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1.Einbruchs- und Nachschlüsseldiebstahl, Abs. 1 Satz 2 Nr. 1

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110Der Grund der Strafschärfung ist darin zu sehen, dass sich der Täter zur Ausführung des Diebstahls über die durch einen umschlossenen Raum geschaffene Schutzsphäre mit erhöhter krimineller Energie hinwegsetzt291. Der umschlossene Raum ist der Oberbegriff und wird durch die Beispiele Gebäude, Dienstraum oder Geschäftsraum erläutert. Das Eindringen in Wohnungen wird durch die Qualifikation des § 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 erfasst. § 243 tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität) zurück.

111a) Ein umschlossener Raum ist ein Raumgebilde, das zum Betreten von Menschen bestimmt ist und Vorrichtungen aufweist, die das Eindringen nicht unerheblich erschweren292. Der Raum muss dabei weder überdacht noch verschlossen sein. Bei öffentlich zugänglichen Räumen kommt das Regelbeispiel allerdings nicht in Betracht. Erfasst werden beispielsweise Lagerplätze, Gärten, Friedhöfe oder Kasernen, soweit nicht das Betreten aufgrund von Lücken in der Umfriedung oder durch leichtes Übersteigen ohne größere Schwierigkeiten möglich ist. Geschützt sind aber auch bewegliche Räume, wie Kfz, Lkw, Schiffe oder Eisenbahnwagen. Die Abgrenzung zu Nr. 2 folgt daraus, dass der Raum zum Betreten von Menschen bestimmt sein muss293. Erfasst wird etwa der Innenraum eines Kfz, so dass sowohl der Diebstahl einer Sache aus dem Fahrgastraum294 als auch der Diebstahl des gesamten Wagens295 das Regelbeispiel verwirklicht. Der Diebstahl einer Sache aus dem Kofferraum wird hingegen nur von Nr. 2 erfasst.

112b) § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 enthält verschiedene Varianten des Eindringens, die sorgfältig zu unterscheiden sind.

113aa) Einbrechen bedeutet das gewaltsame Öffnen einer Umschließung, die als tatsächliches Hindernis das Betreten des umschlossenen Raumes verhindern soll. Erforderlich ist eine gewisse körperliche Anstrengung, d. h. eine nicht unerhebliche Kraftentfaltung beim Öffnen oder Erweitern des Zugangs296. Ist die Tür nur angelehnt oder steckt ein Schlüssel im Schloss, liegt kein Einbrechen vor.

Bsp.: T hebt kurzerhand das lose eingehängte Fenster aus den Angeln. Die Nr. 1 ist hier zu verneinen, weil T ohne größere Anstrengung das Hindernis beseitigen kann.

114Der Täter muss nicht zwingend den Raum betreten, wenn er den Gegenstand nach dem Einbrechen von außen – durch Tür oder Fenster – ergreifen kann297.

115bb) Ein Einsteigen liegt vor, wenn der Täter unter Überwindung der Umschließung auf einem nach der Eigenart des Raumes dafür nicht bestimmten Weg in diesen hinein gelangt298. Dies ist etwa beim Übersteigen eines höheren Zauns, beim Hineingelangen durch ein Fenster oder beim Hineinkriechen durch eine schmale Kelleröffnung zu bejahen. Der Täter muss dabei mit seinem Körper so weit in die Räumlichkeit gelangt sein, dass er sich dort einen Stützpunkt verschafft299. Kein Einsteigen liegt daher vor, wenn der Täter sich nur in den Raum beugt oder von Außen mit der Hand den Gegenstand ergreift300. Entsprechendes gilt auch, wenn der Täter nur in den Raum greift, um – wie bei einer Tür in Kippstellung – den Mechanismus zu öffnen, um so einen ordnungsgemäßen Weg zu benutzen301. Ebenfalls kein Einsteigen ist anzunehmen, wenn der Täter durch offene Eingänge hineingelangt, deren Benutzung nur verboten ist, weil er dann kein Hindernis überwindet302.

