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Berlin, Weißensee

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Johannes Habrecht blickte, den Rasierer in der Hand, aus dem Badezimmerfenster seiner Wohnung in der Indira-Gandhi-Straße an der Grenze der Stadtteile Weißensee und Alt-Hohenschönhausen. Jetzt, wo die Bäume unbelaubt waren, konnte er direkt auf den gegenüberliegenden Auferstehungs-Friedhof schauen. Der Tag versprach, zwar frostig, aber schön zu werden. Habrecht beschloss, die rund sieben Kilometer zur chinesischen Botschaft mit dem Fahrrad zu fahren. Straßen und Radwege waren seit einigen Tagen schneefrei und gestreut, und beim Fahrradfahren konnte er am besten nachdenken.

Seine Frau saß bereits am Frühstückstisch. Wie jeden Morgen trank er zwei Tassen Kaffee mit Milch und Zucker, dazu gab es ein perfekt weichgekochtes Frühstücksei. Es folgten ein Brötchen mit Aufschnitt und eine Schale Müsli mit Kleie – für die Verdauung. Er konnte sich heute Zeit lassen, er musste erst um 10.30 Uhr an der Botschaft sein.

Bei Tisch erfuhr er von seiner Frau, dass heute überraschend Katharina, die jüngste ihrer drei Töchter, zum Abendessen kommen würde. Während die älteste nach einem abgebrochenen Theologiestudium auf Psychologie umgesattelt hatte und nun in einem Heim für suchtanfällige Jugendliche bei Basel arbeitete und die mittlere, das Sorgenkind, momentan in einem Aschram im südindischen Coimbatore nach sich selbst suchte, war die jüngste, Katharina, in seine naturwissenschaftlichen Fußstapfen getreten und studierte Chemie in Heidelberg. Waren dort schon Semesterferien? Er hatte sie jedenfalls seit Weihnachten nicht mehr gesehen und freute sich sehr auf die Wiederbegegnung.

Nachdem ihm Magda noch die obligatorische Wurststulle für zwischendurch geschmiert hatte und sie sich den gleichfalls obligatorischen, mehr formellen als zärtlichen Abschiedskuss gegeben hatten, setzte er sich seine russische Uschanka-Pelzmütze auf, schlüpfte in Jacke und Handschuhe, stieg die vier Stockwerke nach unten und schwang sich aufs Fahrrad. In eher gemächlichem Tempo fuhr er den Radweg an der Indira-Gandhi-Straße Richtung Süden, passierte den jüdischen Friedhof Weißensee rechts und die Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei links und dachte über die vor ihm liegenden Herausforderungen nach.

Auch wenn der Himmel über Berlin heute strahlend blau war, so zogen weit im Osten doch düstere Wolken auf. Ganz in der Tradition von Papa und Großpapa hatte der junge nordkoreanische Diktator Kim Jong Un den starken Mann markiert, mächtig auf den Tisch gehauen und dabei viel wertvolles Porzellan zerschlagen. Habrecht erinnerte das an einen gekränkten Jungen, der sich von seinen Eltern vernachlässigt fühlt und daher irgendetwas Schlimmes anstellt, um die in seinen Augen eigentlich schuldigen Eltern zu bestrafen und ihnen die Augen zu öffnen. Und der junge Kim hatte allen Grund, sich vor seinem Volk und der Welt zu beweisen und durch eine außenpolitische Provokation von der inneren Misere im Land abzulenken.

Also hatte Kim neue Atomwaffentests durchgeführt, den Waffenstillstandsvertrag gekündigt, der 1953 den drei Jahre zuvor vom Norden begonnenen Koreakrieg beendet hatte, den Atomreaktor Yongbyon wieder hochgefahren, die der wirtschaftlichen Annäherung dienende Sonderwirtschaftszone Kaesong zeitweise geschlossen und gleich noch nicht nur mit Bomben, sondern mit der Bombe gedroht. Ein atomarer Angriff auf die Vereinigten Staaten sei „endgültig genehmigt“ worden, hieß es vonseiten der Volksarmee. Und Seoul würde sich ohnehin „in ein Flammenmeer verwandeln“.

