Читать книгу Korea Inc. - Karl Pilny - Страница 23
Berlin, Treptow
ОглавлениеHartmut Seitz schenkte sich Kaffee nach, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, massierte sich die Schläfen. Und überlegte. Viel hatte die Befragung des Mädchens nicht erbracht. Es konnte nicht einmal zweifelsfrei geklärt werden, ob es sich bei der „Gestalt“ nicht auch um eine Teufelin gehandelt haben könnte. Die enorme Distanz, die beim Granatenwurf überwunden worden war, ließ eher auf einen durchtrainierten Mann schließen, doch gab es auch athletische Frauen, die so weit werfen konnten. Blieben als einziger weiterer Anhaltspunkt die Schlitzaugen. Bei einem Attentat auf die chinesische Botschaft waren schlitzäugige Attentäter zwar wenig verwunderlich, aber es war immerhin eine Spur. Allerdings kamen immer noch alle möglichen schlitzäugigen Nationalitäten, Ethnien, Menschen in Frage.
Auch die Befragung der zufälligen Augenzeugen im Umkreis der Jannowitzbrücke war wenig ergiebig geblieben. Einigen war das riskante Drehmanöver mitten auf der Spree aufgefallen, manche meinten auch, flüchtig eine dunkle Gestalt auf dem Sonnendeck wahrgenommen zu haben, aber dann hatte die Explosion alle Blicke auf sich gezogen. Am interessantesten war vielleicht noch die Aussage eines Obdachlosen, der auf einem Matratzenlager unter der Jannowitzbrücke hauste. Der (allerdings reichlich alkoholisierte) Mann wollte gesehen haben, wie „ne Jestalt mit em Buckel“ etwas von Bord geworfen habe, sie sei dann aber „plötzlich wech jewesen“. Aufgefbrdert, die Gestalt näher zu beschreiben, war auch aus diesem Mann nicht mehr rauszubekommen gewesen als: „Na, mit’m Buckel halt. Am Rücken.“ Ja, wo auch sonst? Was immerhin darauf hinweisen könnte, dass die Gestalt, die vermutlich unter ihrer schwarzen Kleidung einen Neoprenanzug getragen hatte, um im kalten Spreewasser schwimmen zu können, auch mit einer Sauerstoffflasche ausgestattet gewesen war. Dann war sie wohl irgendwo fernab unbemerkt ans Ufer gegangen.
Schlitzaugen ... Hartmut Seitz hatte wenig Erfahrung mit Ostasiaten. Schließlich war das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum vornehmlich zur Bekämpfung des islamistischen Terrors eingerichtet worden. Wenn es stattdessen um irgendwelche Streitigkeiten zwischen Chinesen, Japanern und so weiter ging, war er nicht zuständig. Vielleicht würde er die Angelegenheit bald schon vom Hals haben.