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2.Analogiewirkung

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102Aus der Analogiewirkung folgt, dass § 243 auch dann bejaht werden kann, wenn zwar kein Regelbeispiel vorliegt, der Fall im Unrechts- und Schuldgehalt aber ebenso schwer wiegt wie im Falle der Verwirklichung eines Regelbeispiels.

103a) Bei der engeren Analogiewirkung soll der Gedanke eines bestimmten Regelbeispiels auf einen ähnlichen Fall übertragen werden276. Dabei ist zu beachten, dass allein die Ähnlichkeit mit einem Regelbeispiel noch keine Indizwirkung auslöst277. Vielmehr muss immer gesondert geprüft werden, ob die Tat dem Regelbeispiel in ihrem Schweregehalt entspricht (vgl. auch § 267 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 StPO).

Bsp.:278 T steckt im Laden des O eine mit einem Sicherungsetikett versehene Jeans in seinen Rucksack. – Trotz der elektronischen Sicherung ist die Wegnahme der Sache mit dem Überführen in das Behältnis (Gewahrsamsenklave) vollendet, so dass § 242 zu bejahen ist279. Da das Sicherungsetikett die Wegnahme nicht hindert, ist es keine besondere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme; § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ist demnach zu verneinen. Da das Sicherungsetikett jedoch eine ähnliche Schutzvorrichtung darstellt, die der Wiedererlangung der Sache dienen soll, liegt der Unrechts- und Schuldgehalt gleich. Es kann daher ein sonstiger besonders schwerer Fall angenommen werden280.

104Es handelt sich hierbei um eine gesetzlich angeordnete bzw. zugelassene Analogie, die nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstößt281, weil die Regelbeispiele das vom Gesetzgeber normierte Merkmal des besonders schweren Falles erläutern und sich der Richter noch innerhalb dieses Merkmals bewegt. Auch liegt richtigerweise kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vor, weil die Regelbeispiele die Generalklausel hinreichend präzisieren282.

105b) Von der weiteren Analogiewirkung wird gesprochen, wenn der Fall keine Ähnlichkeit mit einem Regelbeispiel aufweist, jedoch im Unrechts- und Schuldgehalt dem Schweregrad entspricht, den der Gesetzgeber bei den Regelbeispielen zur Anwendung des Sonderstrafrahmens voraussetzt283. Es ist nach h. M. auch hierfür eine Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrelevanten Umstände erforderlich. Es ist demnach zu fragen, ob „das gesamte Tatbild nach einer Gesamtwertung aller objektiven, subjektiven und die Persönlichkeit des Täters betreffenden Umstände, die der Tat selbst innewohnen oder die sonst in Zusammenhang mit ihr stehen, vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Delikte in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint“284.

Bsp.: Der mehrfach vorbestrafte T stiehlt eine besonders wertvolle Sache, auf die – wie er auch weiß – der O beruflich in besonderem Maße angewiesen ist. – T verwirklicht kein Regelbeispiel des § 243; auch liegt keine Ähnlichkeit mit einem Regelbeispiel vor. Es kann aber, wenn keine mildernden Umstände vorhanden sind, ein sonstiger besonders schwerer Fall angenommen werden, weil – wie § 243 Abs. 2 (und auch § 248a) zeigt – der Wert der gestohlenen Sache ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Gesamtwürdigung ist und zudem für O mit der Tat vorsätzlich weitere Nachteile herbeigeführt werden.

106Das Erfordernis der Gesamtwürdigung überzeugt freilich wenig, weil der Gesetzgeber die Wertung nur deshalb dem Richter überlassen hat, weil er sich nicht in der Lage sah, die strafschärfenden Umstände abschließend als Qualifikationstatbestände zu normieren285. Daher sollte auch der Richter nur einzelne Umstände heranziehen, die – wie Regelbeispiele oder Merkmale eines Qualifikationstatbestandes – einer abstrakten Regelung zugänglich wären286. Beispiele hierfür sind im Rahmen des § 243 der hohe Wert der Sache287 oder die Amtsträgereigenschaft288.

Strafrecht - Besonderer Teil II

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