Habrecht bog nach rechts in die Hohenschönhauser Straße ab, fuhr am Volkspark Prenzlauer Berg vorbei und erreichte über die Oderbruchstraße die Landsberger Allee. Rechts und links der sechsspurigen Durchgangsstraße mit Radweg kahle Bäume und etwas heruntergekommene Plattenbauten, in denen zu leben einst, als die Straße noch Leninallee hieß, ein großes Privileg gewesen war.

Habrecht wusste mittlerweile, dass mit einem Erstschlag zu drohen im Grunde nur die nordkoreanische Art war zu sagen: „Kommt, Jungs, lasst uns mal miteinander reden.“ Es gibt Menschen, die Probleme haben, den ersten Schritt zu tun, wenn sie auf andere zugehen wollen, und daher zunächst aggressiv auftreten. Und dass Staaten in ihrem Agieren oft die gleichen irrationalen Verhaltenszüge an den Tag legen wie kleine Kinder, darüber machte sich Habrecht längst keine Illusionen mehr. Trotzdem war er sich auch im Klaren, wie viel nüchternes Kalkül hinter dem riskanten Drohgebaren steckte – das bei aller marktschreierischer Rhetorik stets ernst genommen werden wollte. Also folgte die unweigerliche Eskalationsspirale, und die Welt schaute gebannt zu, wie weit an den Rand des Abgrunds sich die Seiten wohl diesmal wagen würden. Und vom Blick in den Abgrund war der Schritt in den Abgrund niemals weit. Die lächerliche Farce konnte sich unversehens doch in eine furchtbare Tragödie wandeln.

Wenn man nachts in Berlin an der U-Bahn von irgendeinem Durchgeknallten mit dem Messer bedroht wird, weil man ihn angeblich angerempelt oder ihn einfach nur falsch angeschaut hat, tut man meist recht, nicht in Kohlhaas-Manier die Stellung zu halten, sondern man wiegelt ab, entschuldigt sich womöglich, tritt zur Seite. Genauso wenig hatten die USA oder Südkorea Lust, sich aus irgendeinem uneinsichtigen Grund vom Babydiktator im Norden mit Bomben bewerfen zu lassen. Also begütigt man, macht Angebote, schlägt Gespräche vor. So, wie jetzt wieder. Und wenn die Angebote verlockend genug geworden sind, wechselt das Rumpelstilzchen in Pjöngjang von wütend auf schmollend und freut sich, sein „Recht“ durchgesetzt zu haben. Nun sei aber die andere Seite in der Bringschuld. 1994, als die Welt wieder einmal kurz vor einem neuen Koreakrieg stand, hatte das Ganze für Papa Kim Jong Il schon mal funktioniert und sich für den Norden im Nachhinein als recht lukrativ erwiesen. Warum sollte dieser Coup nicht noch einmal klappen? Mit nur wenig bösem Willen könnte man die Sache schlicht „Erpressung“ nennen.

Um dergleichen ging es also mal wieder, morgen bei dem Treffen in der Borsig-Villa draußen in Tegel. Das war Diplomatie. Hier kannte sich Habrecht aus. Ein Treffen zur Vorbereitung eines Treffens in Pjöngjang, das wiederum die Wiederaufnahme der Treffen im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche einleiten sollte – jener der gegenseitigen Annäherung dienenden Konsultationen über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm, die seit 2003 zwischen den beiden Koreas, China, Japan sowie Russland und den USA geführt worden waren, bis Nordkorea sie 2009 abgebrochen hatte.

Er passierte die rotbraunen Backsteinmauern und schweigenden Tannen des altehrwürdigen Georgen-Parochial-Friedhofs von Friedrichshain. Hier befand sich das Familiengrab der Habrechts, in dem auch Johannes eines Tages seine letzte Ruhe finden würde.