116cc) Ein Eindringen in den Raum mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug liegt vor, wenn der Gegenstand nicht für das Öffnen bestimmt ist. Von dem Begriff des Schlüssels werden nicht nur mechanische Schlüssel, sondern auch elektronische bzw. computergestützte Schlüssel wie Chipkarten erfasst303. Falsch ist ein Schlüssel, wenn dieser zur Tatzeit nicht (mehr) zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmt ist, wofür der Wille des Berechtigten maßgeblich ist. Dies trifft zunächst auf einen vom Täter nachgemachten Schlüssel zu. Falsch ist aber auch ein gestohlener, sonst abhanden gekommener oder nicht zurückgegebener Schlüssel, wenn der Berechtigte diesen entwidmet, d. h. die Bestimmung zur ordnungsgemäßen Öffnung entzieht. Dies ergibt sich freilich regelmäßig daraus, dass dem Berechtigten der Verlust bewusst wird304.

Bsp.: T bietet dem O an, dessen Schlüssel für seinen Geschäftsraum während des Urlaubs für Notfälle zu verwahren. Tatsächlich räumt T – wie geplant – den Laden des O aus. – Der Schlüssel wurde zwar durch Täuschung erlangt, jedoch war dieser weiterhin zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmt, so dass das Regelbeispiel zu verneinen ist und sich T nur nach § 242 strafbar macht.

117Andere nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmte Werkzeuge sind Gegenstände, mit denen auf den mechanischen oder elektronischen Verschluss so eingewirkt wird, dass dieser ordnungswidrig bewegt wird305. Typische Beispiele sind Dietriche, Drähte, Metallstreifen oder Zangen. Erfasst werden auch Geräte zur elektronischen Entriegelung, nicht aber solche zur Verhinderung des Abschließens mittels Störsendes, da diese nicht der Öffnung dienen306. Wird der Verschluss aufgebrochen, ist die Variante des Einbrechens verwirklicht307.

118dd) Der Täter hält sich in dem Raum verborgen, wenn er sich in dem Raum versteckt, damit er den Diebstahl zu einem späteren Zeitpunkt durchführen kann. Ob er ursprünglich zum Betreten berechtigt war, ist unerheblich308.

Bsp.: T lässt sich am Abend in der Universitätsbibliothek einschließen, um in der Nacht einige wertvolle Bücher zum Römischen Recht durch das Fenster abzutransportieren.

119c) Aus dem Merkmal „zur Ausführung der Tat“ folgt, dass der Diebstahlsvorsatz schon bei der Vornahme der Tathandlung, d. h. dem Einbrechen usw. vorliegen muss. Dies gilt auch für die Variante des Verborgenhaltens, so dass bereits mit Beginn des Sich-Verbergens der Diebstahlsvorsatz gefasst sein muss309.

Bsp.: T stemmt die Tür zu einem Geschäftsraum auf, um dort das Inventar umzuräumen und einen Zettel mit der Notiz „die fetten Jahre sind vorbei“ zu hinterlegen. Als er ein Bündel mit Geldscheinen findet, erliegt er jedoch den Verlockungen des Geldes und verrät seine Ideale. – Durch die Mitnahme des Geldes verwirklicht T § 242. § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 scheidet aus, weil T den Diebstahlsvorsatz erst nach dem Einbrechen gefasst hat. § 243 kann in solchen Fällen allenfalls noch zur Anwendung gelangen, wenn sich weitere erschwerende Umstände finden lassen, die einen sonstigen besonders schweren Fall begründen.

120Mit Ausführung der Tat ist gemeint, dass der Täter die Handlung zur Vollendung des Diebstahls vornimmt. Das Eindringen zur bloßen Beutesicherung, d. h. zur Beendigung des Diebstahls, genügt also nicht310. In diesem Fall ist aber ein sonstiger besonders schwerer Fall diskutabel311.

Strafrecht - Besonderer Teil II

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