Читать книгу ...denn ihrer ist das Himmelreich - Jost Müller-Bohn - Страница 46
10.
Februar
Оглавление„Du siehst es doch, denn du schaust das Elend und den Jammer; es steht in deinen Händen. Du bist der Waisen Helfer.“
Psalm 10,14
Es war ein fürchterlicher, kalter Winter. Man konnte in den Ofen so viel Holz hineinwerfen, bis die Ofentür glühend war, trotzdem fror in der Stube das Wasser im Eimer zu Eis. Die Vögel, die sonst im Winter bei uns bleiben, die Sperlinge, die Krähen und Raben, fielen erfroren aus der Luft herunter. Die Fische in den Flüssen und Teichen fanden im Eis ihren Tod und die Hasen, die Rehe, ja sogar die großen Hirsche lagen tot unter eisiger Schneekruste. Bei dieser eisigen Kälte zersprangen sogar große Bäume mit furchtbarem Krachen.
Aber wie ging es den Menschen, liebe Kinder? Die Geschichte von dem armen Waisenkind Valentin will ich euch erzählen.
Valentin hatte keine Eltern mehr und andere Verwandte kannte er nicht. Er war ein fleißiger Junge, der den Leuten viele Botengänge abnahm und ihnen oftmals auch die Stiefel putzte. So verdiente sich Valentin sein tägliches Brot. Bekam er ein Stück Brot, so dankte er Gott für jeden Bissen. Nur nachts war es für den Kleinen schlecht. Er schlief in Pferdeställen oder in Scheunen, manchmal legte er sich sogar in eine leer stehende Hundehütte. Einmal kroch er unter die Hobelspäne in der Werkstatt eines Zimmermanns. Dort fand er noch einen alten Fußteppich, mit dem er sich zudecken konnte. - Nun kam aber dieser schreckliche Winter, in dem selbst die Tiere in den Ställen jämmerlich erfroren. Da fand er in einem Rittergut einen kleinen Schafstall, der etwas abseits vom Herrenhaus lag. Vor dem Stall war ein großes Schild angebracht: „Vorsicht! Sehr bissiger Hund!“ Es war schon dunkel, als Valentin an das Tor des Stalles kam. Lesen konnte der arme Junge sowieso nicht.
„Lieber Gott im Himmel“, betete er, „beschütze mich auch in dieser Nacht. Lass deinen Schutzengel bei mir sein.“ Dann legte er sich bei den Schafen in einen Heuhaufen in die Ecke. Mit ein paar Säcken deckte er sich zu und schlief todmüde ein. Mitten in der Nacht schlich sich der bissige Schäferhund in den Stall. Diesen Hund hatten viele Kinder geärgert, darum biss er immer, wenn Kinder in seine Nähe kamen. Ja, Tiere erinnern sich oft, wenn sie misshandelt worden sind. Jetzt geschah ein Wunder. Als der grimmige Schäferhund den Valentin so friedlich schlafen sah, legte er sich über ihn, ja er schmiegte sich ganz fest an den Knaben, so dass dieser meinte, einen dicken Pelz anzuhaben. Es wurde ihm so warm, als hätte er eine große Wärmflasche über sich. Am Morgen erwachte Valentin neu gestärkt wie an einem warmen Ofen. Der Hund beschnupperte ihn und verschwand schnell.
Am Tage bettelte Valentin an den Haustüren und brachte seinem Schlafkameraden einen schönen Knochen mit, worüber sich der Hund natürlich mächtig freute. Eine ganze Woche verging, Abend für Abend schliefen die beiden wie Geschwister dicht beieinander. Als eines Morgens der Rittergutsbesitzer in den Stall kam und den Knaben neben dem Hund fand, war er sehr erschrocken. Er meinte, der Hund habe den Jungen totgebissen. Aber da schlug Valentin seine Augen auf und lächelte dem Mann ins Gesicht „Großer Gott!“ rief der Herr, „die Engel Gottes haben diese kleine Menschenseele behütet. Das ist ein Wunder Gottes!“ Von jener Stunde an wurde Valentin der zweite Hirte über die Tiere des Gutsherren. Mit seinem Beschützer, dem großen Schäferhund, verband ihn immer eine innige Freundschaft. Ja, Gott kann auch die Tiere lenken und leiten, dass sie Freunde der Menschen werden.
Nun wollen wir beten: Wir danken dir, Vater, dass du uns in allen Lebenslagen hilfst und dass du ganz besonders ein Gott der Waisen und Witwen bist, dass du auch diese Kinder, die keine Eltern haben, behütest und beschützest. Amen.