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1. Hybride Modelle der Verfassungskontrolle

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Die Debatten bezüglich einer Verfassungskontrolle gruppieren sich gewöhnlich um drei grundlegende Verfassungsmodelle: das US-Modell der dezentralen gerichtlichen Kontrolle; das deutsche konzentrierte Modell eines Verfassungsgerichts; und das (vor 1998 bestehende) britische Modell des parlamentarischen Vorrangs, das keine externe Kontrolle der parlamentarischen Gesetzgebung zulässt. Jedoch haben die Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg neue Zwischenformen oder hybride Formen hervorgebracht, die nicht in die konventionelle Standardauswahl der US-Variante, der deutschen Variante des gerichtlichen Vorrangs oder des traditionellen britischen Modells des legislativen Vorrangs zu integrieren sind. Sie werden in den kritischen Erörterungen oft nicht wahrgenommen, obwohl man sie als Versuche ansehen kann, die Gefahren der Vergerichtlichung zu vermeiden, vor denen Kritiker gewarnt haben, während man gleichzeitig die grundlegende Notwendigkeit einer Verfassungskontrolle anerkennt. Das gilt für die Erneuerungen, die Stephen Gardbaum unter der Bezeichnung des New Commonwealth Model of Constitutionalism zusammengefasst hat. Er spielt dabei auf Kanada, Neuseeland und das Vereinigte Königreich an. Dies sind „Staaten die zuvor unter den wenigen letzten demokratischen Bastionen des traditionellen legislativen Vorrangs [waren]“. Zwischen 1982 und 1998 „…haben [sie] ein neues drittes Modell des Konstitutionalismus geschaffen, das zwischen den zwei entgegengesetzten Modellen der verfassungsrechtlichen und legislativen Vorherrschaft steht“.[16]

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Vor dem Jahr 2000 hielt Finnland an dem Modell des legislativen Vorrangs fest: Das finnische System erlaubte keine ex post-Kontrolle durch die Gerichte bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Parlamentsgesetzgebung. Die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit bestand ausschließlich aus einer ex ante-Überprüfung durch den Grundgesetzausschuss des Parlaments. Mit der neuen Verfassung aus dem Jahr 2000 wechselte das finnische Modell hin zu den hybriden Formen oder Zwischenformen. Seine Einzigartigkeit liegt in seiner besonderen Kombination der abstrakten parlamentarischen ex ante- und der konkreten gerichtlichen ex post-Kontrolle.

§ 98 Verfassungsgerichtsbarkeit in Finnland › II. Das gegenwärtige System der Verfassungskontrolle › 2. Ex ante-Kontrolle durch den Grundgesetzausschuss

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