Aber noch gab es viel zu tun. Zum Beispiel heute. In letzter Minute waren, wie er gestern spätabends von Korff erfahren hatte, aufseiten der nordkoreanischen Delegation noch allerlei Irritationen entstanden, die ausgeräumt werden mussten, sonst drohte der morgige Termin zu platzen und damit die ganze Kette möglicher Kontakte schon zu Beginn abzureißen. Da war Habrecht gefragt, der Spezialist für die delikaten Fälle. Deshalb das heute noch schnell eingeschobene Treffen in der chinesischen Botschaft zur Vorbereitung der Gespräche morgen, die dann ihrerseits vorbereitend zur weiteren Sondierung ... und so weiter. Den Nordkoreanern passte etwas am Protokoll für die in der Borsig-Villa geplanten Unterredungen nicht und China hatte sich als sozusagen „neutraler“ Vermittler erboten, diese Irritationen bei einem Treffen am Rande der heutigen Konferenz zum Thema der ostasiatischen Wirtschaftsbeziehungen in seiner Botschaft auszuräumen. So verwickelt wurde es also schon im ersten Vorfeld, wenn die Hälfte der Partner für die anzustrebenden Sechs-Parteien-Gespräche (Russland, Japan, Südkorea) noch gar nicht beteiligt war. Weiter verkompliziert wurde die Sache dadurch, dass „offiziell“ auch China und die USA nichts mit den Borsig-Gesprächen zu tun hatten: Blieb also nur ein seltsames nordkoreanisches Selbstgespräch in Deutschland.

Offiziell war die nordkoreanische Delegation heute lediglich bei der Konferenz über „Chancen und Risiken grenzüberschreitender Wirtschaftsbeziehungen in Ostasien“ in der chinesischen Botschaft zu Gast. Morgen besuchte sie dann die Tagung „East meets West“ in der Akademie Auswärtiger Dienst, in deren Zusammenhang auch deutschnordkoreanische Gespräche über ein Kulturaustauschprogramm stattfinden sollten, die auf eine Wiedereröffnung des 2009 geschlossenen Goethe-Informationszentrums in Pjöngjang abzielten. Die USA dagegen unterhielten nach wie vor keine diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea, mit dem sie offiziell noch im Kriegszustand waren, und somit fanden auch keine diplomatischen Treffen statt – es sei denn im abgesteckten Rahmen des multilateralen Sechs-Parteien-Dialogs. Die morgen im Anschluss an die „East meets West“-Gespräche geplante Begegnung zwischen hochrangigen ehemaligen US-Diplomaten und der nordkoreanischen Delegation in der neben den Gebäuden der Akademie Auswärtiger Dienst befindlichen Borsig-Villa hatte also eher privaten Charakter. Deutschland, als sozusagen siebte Partei, trat bei alledem nur als Vermittler in Erscheinung. Das war alles sehr verwickelt, aber das war Habrecht als altgedienter Fernost-Diplomat gewohnt. War er doch einerseits erfahren genug und andererseits seine Position hinreichend unbedeutend, um ihn zu einem idealen Akteur im Rahmen der sogenannten Track-II-Diplomatie zu machen: jener formal inoffiziellen Expertenkontakte zwischen verfeindeten Staaten, wenn das „erste Gleis“ der Gespräche auf Regierungsebene blockiert ist, wie zwischen den USA und Nordkorea der Fall. Immer wieder waren es da die Deutschen gewesen, die in diesem schwierigen Konflikt die Vermittlerrolle übernahmen. Anders als die USA hatten sie eine Botschaft in Pjöngjang. Und aufgrund ihrer einzigartigen Geschichte auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs verfügten sie über Kanäle, die anderen Ländern verschlossen waren. Die Deutschen hatten vierzig Jahre in einem geteilten Land gelebt – die Koreaner taten es heute noch. Nach der Wiedervereinigung war das politische Berlin in die Fußstapfen beider deutscher Staaten getreten und hatte bis zu einem gewissen Grad auch deren jeweils spezielle Beziehungen zu dem einen oder dem anderen Korea übernommen. Und so war Deutschland (und für Deutschland Dr. Johann Habrecht) als Vermittler geradezu prädestiniert, wenn es Irritationen auszuräumen galt.

