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Kapitel 6

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„Und es heißt sie ist wie vom Erdboden verschwunden und niemand kann sich einen Reim auf ihr Verschwinden machen?“

„Ja das wurde gesagt.“

Während Lexie eifrig ihre Schale Müsli löffelte, stocherte Ruby nur darin rum. Irgendwann war sie wohl eingeschlafen, aber sie hatte nur schlecht geschlafen. All jene Ereignisse musste ihr bescheuertes Gehirn in Alpträumen verarbeiten und sie war letzten Endes schweißgebadet im Gästebett gegen Sechs Uhr früh aufgehetzt. Völlig orientierungslos und verwirrt. Bis sie sich daran zurückerinnert hatte, dass sie bei ihrer Schwester übernachtet hatte, war sie schon längst durch das Loft herumgerannt, nach irgendwem rufend. Lexie hatte sie dann im letzten Moment davor zurückgehalten aus dem Fenster zu rufen. Erst da ist ihr klar geworden wo sie war. Nachdem sie dann als vollkommen geisteskrank beschimpft wurde und ihr klar wurde, dass die Nachbarn ihrer Schwester überhaupt nicht begeistert waren von ihren morgendlichen Weckrufen, beruhigte sie sich.

Wie auch immer, sie hatte ihrem Namen wieder alle Ehre gemacht, indem sie sich vollkommen zum Affen gemacht hatte.

„Deswegen machst du dich so verrückt?“ Ruby ließ den Löffel in die volle Müslischale fallen und schaute ihre Schwester vorwurfsvoll an. „Ich kannte sie.“

„Na und?“

„Tut mir leid, dass ich damit nicht so vertraut bin, wenn jemand in meiner Gegenwart auf unheimliche Weise verschwindet.“ „Worüber machst du dir denn so Sorgen?“ Während Lex ihren Kaffee schlürfte, verzog sie keine Miene. „Ich hätte dich wirklich für einfühlsamer gehalten, Schwester.“

„Es ist früh am Morgen. Ach Süße,…“ Ihre Schwester stand auf, stellte die nun leere Kaffeetasse in die Spüle und rubbelte dann mit dem Badetuch auf ihrem Kopf ihre Haare trocken, um sie dann wie sie waren, trocknen zu lassen. Ruby war jedes Mals wieder davon fasziniert, dass die Haare ihrer Schwester perfekt lagen, obwohl sie sich kaum Mühe damit machte. Nicht einmal Föhnen war nötig; wie unfair, sie hatte eben doch nur die schlechten Gene vererbt bekommen.

„…du brauchst dir keine Sorge zu machen. Bestimmt war diese Mia einfach ausgelaugt, sie hatte alles satt und hat sich abgesetzt. Das kommt öfter vor. Nicht jeder Vorfall ist ein grausames Verbrechen, nur weil die Nachrichten einem genau das vorgaukeln. Dir wird nichts passieren, dafür Sorge ich schon.“

„Und wie willst du dafür sorgen?“ Sie wurde fies angegrinst und musste blitzschnell reagieren, da ihr der Ersatzschlüssel ihres Hauses zugeworfen wurde. Wie dämlich war sie eigentlich, dass sie vergessen hatte, dass sie ihrer Schwester einen Schlüssel gegeben hatte? Aus solchen Gründen.

„Nun, so lange du dich, während du schläfst, an mich klammerst, dürfte meiner Ansicht nach nicht viel passieren.“

„Das hab ich?“ Lexie lachte laut. „Oh ja das hast du. Ich weiß nicht mehr genau wann ich aufgewacht bin, aber als ich wach war, habe ich nur deinen krampfhaften Griff um meinen Arm gespürt. Und du hast auch nicht mehr losgelassen.“

Ruby wurde rot und begann zu essen, als Übergangshandlung, obwohl sie gar keinen Hunger hatte.

„Hab ich überhaupt nicht bemerkt.“

„Dacht’ ich mir. Ist aber auch unwichtig, ich nehme dir das hier nicht übel.“ Sie zeigte ihr ihren linken Unterarm der an einigen Stellen sehr zerkratzt war. Zwar nicht bis aufs Blut, aber doch sehr sichtbar. „Was auch immer du geträumt hast, du musst dich gewehrt haben.“ Jetzt schaufelte sie sich das Müsli so schnell in den Mund, dass sie weder schlucken gar antworten konnte. „Weißt du, das hast du früher auch immer gemacht, wenn wir Horrorfilme geguckt haben. Du hattest immer unheimliche Angst, musstest sie aber unbedingt sehen. Diese Faszination des Grausamen.“

Mit verschränkten Armen stand ihre schmunzelnde Schwester an die Spüle gelehnt; ihre Haare waren schon etwas angetrocknet und entwickelten bereits die typischen Locken.

