Читать книгу Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit die vor Gott gilt: Sein Selbstbiograph. - Johannes Gossner - Страница 17

Seine Rechtfertigungen über verschiedene Anklagen und Beschuldigungen.

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Seine Rechtfertigungen über verschiedene Anklagen und Beschuldigungen.

1.

Ein Teil verschmähet, oder achtet den Verdienst Christi für uns zu gering, und sucht sich durch selbstgemachte Werke gerecht und selig zu machen. In diesen wollten wir den lebendigen Glauben an den Verdienst Christi für uns wecken, weil sie mit und bei ihrem Rennen doch immer unruhig sind, und zu kurz kommen. Ein anderer Teil verlässt sich zu viel auf den Verdienst Christi für uns, fürchtet die Werkheiligkeit und über keinen Glaubens-Gehorsam; - in diesen suchten wir den lebendigen Glauben an Christi Gegenwart in uns zu wecken, sagend: dass sie nur mit Ihm und in Ihm die Gebote Gottes auf das eifrigste erfüllen könnten und sollten, um so ihre Heiligung in der Furcht Gottes zu vollenden. Zwischen diesen zwei Lücken kann nun freilich kein Prediger ohne Kreuz und Anstoß durch kommen. Aber aus Kreuz-Scheu darf er die Wahrheit doch nicht Verschweigen. - Ein Glaube, welcher meint oder sagt: Durch die guten Werke wird Christi Verdienst geschmälert, ist vom Teufel. Und ein Glaube, der Christi Verdienst und Gerechtigkeit vorbeigehet, und eine eigene aufrichtet, ist von den Juden.

2.

Ein großer Teil der Menschen ist Tier geworden; sie fassen nicht, was des Geistes ist, halten wie die Tiere nur aufs Sichtbare und Sinnliche; Alles, was tiefer geht, verwerfen und verketzern sie. Der stolze, hartnäckige Judensinn schilt und verachtet nur, was er nicht versteht. In dieser Zeit sah ich, dass Christus, das Licht der Welt, zum Gerichte gekommen sei: die Sehenden wurden blind, und die Blinden sehend; denn die sich sehend dachten, deren Blindheit blieb; die aber ihren Unverstand und ihre Blindheit gestanden, denen gab Er Licht und Weisheit. - Die Meisten meinen, sie sehen und glauben, und wenn ihnen ihr Unglaube in bester Meinung vorgestellt wird, so werden sie zornig, meinen, man schimpfe sie und greifen nach den Steinen, und der es ihnen sagen muss, wird dann übel zugerichtet.

3.

Maul- und Namen-Christen haben wir genug im Allgäu, aber die Kraft- und Tat-Christen wollte ich beinah auf einem Floße herunter führen, und das wäre noch eine elende Fuhr, meist Krumme, Lahme, Arme, Kranke, die in leiblichen und geistlichen Nöten waren, und noch sind, aber sie sahen doch den Tag des Herrn und freuten sich. Die Namen-Christen wissen nichts von diesem Tage, und lästern sie.

4.

Man ärgert sich, dass wir uns nicht allemal so streng an die Form halten, z.B. bei der Absolution und Beichte. Aber 1) wollte ich mich mehr mit dem Fundament legen abgeben, als mit dem Beichthören. Denn gebeichtet hatten sie mir und Andern, weiß Gott, wie oft. 2) Es waren meistens Skrupulanten, denen es am Vertrauen, nicht am Beichten fehlte. Die Apostel haben denen, die noch nicht glaubten an Jesum, zuerst gepredigt, dann erst getauft, Beichte gehört und absolviert. So wollte ichs auch machen; weil die Meisten noch keinen, oder doch nur einen toten Glauben hatten, so musste die Predigt des Evangeliums vorausgehen. Gold und Silber wollte ich hernach auf das Fundament legen. Da hieß es dann: Dein Glaube hat dir geholfen. Ein zerknirschtes, gedemütigtes, mürbes, gläubiges Herz, das unter Tränen und großer Arbeit seine Rettung in Christi Blut und Tod sucht, verachtet Gott nicht. Und Alle, die sich ärgern, wenn sie dabei gewesen wären, hätten’s den darum Bittenden auch nicht versagen können. O! wie viel tausend Absolutionen werden im Beichtstuhl erteilt, wo keine Reue, keine Demut, kein Glaube und Vertrauen hinten und vorne ist! Ach! wie viel heuchlerische Beichten und Kommunionen werden in forma verrichtet, und schläfern die Sünder immer mehr ein!