Irritationen. Der ganze Prozess der Konfliktvermittlung in Ostasien war von Irritationen begleitet. China im Konflikt mit Japan. Taiwan im Konflikt mit China. Chinas belastete Beziehung zu Nordkorea als „großer Bruder“ und letzter Verbündeter, der aber die Eskapaden des kleinen Bengels mit zunehmendem Unwillen verfolgte. Die problematischen Beziehungen Japans zu beiden Koreas. Die verfahrene Situation der Koreas untereinander. Die Rolle der USA als Schutzmacht Japans, Taiwans und Südkoreas, die aber immer mehr an Boden verlor, während China und Russland ihren Einfluss ausweiteten.

Die Koreafrage stand gleichsam im Brennpunkt all dieser fernöstlichen Konflikte, und Habrecht wusste, dass sich daran so schnell nichts ändern würde. Denn so sehr sich die Lust auf einen echten militärischen Konflikt auf allen Seiten in Grenzen hielt – die Betonköpfe, die es überall gab, einmal ausgenommen –, war doch an einer echten Lösung ebenso kaum einem gelegen. China, das seine Einflusszone nicht verlieren wollte, konnte an einer Wiedervereinigung wenig Interesse haben, den unwahrscheinlichen Fall vielleicht ausgenommen, dass diese unter „kommunistischen“ Vorzeichen geschah. Japan hätte ein wiedererstarktes vereintes Korea nur zu fürchten. Südkorea, nach siebzig Jahren der getrennten Wege plötzlich von Millionen hungernder, fremd gewordener Brüder aus dem Norden überrannt, stünde vor Belastungen, denen gegenüber die Billionenkosten der deutschen Wiedervereinigung Peanuts wären – das Wirtschaftsgefälle zwischen den Koreas war jetzt viermal größer als damals zwischen den Deutschlands. Im Fall eines Zusammenbruchs des Kim-Regimes würde die vom Süden zum Norden hin errichtete Mauer das Land nicht mehr vor Panzern schützen müssen, sondern vor anbrandenden Flüchtlingswellen. Und der Norden selbst? Auch wenn das Volk hungerte, lag doch die Macht in den Händen einer korrupten Nomenklatura, die im Luxus schwelgte – sollte sie ihre Privilegien durch eine Reise ins Ungewisse gefährden? Schon jedes bisschen Öffnung des Landes musste zudem enthüllen, wie sehr das Regime sein Volk über Jahrzehnte belogen hatte, und das könnte rasch sein Todesurteil sein.

Dennoch, so monolithisch die nordkoreanische Staatsführung auf den ersten Blick wirken mochte, Habrecht wusste, dass es spätestens seit der Machtübernahme des jungen Kim mächtig im Gebälk knirschte. Hinter den Kulissen tobte ein mit harten Bandagen geführter Machtkampf, der Ende 2013 aller Welt offenbar geworden war, als Kim sogar seinen mächtigen Mentor, den eigenen Onkel Jang Song Thaek, hatte hinrichten lassen. Wohin wollte der unberechenbare junge Diktator? Und: Wer würde sich letztlich durchsetzen können?

Fragen, über die Johannes Habrecht nur spekulieren konnte. Wichtig war, dass sich diese Risse und Brüche von oben nach unten durch das gesamte Machtgebäude des Landes zogen und dass die damit verbundenen Unwägbarkeiten die Verantwortungsträger aller Etagen einerseits hektisch und zappelig machten, sie andererseits aber geradezu lähmten. Offenbar hatte niemand einen Plan, wohin die Reise gehen sollte, und so hatte jeder höchst berechtigte Angst vor jedem, wollte sich nicht zu weit vorwagen. Ein ganzes Land war dabei, in einen spannungsgeladenen Stillstand zu verfallen. Die Ruhe vor dem Sturm?

Am Platz der Vereinten Nationen bog Habrecht nach links in die Lichtenberger Straße ab. Jetzt war es nicht mehr weit.

