das Wort Gottes. Apg. 8,3f. Das hat sich bald darauf auch Alles wörtlich erfüllt.
Das Neujahr 1797 in Wiggensbach
Dies war der entscheidende Tag, wo das Feuer des guten und bösen Geistes allgemein ausbrach und die Verfolgung begann. Hauptsächlich gab hiezu die Neujahrs-Predigt Veranlassung.
Es wurde ihm vorher von Gott gezeigt, dass nun die Decke, die über dem Geheimnisse: Christus für uns und in uns liege, weggehoben und Christus und sein Evangelium aufgedeckt, geoffenbart und gepredigt werden müsste. Er fühlte sich durch ein außerordentliches Ereignis besonders dazu aufgefordert. Doch ging er schwer daran; denn es war ihm auch gezeigt, dass dieser Christus und diese Predigt von Christo mit Spott und Speichel, mit Kreuz und Schmach bedeckt werden, und er viel zu leiden haben würde. Er sah Christum, den er verkündigen sollte, mit Blut und Speichel bedeckt, daher sträubte er sich, er machte und schrieb sich eine andere Predigt. Aber sein Geschriebenes auf dem Papier verbrannte ihm unter der Hand, ohne dass er es löschen und hindern konnte, und es hieß: Du sollst predigen, was ich dich heiße und bezeugen, was ich dir gebiete.
Ich wollte nicht, schreibt er selbst, aber ich musste; es wurde mir unerträglich, wie dem Jeremia (ich rede wie ein Tor,) ich weinte, ich bat um etwas Anderes zu Gott, aber umsonst; ich konnte nicht anders.
Meine so überaus ärgerliche, d. h. Ärgernis, Hass und Verfolgung erregende Predigt war in kurzem diese:
1. Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe. Die Blinden sehen, die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein.
2. Glaubet an Christum für euch und in euch.
3. Dann werdet ihr die Gabe des heiligen Geistes empfangen
4. Zertretet nicht alle euch jetzt bekannt gewordenen Perlen (die besondern Gnadengaben und Erleuchtungen, die ihnen Gott durch ihn gegeben hat); denn die Schrift meldet davon, dass Gott solche Dinge in den letzten Zeiten werde kommen lassen, und die Erfahrung stimmt damit überein. Apg. 2.
Diese Predigt, die er mit besonderer Salbung und Geisteskraft ausführte, hatte die Kraft und Wirkung des Feuers (wie es ihm vorhergesagt war). Es war, als hätte er Feuer ausgegossen. Es zündete gewaltig und loderte in hellen Flammen auf, nur bei dem Einen auf diese, bei Andern auf eine andere Weise. Die Menge spaltete sich, wie allemal; die eine Hälfte der Zuhörer wollte ihn vor Liebe, Dank und Freude, die andere vor Zorn, Ärger und Hass verzehren. Es ging wie bei Taulers Brautpredigt; bei 40 Personen wurden so erfüllt von der Salbung des Geistes und vom Feuer der Liebe Christi, dass ihr Gefäß es nicht fassen und ertragen konnte, sondern in Ohnmacht fielen und hinausgetragen werden mussten. Es entstand ein großer Lärm. Einige schrieen: Hosianna! andere: Kreuzige ihn! Weg mit ihm! Fort mit ihm! Indem Einige Gott lobten und dankten, dass Er sein Volk heimgesucht und solche Gnade den Menschen gegeben habe, fluchten Andere und entbrannten in Hass, Wut und Zorn gegen die Predigt und den Prediger. Diese, die erzürnte Partei, konnten sich nicht mehr halten; sie liefen zum Pfarrer [Brackenhofer], bestürmten ihn, und forderten mit Gewalt und Ungestüm, dass er auf der Stelle den Kaplan fortjagen sollte.
Die Friedlich gesinnten liefen dann auch zum Pfarrer, baten und beschworen ihn, dass er den gesegneten Mann behalten und durchaus nicht fortlassen sollte. Der Kampf und Streit dauerte den ganzen Tag und die ganze Nacht. Bald siegte diese, bald die andere Partei über den schwachen Pfarrer. Boos blieb in Demut und Geduld wie ein Lamm und erwartete gelassen, was da kommen würde.
Abraham, so hieß der Pfarrer, war sein Jugend- und Schulfreund, und so lange es ohne Verfolgung abging, auch der Freund seiner Herzens-Gesinnung; er liebte und achtete ihn sehr - aber nun, erschreckt durch die ungestümen Menschen, zitterte er, und weil er die Menschen mehr fürchtete, als Gott, verließ er seinen Freund in der Not, gab der ungestümen Zudringlichkeit des blinden Eifers nach, und schickte den Zeugen der Wahrheit fort.
„Zobo musste sich selbst (schreibt er von sich) drei Tage lang einsperren, weil sein Abraham seinen Isaac erhalten wollte. Aber umsonst, der Mord- und Lügengeist überschwemmte das ganze Land. Er musste bei der Nacht auf einem alten Schimmel nach Seeg reiten. Unterwegs begegnete ihm Kohl. Wohin, Bruder? - Zu dir! Wenn du mich aufnimmst. Der Schimmel wurde zurückgeschickt, die Kreuzgeschichte erzählt, man kam fröhlich und selig nach Seeg, erzählte wieder, dass sich der Himmel und die Hölle mit einander über Zobo und hinter Zobo aufgetan habe etc.