5.

Was Gott mit und unter diesen Leuten im Allgäu angefangen hat, daran will ich keine Schuld haben, und man bemüht sich vergeblich, das wieder auszurotten, was Gott getan hat; wäre es pur menschlich, so würde es von selbst zerfallen.

6.

Wenn wir sagten, Johannes müsse mit seiner Buße abnehmen, so meint man nicht, als dürfe man unter Christo nichts mehr tun und wirken; sein Geist gibt nur noch mehr zu schaffen. Aber eben um dem Zuge und Triebe seines Geistes zu folgen, muss das eigensinnige, eigenwillige und selbsterwählte Wirken abnehmen, um den Werken und der Wirksamkeit Christi Platz zu machen.

Wer aber das nicht in Angst und Not erfahren hat, versteht es nicht. Die in Christo Jesu sind, sagt Paulus, haben zwar ihr Fleisch schon gekreuziget unter Johannes, aber sie nehmens auch unter Ihm täglich in die Zucht, und es darf sich nicht mucken gegen den Geist. Dann sagt Gott erst, was Er zu Abraham sagte: „Nun weiß ich, dass du mich lieb hast, weil du deines sündlichen Lebens nicht schontest.“

7.

Wir hielten Keinen für gerechtfertiget durch den Glauben, außer den, der der Sünde durch die Buße gestorben war; und wenn sich das nicht zeigte, hießen wir seinen Glauben eitel und Heuchelei. - Da geschah es dann freilich auch, dass hier und da sich Einer anstellte, wie Simon der Zauberer, als hätte er Buße und Glaube, und wollte unter dieser Larve mit schmarotzen; aber bald zeigte sich sein Teufelssinn. Wer verargt es aber den Aposteln, dass sie den Simon getauft haben? Und so auch Andere unter ihren Jüngern, die nie, wie Johannes sagt, von ihnen waren! - Einigen mag’s wohl bis zur Versuchungszeit Ernst gewesen sein, hernach aber fielen sie ab.

8.

Wenn wir sagten, dass das Gesetz eine Zuchtrute Moses sei, so wollten wir nichts weniger, als dasselbe verachten, oder übertreiben, sondern sagen, dass das Gesetz nur zeige, was man tun solle und müsse, aber keine Kraft zum Tun gebe, sondern die müsse aus Christo geholt werden. Wir sagten, was Paulus auch sagt: dass man unter dem bloßen Gesetze zu keiner Ruhe kommen, und heilig leben könne, indem wir keinen Geist hätten, und also die Sünde im Fleisch uns als leibeigne Knechte beherrsche, wie ein tyrannischer Mann sein Weib; sondern man bringe es bei aller Anstrengung am Ende doch nicht weiter, als bis zur Entdeckung, dass man ein recht verdorbener, an die Sünde verkaufter Mensch sei, und also eines Erlösers bedürfe.

9.

Auf die Frage:

Was habt Ihr denn mit den Weibsbildern? Antwortete er: 1. Wir haben nichts mit ihnen, als dass wir die Weibsbilder wie die Mannsbilder zu Christus führen. 2. Es ist uns leid, dass mehrere von dem weiblichen (d. h. andächtigen) Geschlechte, als von dem männlichen, sich zu Christus bekehren - also den Männern im Reiche Christi vorlaufen.

10.