„Mach dich nicht über mich lustig.“

„Mach ich nicht.“ Das Schmunzeln wurde breiter.

„Das machst du doch extra. Lass es sein.“

„Es hat mich nur gefreut mal wieder an alte Zeiten zu denken.“

„Das ist nicht nett von dir!“

„Ohh, ich bin nicht nett zu meinem kleinen Schwesterchen.“ Bei diesen Worten erhob sie, um Ruby noch mehr aufzuziehen, ihre Stimme und ging an ihr vorbei, wobei sie ihr über die Haare strich.

„Wir müssen nicht unbedingt jeden Teil der Vergangenheit wieder aufleben lassen.“ Sie ließ ihren Löffel klirrend in die Schale fallen. Auch wenn das Ganze nur Spaß darstellen sollte, ihr gefiel es nicht, dass Lexie sich über sie lustig machte. Vor allem wenn es um ein Verbrechen ging und die damit verbundene Gefahr für sie. Oder das machte sie um sie einfach abzulenken. Ach verdammt, sie hatte Kopfschmerzen; sie sollte einfach mal einen Tag aufhören zu denken. Was eine traumhafte Vorstellung.

„Ich finde es süß, wenn du dich aufregst. Du presst dann deine Zähne so aufeinander und deine Worte werden so ein wenig nuschelnd.“

„Danke, das weiß ich.“

„Und dann wirkst du überhaupt nicht mehr ernst.“

„Lex…“

„Eigentlich wirkst du nie ernst.“

„Lexie…“

„Ich kann mich nicht an ein Mal erinnern, an dem du deinen Willen durchgesetzt hast.“

„Alexandra!“

„Was denn?“ Sie ging sich abermals grinsend durch die Haare, um danach den Tisch abzuräumen. „Es reicht jetzt wirklich. Und bevor du noch mehr Hilfen für mich hast werde ich gehen. Ich habe noch diverse Dinge zu erledigen.“

„Oh ganz formal die Dame.“

„Ich bin jetzt echt sauer auf dich!“ Sie war es wirklich, deswegen stand sie hastig auf, weswegen der Stuhl knarrend nach hinten rutschte. Wenn ihre, ach so tolle, Schwester sie nicht ernst nehmen wollte, dann eben nicht. Sie hatte Besseres zu tun, als dieses Getue noch weiter über sich ergehen zu lassen.

„Der gestrige Tag war echt nicht einfach für mich und die Nachricht von gestern Abend ebenso wenig und wenn du nichts für mich übrig hast, dann sag mir das gleich.“ Sie griff sich unachtsam den Ersatzschlüssel, der neben ihrem Autoschlüssel lag.

„Und so jemand nennt sich Schwester.“ Weiter eilte sie zur Haustür, musste jedoch nochmals zurück, da sie auf dem Küchentisch ihre Handtasche vergessen hatte. Das ließ sie nicht unbedingt viel ernster aussehen, doch das machte Lexie ihr schon deutlich. Als sie nämlich in der Haustür gelehnt stand und ihrer Schwester dabei zusah, wie sie ruckartig auf die Entriegelung des Wagens drückte, dieser sich aber nicht aufschloss, meinte sie noch immer fies grinsend und vollkommen gelassen. „Hey, Ruby, Schätzchen, auch wenn du mir jetzt nicht glaubst, ich habe es irgendwie im Gefühl…du bist meiner Meinung nach die Stärkste der Cavillo Geschwister.“

„Jetzt halt endlich deine dumme Klappe. Du redest einfach nur noch Schwachsinn!“ Ruby trat gegen den Reifen ihres Kleinwagens. „Scheiß Karre!“ Knirschte sie nuschelnd und fuchtelte den sperrigen Schlüssel in das Schlüsselloch.

„Ich liebe dich auch, Ruby.“ Während sie Ruby einen Kuss zuwarf, öffnete diese das Fenster und zeigte ihr den Mittelfinger. Mit quietschenden Reifen fuhr sie rückwärts aus der Ausfahrt, hielt am Straßenrand allerdings noch mal inne.

„Wenn du mich lieben würdest, hättest du mir zum Frühstück Pfannkuchen gemacht, so wie früher!“ Mit diesem Abschluss dröhnte der kleine Motor des Polos auf, da sie viel zu viel Gas gab, und preschte dann so schnell, wie mit den wenigen PS möglich war, nach vorne.

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