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a) Die Zusammensetzung, die Sekretäre und Experten des Ausschusses
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Der Grundgesetzausschuss ist eine besondere quasi-gerichtliche Körperschaft. Seine Zusammensetzung unterscheidet sich aber nicht von anderen Parlamentsausschüssen, da er aus Parlamentsmitgliedern besteht. Gemäß den Verfahrensregeln des Parlaments hat der Ausschuss 17 Mitglieder und neun Stellvertreter (Art. 7 Abs. 1), die von der Vollversammlung gewählt werden (Art. 35 Abs. 1 der Verfassung). Die Mitglieder des Ausschusses wählen dann selbst den Präsidenten und den Vizepräsidenten.
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Die Zusammensetzung des Ausschusses spiegelt seinen politischen Charakter wider. Im Regelfall schließt der Ausschuss einige Juristen ein, aber eine juristische Ausbildung ist keine formale Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Während der ersten Jahrzehnte seiner Existenz befanden sich unter den Mitgliedern des Ausschusses Universitätsprofessoren der Rechtswissenschaft oder andere bedeutende Juristen und Verfassungsrechtsexperten, die natürlich die Autorität des Ausschusses stärkten. Bis vor 15 bis 20 Jahren waren die Mitglieder ältere Parlamentarier, die, auch wenn sie nicht Juristen waren, große Erfahrung und Wissen in Verfassungsrechtsfragen gesammelt hatten. Das hat sich allerdings geändert und derzeit sind die Mitglieder tendenziell weniger erfahren als früher. Der Grund hierfür mag in dem gesteigerten Arbeitspensum des Ausschusses oder im Reiz eines stärker politisch orientierten Ausschusses liegen. Wie dem auch sei, die Veränderungen in der Zusammensetzung des Ausschusses haben die Bedeutung der Sekretäre und Experten des Ausschusses gestärkt.
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Schon von Beginn an wurde der Ausschuss von einem Sekretär unterstützt, aber erst seit 1987 hat er einen eigenen Vollzeitsekretär. Ein Assistenzsekretär in Vollzeit wurde dem Personal im Jahr 2000 hinzugefügt.[17] Der Sekretär – und, seit kurzem, der Assistenzsekretär – sind zumeist erfahrene Verfassungsrechtsjuristen.
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Eine noch größere Rolle spielen die Verfassungsrechtsexperten, die vom Ausschuss hinzugezogen werden. Die Experten des Grundgesetzausschusses haben freilich weder einen offiziellen Status noch wird ihre Rolle in der Verfassung erwähnt. Die einzig relevante Norm ist die allgemeine Bestimmung des Art. 37 der Verfahrensordnung, die besagt, dass Ausschüsse des Parlaments Experten hinzuziehen können. Dennoch, wie im Folgenden klar werden wird, ist der Beitrag der Experten gewöhnlich recht bedeutsam und wird es allem Anschein nach auch bleiben. Er trägt wesentlich zum quasi-gerichtlichen Charakter des Ausschusses bei.
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Während der russischen Herrschaft oder dem Interregnum von 1917 bis 1919 zog der Ausschuss kaum externe Experten bei. Das ist insbesondere verständlich, weil einige der bedeutendsten Verfassungsrechtsexperten der Zeit in der Arbeit des Ausschusses als Mitglieder mitwirkten. Seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden immer öfter Experten beigezogen. In den zwanziger Jahren wurden 80% der Angelegenheiten, die eine Verfassungsinterpretation beinhalteten, ohne eine Anfrage bei externen Experten beraten. In den dreißiger Jahren waren es 50%, in den vierziger Jahren 31%, in den Fünfzigern 12% und in den Sechzigern nur noch 5%. Der letzte Ausschussbericht, der sich mit dem Thema Verfassungskontrolle befasste, bei dem man keine auswärtigen Experten hinzuzog, wurde 1961 herausgegeben.[18] Zurzeit beruft man Verfassungsrechtsexperten bei allen Angelegenheiten ein, die eine Verfassungskontrolle beinhalten. In einem kleinen Land ist dabei die Anzahl an Experten nicht sehr groß, was den hohen Grad der Auftragskonzentration erklärt. In der Zeit von 1920 bis 1970 waren die drei bei weitem am häufigsten hinzugezogenen Experten Professoren für öffentliches Recht an der Universität Helsinki.[19] Diese Dominanz der akademischen Verfassungsjuristen hat sich fortgesetzt. In den Achtzigern und Neunzigern des 20. Jahrhunderts hatten die Verfassungsrechtsprofessoren der Universitäten von Helsinki, Turku und Rovaniemi[20] eine besonders starke Stellung; in den Neunzigern verfasste jeder von ihnen im Durchschnitt in etwa 25 Gutachten pro Jahr für den Ausschuss.[21] Jedoch hat sich in den letzten zwanzig Jahren die Zahl der Experten erweitert und der Ausschuss versuchte bei seiner Expertenauswahl, mehr Gewicht auf die erhebliche Sachkunde als auf den akademischen Status zu legen. Dennoch ragen vier oder fünf Experten, allesamt Universitätsprofessoren für öffentliches Recht, als besonders angesehen und am häufigsten hinzugezogen heraus.[22] In den letzten Jahren sind selbst Professoren aus anderen Rechtsgebieten als dem Verfassungsrecht hinzugezogen worden; dies kann man als Zeichen einer allgemeinen Konstitutionalisierung der Rechtsordnung sehen.
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Der Ausschuss entscheidet von Angelegenheit zu Angelegenheit, welche Experten hinzugezogen werden. Üblicherweise hält sich der Ausschuss an den Vorschlag des Sekretärs, doch können auch Mitglieder selbst Kandidaten vorschlagen. In der Regel werden alle Experten, die von irgendeinem Mitglied vorgeschlagen worden sind, berufen. Allerdings verlangt man, wie der derzeitige Präsident des Ausschusses bemerkt hat, manchmal Gründe für die Einladung einer vorgeschlagenen Person. Dies kann zur Rücknahme des Vorschlags führen. Nur sehr selten stimmt der Ausschuss über die Experten ab.[23]