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3. Das Bundesverfassungsgericht als Instrument der Opposition

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Der Blick auf das Verhältnis zwischen BVerfG und Legislative wäre unvollständig ohne den Blick auf das Parlamentsrecht. Während die extensive verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bei der Kontrolle und Verwerfung von Gesetzen eine Einschränkung parlamentarischer Handlungsoptionen bedeutet, zeigt sich im Bereich des Parlamentsrechts ein umgekehrter Trend.[474] Seit den neunziger Jahren hat das BVerfG die Parlamentsrechte wiederholt gestärkt und dabei vor allem den Abgeordnetenstatus in Art. 38 GG weit ausgelegt.[475] Zugleich lässt sich seit Beginn der neunziger Jahre eine deutliche Zunahme an Organstreitverfahren beobachten, die parlamentsrechtliche Fragen zum Gegenstand haben.[476] Dabei hat sich das Organstreitverfahren als besonders wirkungsvolles Instrument der Opposition,[477] konkreter: der parlamentarischen Minderheit,[478] erwiesen.[479] So hat das BVerfG beispielsweise die Informationsrechte einzelner Abgeordneter gestärkt,[480] den Status und die Rechte von Fraktionen konturiert,[481] die Repräsentation der Opposition in Unterausschüssen gestärkt,[482] umfangreiche Rechte der parlamentarischen Minderheit bei der Durchführung von Untersuchungsausschüssen entwickelt[483] und den Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen begründet.[484] Insbesondere hinsichtlich der Kontrolle der Bundesregierung bei der Mitwirkung an der Gesetzgebung in der EU hat das BVerfG die Rechte des Bundestages und des Bundesrates erheblich gestärkt[485] und deren Integrationsverantwortung in der Europäischen Union betont.[486]

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Die Stärkung der Parlamentsrechte durch das BVerfG ist jedoch keineswegs ungebrochen. So nimmt das BVerfG in einigen, vor allem außen- und sicherheitspolitischen Sachbereichen, mitunter eine enge Begrenzung parlamentarischer Kontrollrechte gegenüber der Regierung ausdrücklich hin.[487] Zudem lässt sich auch im Bereich der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu den Parlamentsrechten ein gewisser paternalistischer Trend nicht übersehen, wenn das BVerfG etwa die Abgeordneten des Bundestages zur pflichtgemäßen Mandatsausübung ermahnt.[488] Die verfassungsgerichtliche Durchdringung der internen Organisation parlamentarischer Arbeit birgt stets eine gewisse Gefahr, dessen „autonome Befugnis zur Selbstregulierung“ zu beschneiden.[489] Gleichwohl kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass das BVerfG für die parlamentarische Opposition ein wichtiger Verbündeter bei der Durchsetzung prozeduraler Rechte ist, weil die politische Kontrolle der Regierung bei stabilen Regierungsmehrheiten anderenfalls leerzulaufen droht.[490]

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Das BVerfG präsentiert sich mehr als sechzig Jahre nach seiner Gründung weiterhin als einflussreiches und gestaltendes Organ und prägt den politischen und justiziellen Alltag in Deutschland gleichermaßen. Die Europäisierung des Verfassungsrechts stellt das Gericht jedoch vor erhebliche Herausforderungen.

§ 97 Das Bundesverfassungsgericht › IV. Evaluation: Hüter des Grundgesetzes oder Hüter von Verfassungsrecht?

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