Das alles waren schwierige Voraussetzungen für die heutigen Vermittlungsgespräche. Da musste Habrecht ran. Eigentlich hätte statt seiner Diethard Schischkoff, MdB, von der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe teilnehmen sollen, aber dem waren, wie Habrecht spätabends von Walter Korff erfahren hatte, andere Verpflichtungen dazwischengekommen. Zum Mittagessen, zu dem die deutsche Seite ins direkt neben der chinesischen Botschaft gelegene China-Restaurant „Ming Dynastie“ geladen hatte, wollte Schischkoff dann aber, zusammen mit Korff, erscheinen. Typisch, dachte sich Habrecht. Ich muss die Kastanien aus dem Feuer holen – sie kommen zum Essen. Hoffentlich würde er sich dann wenigstens absetzen können. Er war kein großer Freund von chinesischem Essen. Auch wenn er die Köstlichkeiten der „Ming Dynastie“ – wie Schweineohrensülze mit Chiliöl, eingelegte Hühnerfüße oder Quallensalat mit acht Kostbarkeiten – nicht wirklich verschmähte und als in allen Bereichen erfahrener Diplomat ohnehin stets verschlang, was immer man ihm auf den Teller legte, war ihm ein anständiges Eisbein oder eine Leber mit Kartoffelpüree lieber als dieses quabbelige chinesische Zeug, das nach nichts schmeckte. Gut, am Eisbein gab es auch Quabbeliges. Aber das schmeckte wenigstens.

Korff hatte nichts davon gesagt, dass Habrecht beim Essen dabei sein musste, oder? Nein. Korff hatte sich überhaupt kurz gefasst, wie es seine Art war. Habrecht schüttelte es jedes Mal innerlich, wenn er an Walter Korff dachte. Kaum einer seiner diplomatischen Kollegen aller Länder war ihm so unsympathisch wie sein umtriebiger Landsmann, der seit langen Jahren sein Leben damit verbrachte, zwischen Pjöngjang und Berlin zu pendeln. Und das offenbar in mehrfacher Beziehung. Dieser windige Pseudodiplomat, der überall seine Finger drin hatte. Habrecht wusste natürlich, dass Korff eine wichtige Arbeit leistete und, Immunität hin oder her, bei seinen Missionen oft Kopf und Kragen riskierte, trotzdem mochte es Habrecht lieber aufrecht, offen und ehrlich. Diplomatie war Diplomatie, und Geheimdienst war Geheimdienst, und wenn man beides vermischte, konnte nichts Gutes herauskommen. Korff und seine zwielichtigen Kontakte; Korff und sein Agieren jenseits der Ränder der Legalität. Wer sich so eng mit Schurkenstaaten einließ wie Korff, stand in Gefahr, selbst zum Schurken zu werden. Habrecht war sich im Klaren, dass er Korff mit dem, was er über seine Aktivitäten wusste, gehörig in Schwierigkeit bringen könnte. Natürlich würde Habrecht schweigen. Petzen war seine Sache nicht, und Diskretion ist die erste Pflicht eines guten Diplomaten.

Gut, die Diskrepanzen zwischen Habrecht und Korff hatten eine lange Geschichte. Habrecht verachtete Korff, seit er Mitte der Achtziger von dem jungen, ehrgeizigen Stasimann verhört worden war, bevor der seine Laufbahn in Moskau und anderen Bruderländern fortgesetzt hatte. Wäre es damals nach Korff gegangen, hätte Habrechts Karriere eine andere, unschöne Bahn genommen. Dumm nur, dass sie später in der gleichen Behörde wieder aufeinandergetroffen waren. Natürlich hatte Korff wiederum Habrecht nicht verziehen, dass Habrecht eine ständige mahnende Erinnerung an eine Zeit darstellte, an die Korff nicht erinnert werden wollte – das heißt, er wollte vor allem jedenfalls nicht, dass die Welt an den Korff jener Zeit erinnert wurde. Was Habrecht verstehen konnte. Dennoch machte es Korff nicht sympathischer.

Er hatte das Spreeufer erreicht und steuerte das kalt in der Sonne liegende Gebäude der Botschaft an, als sein Handy klingelte. Er stieg vom Rad. Korffs Nummer. Schon wieder. Seufzend hob er ab. „Ja ... ja, sicher ... bin fast da. Wie bitte? Natürlich. Ja. Natürlich bleibe ich zum Mittagessen!“ Seufzend stieg er wieder auf. Quallensalat.

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