Die Leute betreffend, so aus fremden Pfarreien zu mir kamen, war das die Schuld: Gar viele Pfarrherren stehen noch unter dem Gesetze; diese treiben dann die Leute gewaltig zu dessen Erfüllung an, und bedrohen die Übertreter mit dem Fluch und mit der Verdammnis, was Alles recht und wahr ist; - aber das haben sie, sie zeigen den Leuten die Kraft, Christum, nicht genugsam, mit der sie die Forderungen des Gesetzes doch nur allein erfüllen und befriedigen können. Da kommen nun die Bessern, die das Wollen haben, aber das Vollbringen nirgends auftreiben können, in eine jämmerliche Enge und Klemme; sie laufen in dieser Angst und Not alle Welt und alle Geistlichen ab und aus, und suchen ängstlich das Vollbringen, d. h. Christum. Und solche kamen denn auch gar mürb und sündig in ihren Augen zu mir nach B. S. W. etc. - Mit solchen hatte ich dann nichts Weiteres und Besseres zu tun, als dass ich sie, wie Johannes, auf das Lamm Gottes wies, sagend, das nähme ihre Sünden weg und gäbe ihnen Kraft, die Forderungen des Gesetzes und ihres Herrn Pfarrers zu erfüllen; sie sollten’s nur lebendig glauben, und immer um Christi Geist, Gnade und Gerechtigkeit weinen und hungern, bis Er komme, und Er komme gewiss bald, die vor- und zubereitende Buße und Reinigungs-Gnade sei schon über ihnen etc.

Etliche von diesen glaubten, und griffen im Vertrauen nach Christum und seiner Gerechtigkeit, legten Ihn als Fundament in ihre Seele, gingen ruhig und froh nach Hause, und ließen ihre Pfarrherren Gold und Silber auf das gelegte Fundament bauen. - Diese sagten es hier und da Andern, sie hätten Christum da und da, und so und so gefunden, und so steckte Eins das Andere an. Aber Alle glaubten, sie seien vorher unter dem Gesetze gestanden, jetzt unter der Gnade; sie seien vorher Juden gewesen, weil sie das Gesetz aus eigener Kraft erfüllen, und also eine eigene Gerechtigkeit aufrichten wollten; jetzt aber seien sie Christen geworden, weil sie Christo, für sie leidend und sterbend, ihre Gerechtigkeit und Christo, in ihnen und mit ihnen das Gesetz erfüllend, ihre Heiligung verdanken, Ihn um deswillen lieb haben, und in steter Glaubensgemeinschaft mit Ihm leben, leiden, wirken und sterben. Diesen sagte ich dann, sie sollten zu Hause beichten und zu Hause glauben und vertrauen.

11.

Aber dass die Laien diese Dinge so herumtrugen, und predigten? Antwort: a) Ich wehrte lange und verwehrte es Jahre lang, aber zuletzt nimmer, b) Die Kinder der Finsternis predigen auch Geheimnisse des Fleisches und des Teufels, ihre toten Werke durch Wort und Wandel, man duldet sie; warum will man’s denn den Kindern des Lichts gar so verargen, wenn sie ihr Licht auch Andern leuchten lassen? Wie liefen die Apostel, und sagten’s einander: Wir haben den Messias gefunden! Wir haben den Herrn gesehen! Er ist auferstanden und uns erschienen! etc. Wie war’s dem Jeremias so unerträglich, bis er herausbrach! etc. Jesus hat in Seinen Gliedern Mitleiden und Verlangen, auch Andere gerecht, ruhig und selig zu machen. - Vor Schweinen und Hunden hatte das freilich nicht geschehen sollen, aber zuletzt geschah es leider auch, darum ging’s so zu. Da hieß es: Herr! die Feinde sind in dein Erbteil eingefallen. Übrigens, glaube ich, soll ein treuer Lehrer wünschen, dass auch Saul und alles Volk weissagte.

Ich glaubte und lehrte, dass unsere Gerechtigkeit anders und größer sein müsste, als jene bloß äußere Scheingerechtigkeit der Pharisäer; wenn wir anders in diesem Leben in das innere Reich Gottes, und in jenem in das Reich der vollendeten Gerechten kommen wollten. Luk. 17,21.

Ich hielt mich also nach der Ermahnung Pauli sehr daran, und sagte Folgendes oft und nachdrücklich - nämlich:

1. Dass Christus für uns am Kreuze leidend und sterbend unsere vor Gott geltende Gerechtigkeit sei und dass alle eigene Gerechtigkeit, die der Jude und Pharisäer aufrichtet, um der Gerechtigkeit Gottes nicht untertan sein zu dürfen (Röm. 10,2f.), vor Gott ein beflecktes Tuch, und nicht hinreichend sei, ein unruhiges Herz zu beruhigen, viel weniger gerecht und selig zu machen. Damit verwirft man aber die guten Werke nicht; denn wir halten den werklosen Glauben mit Jakob für ein abscheuliches Toten-Gerippe, so dass, wie man ohne Glauben (der Christum ergreift und fasst) Gott nicht gefallen kann, man auch ohne Werke, die Folgen des rechten Kraft-Glaubens sind, Gott auch nicht gefallen kann. Denn ich glaubte und lehrte:

