Читать книгу Korea Inc. - Karl Pilny - Страница 36
Berlin, Chausseestraße
ОглавлениеFels hatte den Engländer im Befragungsraum etwa zehn Minuten lang durch eine nur von dieser Seite her durchsichtige und schalldurchlässige Scheibe beobachtet, ohne dass ihm etwas Besonderes aufgefallen war, und wollte nun endlich zu ihm hinübergehen, da trat Walter Korff durch die Tür. „Entschuldigen Sie die Verspätung, aber ich hatte ein wichtiges Treffen mit einem meiner Spezialfreunde.“ Korff und seine Spezialfreunde. Alles war bei ihm immer speziell.
„Und?“ – „Es gibt, wie bereits vermutet, Grund zur Annahme, dass es beim Borsig-Treffen heute Abend erneut zu einem Zwischenfall kommen könnte. Ich habe bereits unsere Freunde vom BKA kontaktiert, damit sie entsprechende Vorkehrungen treffen. Und noch was: Dieser tattrige alte Koreaner Pak Song Rim, offizieller Delegationsleiter der Nordkoreaner, ist uns durch die Lappen gegangen. Er hat sich noch gestern Abend in die Schweiz abgesetzt, während der BND vor dem Haus in der Inselstraße gewartet hat, dass diese Jungs rauskamen. Wahrscheinlich hat sich die ganze Bagage durch die Hintertür und mit dem Boot über die Klare Lanke davongemacht – da haben Ihre Leute wohl versagt. Immerhin haben wir ja unseren verdächtigen Engländer.“ Korff wandte sich der Scheibe zu. „Ah, das ist er also?“
„Ja und nein. Engländer ist er, ja, und nicht unverdächtig. Trotzdem glaube ich eher nicht, dass er der ist, den wir suchen. Unsere Männer vor Ort haben angegeben, dass er wie ein normaler Tourist vorbeigeschlendert ist. Sonst hätten sie ihn auch nicht weggescheucht.“
„Dann hat er sich dort noch ein, zwei Stunden lang mit einer Frau ostasiatischen Aussehens herumgetrieben – nachdem er erst am Vormittag um die nordkoreanische Botschaft geschlichen ist. Und das soll ihn nicht verdächtig machen?“
„Er hat sich nicht herumgetrieben, sondern das ehemalige Wohnhaus seiner Großmutter besichtigt. Wir haben das überprüft. In dem Haus hat tatsächlich mal eine gewisse Sara Josephine Goldmann gewohnt, und sie ist wirklich die Großmutter eines Jeremy Gouldens. Was er über seine deutschen Wurzeln sagt, stimmt.“
„Na gut, wenn man das denn deutsche Wurzeln nennen mag“, gab Korff achselzuckend zurück. Fels runzelte die Stirn, überging die Bemerkung aber. Irgendwas war dort drüben mit der Entnazifizierung offenkundig schiefgelaufen. „Und sein Handy?“, fragte Korff weiter.
„Gestern hat er mit seinem koreanischen Filmagenten telefoniert und einmal seine Frau in London angerufen. Und ständig eine andere Nummer gewählt, die wir nicht identifizieren konnten. Ortung Fehlanzeige, das Handy ist abgeschaltet.“
„Die mysteriöse Ostasiatin.“
„Vermutlich. Er war mit ihr zusammen auf der Insel, das steht fest. Unsere Leute haben beide bei ihrer Inselpatrouille gesehen, als er das Taxi gerufen hat, und daraufhin entschieden, das Taxi zu stoppen. Merkwürdig nur, dass niemand die Frau gesehen hat, als sie auf die Insel gekommen ist oder sie verlassen hat. Aber vielleicht haben wir es ja wirklich nur mit einer Kette seltsamer Zufälle zu tun. Schließlich stimmt es auch, dass Gouldens an einem Film über Japan und China arbeitet und deshalb die Berlinale besucht hat. Er ist Ostasienkenner und verfügt über gute Kontakte in den Raum. Er hat vor ein paar Jahren eine wichtige Rolle bei der Beendung der Geiselnahme in Shanghai gespielt und ist dafür bekannt, in Wespennestern herumzustochern. Außerdem ist er Geschäftsführer einer Stiftung zur Förderung der Versöhnung zwischen Japan, Korea und China. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir hier einen abgezockten Kriminellen vor uns haben.“
„Sie wissen, dass ich auf sentimentale Bauchgefühl-Sachen nicht viel gebe. Aber ich sehe, worauf Sie hinauswollen.“
„Genau. Da drüben sitzt ein Mann, der uns vielleicht hilfreich sein kann. Möglich, dass er auf irgendeine Weise an dieser Sache beteiligt ist, als Schuldiger, als Unschuldiger oder irgendwo in der breiten Grauzone dazwischen, die wir nur zu gut kennen. Dass er unser ominöser Kofferträger ist, glaube ich nicht; schließlich hat er das Haus gar nicht betreten. Wir sollten herausfinden, was er weiß, und uns seiner Mitarbeit versichern. Er hat angegeben, dass er zu einem Korea-Roman recherchiert. Können wir ihn nicht zu einem Rechercheur in eigener Sache machen? Natürlich geht es nicht ganz ohne Offenheit. Wenn wir etwas von ihm wissen wollen, müssen wir bereit sein, ihm den einen oder anderen vertraulichen Brocken hinzuschmeißen, und ihn dazu bringen, dass er anbeißt. Was halten Sie davon?“
Wieder zuckte Korff die Achseln. „In Vertraulichkeit bin ich ganz gut. Lassen Sie mich machen. Sobald ich Ihnen ein Zeichen gebe, verlassen Sie den Raum und verfolgen die Sache von hier aus.“
„Gut, gehen wir hinein.“