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V.Rechtswidrigkeit 1.Rechtfertigung kraft Einwilligung

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230Diese kommt nach h. M. bei einer einverständlichen Fremdgefährdung – die Tat­herrschaft liegt anders als bei der Selbstgefährdung hier beim Beteiligten – in Betracht. Für die Rechtfertigung soll es demnach ausreichend sein, dass das Opfer bereits in die lebensgefährdende Handlung (und nicht in die Tötung) einwilligt und damit das Handlungsunrecht entfällt660. Auf die (zufällige) Realisierung des Erfolges kommt es daher nicht an. Anders als bei der vorsätzlichen Tötung steht daher die mangelnde Dispositionsbefugnis über das Leben der Einwilligung nicht entgegen661. Die Gegenansicht lässt hingegen eine solche Risikoeinwilligung nicht zu, da auch das Fahrlässigkeitsdelikt maßgeblich vom Erfolgsunrecht geprägt sei662.

Bsp. 1: T nimmt mit seinem Wagen an einer Wettfahrt teil; O nimmt freiwillig als Beifahrer teil, obwohl O die Gefährlichkeit dieser Fahrt kennt. Der Wagen kommt dabei in Folge eines leichten Fahrfehlers von der Straße ab, prallt gegen einen Baum, wodurch O zu Tode kommt. – T macht sich nicht nach § 222 strafbar; zwar liegt der Tatbestand einer fahrlässigen Tötung vor, weil T als Fahrer die Tatherrschaft über das Geschehen besaß und damit eine Fremdgefährdung vorlag663; jedoch hatte O in die Gefährdung eingewilligt, so dass die Tat nach h. M. nicht rechtswidrig ist.

Bsp. 2:664 Wie Bsp. 1, jedoch überholt T plötzlich hochriskant, so dass sich auf einer zweispurigen Straße drei Fahrzeuge im Abstand von jeweils 30 cm nebeneinander befinden; als der Wagen des T den Grünstreifen berührt, kommt er von der Fahrbahn ab und prallt mit tödlichen Folgen für O gegen einen Baum. – Eine Einwilligung ist hier zu verneinen, weil sich diese nicht auf den gefährlichen Überholvorgang bezog665; soweit der BGH im Beispielsfall allerdings unter Berufung auf den Normzweck des § 228 und die gesetzgeberische Wertung des § 216 davon ausgeht, dass eine wirksame Einwilligung bei konkreter Todesgefahr ausscheidet666, ist dies wenig überzeugend, da mit dem Eintritt des Todes bei § 222 eine solche Gefahr regelmäßig verbunden sein wird667 und andernfalls kaum Raum mehr für eine Einwilligung bliebe. Zudem muss man sehen, dass § 216 nur Vorsatztaten betrifft und selbst die Vorschrift des § 228 systematisch im Bereich der Körperverletzungsdelikte verankert ist; im Ergebnis würde man ansonsten aus überindividuellen Interessen zur Schaffung eines Lebensgefährdungsdelikts gelangen, was im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht unproblematisch wäre668. Soweit der BGH im Rahmen der Grenze des § 228669 auch darauf abstellt, dass eine wirksame Einwilligung bei konkreter Todesgefahr ausscheidet670, bleibt dies vage, da mit dem Eintritt des Todes eine solche Gefahr ja regelmäßig verbunden sein wird671. Entscheidend kann nur sein, ob sich bei Erteilung der Einwilligung eine solche konkret gefährliche Lebensgefahr prognostizieren lässt.

231Jedoch ist die Einwilligung nicht schrankenlos, da selbst bei der fahrlässigen Körperverletzung die Grenzen des § 228 zu beachten sind. Die hierfür entwickelten Grundsätze sollten daher auch für die fahrlässige Tötung gelten: Je größer die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Ausgangs ist und umso weniger gewichtig der verfolgte Zweck ist, desto eher ist von Sittenwidrigkeit der Tat auszugehen672. Nach anderer Ansicht soll hingegen die Fremdgefährdung der Selbstgefährdung gleichzustellen und bereits auf Tatbestandsebene im Rahmen der objektiven Zurechnung zu behandeln sein673. Die Einwilligung ist demnach solange wirksam, wie dem Gefährdeten das Risiko in demselben Maße bewusst ist wie dem Gefährdenden und der Schaden Folge des spezifisch eingegangenen Risikos ist.

Bsp.: T ist aufgrund erheblichen Alkoholkonsums fahruntüchtig; dennoch wird er von O, der Kenntnis vom Umfang des Alkoholgenusses besitzt, gebeten, ihn mit nach Hause zu nehmen. Auf Grund eines alkoholbedingten Fahrfehlers kommt es zu einem Verkehrsunfall, bei dem O getötet wird. – Man kann hier vertreten, dass die fahrlässige Tötung durch die Einwilligung des O gerechtfertigt ist, wenn man der Auffassung ist, dass die Tat angesichts des ursprünglich nur abstrakten Risikos eines Unfalles nicht gegen die guten Sitten verstößt674. Zu einem entsprechenden Ergebnis gelangt man auch mit der Gegenansicht, weil sich O des Risikos im selben Maße wie T bewusst war und sich die spezifische Gefahr einer Trunkenheitsfahrt im Erfolg realisiert hat.

Strafrecht - Besonderer Teil I

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