2. Christus in uns, den Willen und die Gebote des Vaters durch Leiden, Meiden und Wirken erfüllend, sei unsere Heiligung und völlige Rechtfertigung. Denn der recht lebendige Glaube ist ein Baum voll Früchte, ein Meer, das sich in viele tausend Bächlein guter Werke ergießt, ein Fürst mit einem großen Komitat oder Kordeschierung. Christus in unserer Menschheit wohnend, schaltend und waltend, ist so tätig und geschäftig, als in jener, die Er aus Maria annahm. Ob uns also schon die guten Werke nicht gerecht und selig machen, so glaubten und lehrten wir doch immer, dass wir ohne gute Werke auch nicht gerecht und selig werden könnten, weil ja die von uns gemeinte Gerechtigkeit Christi unser Wesen so ganz durchdringt und durchschlingt, wie das Wasser den Schwamm.

Wir glaubten und lehrten:

3. Dass man zu dieser Gerechtigkeit und Heiligkeit, oder zu diesem „Christus für uns und in uns,“ nur durch die enge Pforte der Buße und des Glaubens kommen könne. Es gehe, sagten wir, von Johannes zu Jesus, von der Bußschule zur Kreuzschule, von der Wassertaufe zur Feuer- und Geistestaufe, als auf dem alten, bekannten Wege. -

Um das uns und Andern fasslich zu machen, teilten wir die Leute in gewisse Klassen ein, - sagten z. B, es wären:

1. Mitten unter den Katholiken Heiden, wie zu Christi Zeiten, indem ja gar Viele in offenbaren Werken des Fleisches, in Hoffart, in Geiz, in Hurerei und Ehebruch lebten, und der sei ja doch einmal noch kein Christ, der nur getauft sei und den Namen trage, so wie auch der nach Paulus kein Jude war, der nur beschnitten und es nur im Äußern war; es gilt ja vor Gott nur die neue Kreatur und die Haltung der Gebote Gottes.

Von diesen Maul- und Namen-Christen und Tat-Heiden sagten wir nun, wenn sie zu Christo kommen wollten, so müssten sie erst in die Bußschule des Johannes gehen, und sich da durch die Wasser- und Tränentaufe der Buße auf Christum hin waschen und reinigen lassen; anders werde Keiner das innere Reich Christi in diesem, noch weniger das Reich der Himmel in jenem Leben ererben. Wir sagten:

2. Es wären mitten im katholischen Christentume

Juden und Pharisäer und Schriftgelehrte, wie ehemals. Denn offenbar sind Viele, die der Gerechtigkeit Jesu Christi für uns nicht wollen untertänig sein, und ihr Alles zu verdanken haben, sondern sie suchen, wie die Juden, eine eigene aufzurichten; sie sind stolz darauf, sie sprechen groß von ihren vielen und guten Werken, und fordern gleichsam den Himmel als Lohn und Schuldigkeit von Gott. Von diesen sagt der heilige Augustin: Non quidem no mine, sed errore iudaizant, eo quod iustitiae Dei nolunt esse subiecti. Sie jüdeln, sie haben zwar nicht den Namen, aber doch den Irrtum der Juden, weil sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterwerfen etc.

Offenbar sind Viele, die, wenn sie gesündigt haben, sich wie Adam und Eva einen Rock aus Feigenblättern machen, und wollen mit diesem Bettlerrock die Blöße ihrer Sündigkeiten decken, das klagende Gewissen stillen, und die Anforderung der göttlichen Gerechtigkeit befriedigen durch allerlei selbsterwählte Kirchen- und Hausgerechtigkeiten, wollen sich von ihren Sünden losbeten, losfasten, loskaufen durch Almosen geben, losbeichten, loswallfahrten, losgeißeln. usw. und damit an der Gerechtigkeit Christi vorbeigehen und entübrigen.

Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit die vor Gott gilt: Sein Selbstbiograph.

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